Bodenentgiftung mittels gentechnisch veränderter Pappeln – Auswirkungen auf Bodenpilze im Wurzelbereich?

(2001 – 2005) Universität Tübingen, Botanisches Institut, Lehrstuhl Physiologische Ökologie der Pflanzen

Thema

Mit Unterstützung gentechnisch veränderter Pappeln könnte es in Zukunft möglich sein, Böden mit erhöhten Schwermetallgehalten zu entgiften.

Die Sanierung von Flächen, die mit Schwermetallen belastet sind, stellt in Bergbaugegenden ein großes ökonomisches und ökologisches Problem dar. Ein wichtiger Ansatz ist die Bodenentgiftung durch Bäume, speziell Pappeln. Pappeln zeichnen sich durch ein schnelles Wachstum aus und sind im Gegensatz zu anderen Bäumen relativ widerstandsfähig gegenüber Schwermetallen. So können sie große Mengen an Schwermetallen in ihrem Spross einlagern. Diese Fähigkeit kann durch gentechnische Maßnahmen noch verbessert werden.

Ein gentechnischer Ansatz zielt auf die verstärkte Expression von Glutathion in Pappeln ab. Glutathion spielt bei der Bindung der Schwermetalle in den Pflanzenzellen eine wichtige Rolle.

Doch welche Auswirkungen hat die Glutathion-Pappel auf Pilzgemeinschaften des Wurzelbereiches? Die Schwermetallaufnahme hängt von einem gut funktionierenden Stoffaustausch im Wurzelbereich ab. In Waldökosystemen der gemäßigten Breiten sind nahezu 100 Prozent der Kurzwurzeln mykorrhiziert. Diese Symbiose zwischen Bäumen und Bodenpilzen (Mykorrhiza) sichert die Wasser- und Nährsalz-Versorgung. Die Fähigkeit von Baumarten zur Bodenentgiftung hängt somit stark davon ab, ob sie auch nach der genetischen Veränderung noch diese Symbiosen eingehen können.

Da die gentechnische Veränderung (erhöhte Expression der γ-Glutamylcystein-Synthetase) in den transgenen Pappeln zu einem verstärkten Schwefelbedarf sowie zu einer erhöhten Einlagerung von Schwermetallen in den Blättern führt, sollte in diesem Teilprojekt untersucht werden, ob

  • der erhöhte Schwefelbedarf der Pflanzen unter Freilandbedingungen Einfluss auf die assoziierten Mykorrhizapilze im Wurzelbereich hat,
  • die erhöhte Kapazität der transgenen Pappeln Schwermetalle abzulagern und zu entgiften auch für mykorrhizierte Freilandpappeln gilt,
  • es unter Freilandbedingungen im Rahmen der Symbiose zwischen Mykorrhiza und Baumwurzel zu einem horizontalen Gentransfer von Pappeln auf die assoziierten Pilze im Wurzelbereich kommt.

Zusammenfassung

Insgesamt wurden 100.000 Ektomykorrhizen aus einem Freilandversuch auf einen möglichen horizontalen Gentransfer von Pappeln auf die mit ihnen assoziierten Ektomykorrhizapilze untersucht. In keinem Fall konnte der Transfer des verwendeten Markergens von den Pappeln auf die Pilzpartner nachgewiesen werden.

Der Mykorrhizierungsgrad von transgenen Pappeln, die auf unterschiedlich stark mit Schwermetallen kontaminierten Böden angezogen wurden, war gegenüber nicht-transgenen Pflanzen deutlich erhöht. Allerdings zeigten die transgenen Pflanzen auf den Schwermetall-belasteten Böden ein geringeres Wachstum und erhöhte Stresssymptome, was die verstärkte Mykorrhizierung erklären würde.

Versuchsbeschreibung

Vitalitätsuntersuchungen an Mykorrhizapilzen

Transgene Pappeln, die hohe Glutathion-Gehalte bilden, haben einen erhöhten Schwefelbedarf. Unter kontrollierten Laborbedingungen wurden die Auswirkungen des erhöhten Schwefelgehaltes der transgenen Pappeln auf die Pilz-Baumwurzel-Symbiose untersucht. Dazu wurden transgene Pappeln einem unterschiedlich hohen Angebot von Schwefel ausgesetzt und das Wachstum der Pilze beobachtet.

