Bodenentgiftung mittels gentechnisch veränderter Pappeln

(2001 – 2006) Universität Freiburg, Institut für Forstbotanik und Baumphysiologie

Thema

Bäume könnten zur pflanzlichen (Phyto-) Sanierung von Böden eingesetzt werden, die mit Schwermetallen oder organischen Schadstoffen belastet sind. Transgene Pappeln mit erhöhter Glutathion-Konzentration haben in Gewächshaus-Untersuchungen ein großes Potenzial für die Aufnahme und Entgiftung von Schwermetallen und Pestiziden gezeigt. Sie nehmen in erhöhtem Maße Schwermetalle auf und deponieren sie in den Blättern.

Glutathion spielt beim Schutz der Pflanze gegen verschiedene Stress- und Umweltfaktoren eine zentrale Rolle. Es kann toxische Verbindungen über chemische Reaktionen „entgiften“. Das Ergebnis sind Verbindungen (Konjugate), die in den Vakuolen der Pflanzenzellen, dies sind von Membranen umschlossene Zellabschnitte, abgelagert werden.

Bevor diese Pflanzen jedoch zur Phytosanierung eingesetzt werden können, sind geeignete Pflanzentypen zu züchten und mögliche nachteilige Umweltauswirkungen zu überprüfen. Im vorliegenden Projekt wurden transgene Linien auf ihre Schwermetall-Aufnahmekapazität und Stabilität der Transgen-Expression untersucht.

In einem assoziierten Projekt der Universität Tübingen wurde untersucht, ob der erhöhte Glutathion-Gehalt einen Einfluss auf die Bodenmikroflora im Wurzelbereich hat und ob ein horizontaler Gentransfer auf assoziierte Mykorrhizapilze möglich ist.

Zusammenfassung

Über die gesamte Versuchszeit waren keine signifikanten Wachstums-Unterschiede zwischen Wildtyp und transgenen Pappeln festzustellen, auch wenn die Schwermetallbelastung das Wachstum der Pappeln generell reduzierte. Die transgenen Pappeln mit erhöhter Glutathion-Konzentration haben sich über drei Vegetationsperioden bei extrem unterschiedlichen Klimabedingungen und geringen bis sehr hohen Schwermetallbelastungen als stabil erwiesen. Sie zeigten bei der Phytosanierung nur auf den stark belasteten Flächen und im Jugendstadium gegenüber dem Wildtyp einen Vorteil.

Versuchsbeschreibung

Pappeln sind das bisher am besten charakterisierte Modell für die Untersuchung des „Glutathion-Ansatzes“ zur Phytosanierung.

Nachdem Gewächshausuntersuchungen Erfolg versprechende Ergebnisse zeigten - immerhin nahmen gentechnisch veränderte Pappeln innerhalb eines Monats bis zu 15 Prozent des eingesetzten Cadmiums auf - wurden Freilanduntersuchungen an Standorten mit unterschiedlicher Schwermetallbelastung in Deutschland und Russland durchgeführt.

In jedem Land wurden jeweils drei Versuchsflächen angelegt: Kontrollfläche (geringe Belastung), mittlere und hohe Belastung mit Schwermetall (Kupfer). Die Versuchsflächen befanden sich in oder in unmittelbarer Nachbarschaft zu stillgelegten Industrie-Anlagen mit starker Kupferkontamination. Die Größe der Versuchsparzellen betrug 50 mal 50 Meter.

Im Frühjahr 2002 wurde mit den Auspflanzungen begonnen. In Russland wurden die Auspflanzungen wie geplant durchgeführt, während in Deutschland wegen ungeklärter Eigentumsverhältnisse zunächst nur die Kontrollfläche bepflanzt wurde. Im Jahre 2003 wurde dann in Deutschland das Versuchsprogramm vervollständigt. Auf den Versuchsflächen wurden Wildtypen und transgene Pappeln (jeweils 72 Pflanzen) nach dem Zufallsprinzip ausgepflanzt. Durch diesen Versuchsaufbau konnten Wildtyp-Pappeln mit transgenen Pappeln bei unterschiedlicher Schwermetallbelastung unter verschiedenen klimatischen Bedingungen verglichen werden.

Das Transgen stammt aus dem Bakterium E.coli und codiert das Enzym γ-Glutamylcystein-Synthetase, das an der Bildung von Glutathion beteiligt ist. In transgenen Pappeln war der Glutathion-Gehalt in den Blättern unter Gewächshausbedingungen ungefähr doppelt so hoch wie im Wildtyp.

Folgende Fragestellungen wurden bearbeitet:

  • Gibt es Unterschiede im Wachstum transgener und Wildtyp-Pappeln?
  • Wie verändert sich der Glutathion-Gehalt der transgenen Pappeln im Laufe mehrerer Vegetationsperioden im Freiland? Ist die Expression des Transgens stabil? Unterscheidet sich die Stabilität in Pflanzen, die auf gering belasteten Kontrollflächen wachsen von der Stabilität in Pflanzen, die auf kontaminierten Flächen angebaut wurden?
  • Bleibt die erhöhte Schwermetall-Aufnahme, die unter Gewächshausbedingungen nachgewiesen werden konnte, im Freiland erhalten und ist sie über mehrere Vegetationsperioden stabil?

