Transgene Fruktan-Kartoffel – Verändert sich die Anfälligkeit gegenüber Kartoffelviren?

(2001 – 2004) Universität Hannover, Institut für Pflanzenkrankheiten und Pflanzenschutz

Thema

Es soll untersucht werden, ob Fruktan-Kartoffeln sich in ihrer Anfälligkeit gegenüber wichtigen Kartoffelviren von konventionellen nicht gentechnisch veränderten Kartoffellinien unterscheiden.

Pflanzen werden natürlicherweise oft von mehreren Viren gleichzeitig infiziert. In Laboruntersuchungen konnten dabei Rekombinationsereignisse, d.h. ein Austausch von Erbmaterial der Viren untereinander, nachgewiesen werden. Diese Rekombinationen können zur Bildung neuer Viren führen. Auch wenn diese Ereignisse als selten eingestuft werden und bis heute nur ansatzweise geklärt sind, spielen sie in den Hypothesen zur Virusevolution eine zentrale Rolle.

Ziel des Forschungsprojektes ist es,

  • das natürliche Aufkommen von Kartoffelviren, deren Populationsdynamik und genetische Verwandtschaft in gentechnisch veränderten und konventionellen Kartoffellinien zu erfassen
  • mögliche Rekombinationsereignisse in den Viruspopulationen zu analysieren und deren Auswirkungen zu bewerten.

Zusammenfassung

Bei den Ermittlungen der Virusvorkommen in den verschiedenen Freisetzungsjahren wurde immer das Kartoffelvirus Potato virus Y (PVY) am häufigsten festgestellt, welches in zwei natürlichen Stämmen vorkommt: PVY und PVY. Anschließende Untersuchungen mit molekularen Methoden ergaben, dass die meisten Proben den PVY-Stamm enthielten, selten lagen Doppelinfektionen mit beiden Stämmen vor.

Die transgenen Fruktan-Kartoffeln weisen den durchgeführten Untersuchungen zufolge im Vergleich zu konventionellen Sorten keinen höheren Befall mit dem Kartoffelvirus PVY auf. Für den Anbau lässt sich demnach kein höheres Risiko erwarten.

Die Sequenzdaten von verschiedenen PVY Proben wurden einem Vergleich mit bekannten Sequenzen aus der Datenbank „GenBank“ unterzogen. Dabei konnten bis jetzt weder bei Proben von transgenen Kartoffeln, noch von nicht-transgenen Versuchsvarianten Rekombinationen festgestellt werden.

Versuchsbeschreibung

Die vorgesehenen Untersuchungen umfassen Erhebungen an Freisetzungspflanzen sowie Labor- und Gewächshausexperimente.

Analyse von natürlich vorkommenden Kartoffelviruspopulationen

Vorrangig sollten die Kartoffelviren Potato virus Y (PVY), Potato leaf roll virus (PLRV), Potato virus M (PVM) und das Potato virus X (PVX) in die Untersuchungen einbezogen werden. Ihr natürliches Auftreten ist am Standort der Freisetzung (Dahnsdorf) bekannt. Die Datenerhebungen zum Virusbefall am Freisetzungsstandort sollten in Beziehung gesetzt werden zum Datenmaterial aus konventionellen Kartoffelbeständen. Hier lagen bereits umfangreiche Informationen aus den amtlichen Prüfungen in Kartoffel-Vermehrungsbeständen der letzten Jahre vor. Die Erhebungen wurden auf der Basis von visuellen Bonituren (Phänotyp-Bewertungen) vorgenommen. In Stichproben (Blattmaterial und Knollen) wurde der Virusbesatz mittels ELISA festgestellt.

Erfassung der Rekombinationsereignisse in nicht-transgenen und transgenen Pflanzen (Laborversuche)

Zur Feststellung des Umfangs an potenziellen Rekombinationsereignissen des PVY in transgenen und nicht-transgenen Kartoffellinien unter natürlichen Freilandbedingungen, wurden infizierte Pflanzen, die aus Knollen der Freisetzung stammten, im Labor untersucht.

Durch molekularbiologische Analysen, z.B. Sequenzvergleiche können die Virusisolate charakterisiert und rekombinante Viren identifiziert werden.

Feststellung der Fitness veränderter Viren (Laborversuche)

Es sind keine veränderten Viren aufgetreten. Ansonsten hätte eine Überprüfung stattgefunden, ob sie sich in ihrer Fitness von Ausgangsstämmen unterscheiden. Dabei wären in Einzel- und Mischinfektionen die Vermehrungsrate, d.h. das „Durchsetzungsvermögen“ der einzelnen Stämme erfasst worden.

Ergebnisse

Analyse von natürlich vorkommenden Kartoffelviruspopulationen

In allen bis jetzt untersuchten Freisetzungen wurde festgestellt, dass PVY das am häufigsten vorgefundene Virus darstellte. Es nahm somit eine zentrale Rolle in den Untersuchungen ein.

Virusinfizierte Pflanze im Bestand

links eine gesunde Pflanze, rechts eine PVY-infizierte Pflanze

Von 1200 untersuchten Kartoffelknollen transgener und nicht-transgener Pflanzen aus dem Freiland der Freisetzung 2001 wies durchschnittlich jede zweite eine Virusinfektion auf. In über 90 Prozent handelte es sich um eine Infektion mit dem Potato virus Y (PVY), welches einzeln oder in Mischinfektion mit anderen Viren auftrat. Die übrigen getesteten Viren wurden wesentlich seltener vorgefunden.

Bei keiner Probe wurde das Potato Virus A (PVA) nachgewiesen.

Bei den Untersuchungen der Knollen aus der Freisetzung 2002 wurde ausschließlich PVY beobachtet. Aus dem Freiland der Freisetzung 2003 konnten wieder im vollen Umfang 1200 Kartoffelknollen von transgenen und nicht-transgenen Pflanzen untersucht werden. Eine durchschnittliche Virusinfektion von ca. 37 Prozent wurde ermittelt. Von allen Knollen waren bis auf vier (eine zeigte eine PVM Einzelinfektion, drei eine PVS Einzelinfektion) mit dem PVY infiziert.

Erfassung der Rekombinationsereignisse in nicht-transgenen und transgenen Pflanzen

Bisher wurden mögliche Rekombinationsereignisse anhand des Hüll-Protein-Gens verschiedener PVY-Stämme untersucht. Aus Blattproben und geernteten Knollen der verschiedenen Freisetzungsversuche wurde die RNA des PVY isoliert. Die Sequenz für das Hüllprotein-Gen des Virus wurde vermehrt und anhand von molekularbiologischen Analysen konnten die verschiedenen Isolate bekannten PVY-Stämmen zugeordnet werden.

Von den bis jetzt untersuchten Proben konnten ca.70 Prozent eindeutig dem PVY- und ca. 22 Prozent dem PVY-Stamm zugeordnet werden. Knapp zwei Prozent der untersuchten Proben wiesen eine Doppelinfektion mit PVY und PVYauf. Bei gut sechs Prozent der Proben stimmten die Fragmentmuster nicht exakt mit denen von PVY und PVY überein, so dass diese zur Zeit noch weiter untersucht werden.

Die Sequenzdaten von verschiedenen PVY-Stämmen dieser Blattproben wurden einem Vergleich mit bekannten Sequenzen aus der Datenbank „GenBank“ unterzogen. Dabei konnten bis jetzt weder bei Proben aus transgenen Kartoffeln, noch von nicht-transgenen Versuchsvarianten Rekombinationen festgestellt werden.

Feststellung der Fitness veränderter Viren

Aus Proben der Freisetzungen konnten bis jetzt noch keine veränderten Viren festgestellt werden.

Bei einem Laborexperiment wurde in einem infektiösen Potato virus X (PVX)-Klon die Sequenz für das eigene Hüllproteingen mit der entsprechenden Sequenz des Potato virus M (PVM) ausgetauscht. Das Konstrukt wurde mehrfach auf seine Infektiösität hin überprüft. In keinem der Versuche konnten Infektionen erzielt werden. Eine Änderung des eigenen Hüllproteins führt demnach offenbar beim Potato virus X (PVX) zum Verlust seiner Infektiösität.