Im Zeitraum 2002-2005 wurden jeweils drei Probenahmen während der Vegetationsperiode durchgeführt. Um einen Wiedereintrag der Schwermetalle in den Boden zu vermeiden, wurden die Blätter nach dem Laubfall gesammelt und kontrolliert verbrannt. Am Ende des Freisetzungsversuchs wurde das Pflanzenmaterial unter kontrollierten Bedingungen in einer industriellen Verbrennungsanlage entsorgt.

Ergebnisse

Sicherheitsauflage. Im Herbst muss ein Netz über die Freisetzungsflächen gespannt werden, damit kein Laub verwehen kann.

Netze wurden über die Freisetzungsfläche gespannt, um eine Verbreitung der Schwermetalle über windverwehte Blätter zu verhindern

Erste Freisetzungen fanden im Frühjahr 2002 in Deutschland auf unbelasteten Kontrollflächen statt. Auch in Russland konnten erste Probeanpflanzungen vorgenommen werden. Weitere Freisetzungen zur Vervollständigung des Versuchsprogramms wurden in den Folgejahren vorgenommen.

Morphologische Untersuchungen

Auf allen Versuchsflächen wurden die oberirdischen Organe der Pappeln geerntet und vermessen. Im gesamten Versuchszeitraum über drei Vegetationsperioden war kein signifikanter Unterschied in der Biomasse der Blätter und Stämme zwischen Wildtyp und Transgen zu beobachten. Lediglich in der ersten Vegetationsperiode wurde auf den deutschen Versuchsflächen eine signifikant höhere Biomasse bei den Wildtypen gegenüber den transgenen Pflanzen beobachtet. Ansonsten konnten keine Unterschiede in Vitalität, Habitus und Morphologie zwischen transgenen und nicht-transgenen Pflanzen festgestellt werden. Auch die Widerstandsfähigkeit der gentechnisch veränderten Pflanzen gegenüber Krankheiten unterschied sich nicht von den Wildtyp-Pflanzen. Mit zunehmender Schwermetallbelastung wurde beim Wildtyp und bei den transgenen Pappeln in gleicher Weise eine leichte Reduktion der Biomassebildung beobachtet. Etwas überraschend ist der Befund, dass kein Unterschied im Wachstum der Pappeln zwischen Deutschland und Russland zu beobachten war. Die ausgewählte Pappelart und der aus dieser Art entwickelte Klon ist offensichtlich in der Lage, bei etwa gleichem Niederschlag, aber wesentlich niedrigeren Temperaturen, kürzerer Vegetationsperiode und geringerem Lichteinfall, in Russland eine ähnliche Wuchsleistung wie in Deutschland zu erzielen.

Stabilität des Transgens

Die transgenen Pappeln wurden molekulargenetisch auf die Anwesenheit des Transgens untersucht. In allen Fällen war die mRNA für das Transgen unverändert enthalten. Die transgenen Pappeln waren somit bei den extrem unterschiedlichen Klimabedingungen und geringen bis sehr hohen Schwermetallbelastungen über den gesamten Versuchszeitraum bezüglich der gentechnischen Veränderung stabil. Damit übereinstimmend wurden bei allen Probenahmen über die drei untersuchten Vegetationsperioden und bei allen Kontaminationsstufen in Deutschland wie auch in Russland in den Blättern der transgenen Pappeln höhere Glutathion-Konzentrationen gefunden.

Schwermetallaufnahme im Freilandversuch

Generell waren die Konzentrationen der Schwermetalle in den Blättern wesentlich höher als in den Sprossachsen/Stämmchen. Die Ergebnisse zeigten generell hohe Kupfer-Konzentrationen in den Pflanzen sowie zunächst auch ein erhöhtes Potenzial der transgenen Pappeln zur Phytosanierung. In den transgenen Pappeln war die Kupfer-Konzentration zunächst gegenüber dem Wildtyp verdoppelt. Dieser Unterschied war nur auf der hoch belasteten Fläche signifikant. Dies verdeutlicht, dass das Entgiftungssystem der transgenen Pappeln nur bei Bedarf aktiviert wird, d.h. wenn die Böden hoch belastet sind. Die Kupferkonzentration in den Blättern auf der Kontrollfläche in Deutschland war doppelt so hoch wie in Russland, was auf die wesentlich höheren Ausgangskonzentrationen des Bodens in Deutschland zurückzuführen ist. Auf der hoch belasteten Fläche in Russland waren die Kupfer-Konzentrationen in den Blättern um den Faktor 10 erhöht im Vergleich zur Kontrollfläche.