Ähnliche Untersuchungen sollten die Auswirkungen eines erhöhten Schwermetallgehaltes (Cd, Pb, Zn etc.) auf die Vitalität von Mykorrhizapilzen prüfen.

Untersuchung eines horizontalen Gentransfers von Pappeln auf Mykorrhizapilze im Wurzelbereich

Für diese Untersuchung wurden transgene Pappeln hergestellt, die ein spezielles Markergen-Konstrukt enthielten, das eine Herbizidresistenz vermittelt. In 2000 erfolgte eine erste Freisetzung. In den folgenden Jahren wurden Proben von Mykorrhizapilzen aus dem Wurzelbereich entnommen und auf Herbizidresistenz hin überprüft.

Ergebnisse

Untersuchungen eines horizontalen Gentransfers von Pappeln auf Mykorrhizapilze im Wurzelbereich

Die freigesetzten transgenen Pappeln vermittelten eine Herbizidresistenz unter Kontrolle eines Pilz-Promotors. Dieser erlaubte eine Expression des Transgens im Pilzpartner für den Fall eines horizontalen Gentransfers.

Insgesamt wurden die Wurzelsysteme von 70 transgenen Pappeln zur Isolierung von Mykorrhizen verwendet. Pro Pflanze konnten 2000-4000 Mykorrhizen isoliert werden. Die Anzahl der pro Pflanze assoziierten Pilztypen variierte stark zwischen den Probennahmen: Im Frühling des Jahres 2002 konnte eine wesentlich größere Anzahl von Mykorrhiza-Typen pro Pflanze beobachtet werden als im Herbst. Die Probennahmen im Jahr 2003 zeigten (wahrscheinlich bedingt durch die große Trockenheit) das umgekehrte Ergebnis.

Analysiert wurden insgesamt 100.000 Ektomykorrhizen. Die Ektomykorrhizapilze, die auf Herbizid-Selektionsplatten Wachstum zeigten, wurden mittels PCR-Analyse auf die Anwesenheit des Markergens hin untersucht. Von den ca. 2.000 herbizidresistenten Pilzkolonien enthielt jedoch keine das Markergen. Damit ließ sich auch im Freiland (wie bereits zuvor unter Laborbedingungen) kein Fall von horizontalem Gentransfer von Pappeln auf die mit ihnen assoziierten Ektomykorrhizapilze nachweisen.

Mittels DNA-Sequenzvergleich wurden die mit den Pappeln assoziierten Ektomykorrhizen identifiziert. Insgesamt konnten fünf verschiedene Ektomykorrhizapilze unterschieden werden, die ca. 90 Prozent der Mykorrhizaflora der Pappeln ausmachen.

Mykorrhizierung von transgenen und nicht-transgenen Pappeln in Abhängigkeit von der Schwermetallbelastung der Böden

Untersucht wurde der Einfluss der transgenen Eigenschaft (erhöhte Glutathion-Biosynthese) sowie unterschiedlicher Schwermetallgehalte im Boden auf die Zusammensetzung der Pilzpartner, die mit den Pflanzen eine Mykorrhiza-Symbiose eingehen.

Auf allen Versuchsflächen war die Mykorrhizierungsrate der transgenen Pflanzen im Vergleich zu den nicht-transgenen Pflanzen deutlich erhöht. Auf der Kontroll- bzw. der mittelbelasteten Fläche waren durchschnittlich 32 Prozent der nicht-transgenen aber 50 Prozent der transgenen Feinwurzeln der Pflanzen mykorrhiziert. Diese Tendenz war auch auf der schwer belasteten Fläche zu erkennen, allerdings war der Unterschied zwischen den nicht-transgenen (20 Prozent Mykorrhizierungsrate) und den transgenen Pflanzen (25 Prozent Mykorrhizierungsrate) hier deutlich geringer.

Die Artenzusammensetzung wird mit Hilfe molekularer Marker z.Zt. näher analysiert. Anhand morphologischer Kriterien ergaben sich für die transgenen sowie die nicht-transgenen Pappeln keine Unterschiede in der Zusammensetzung der Symbiosepartner.

Mechanismus der Schwermetallaufnahme

Ektomykorrhizapilze zeigten bei Zink-Mangel, sowie bei Inkubation mit Cadmium eine erhöhte Expression eines Pilzgens, eines möglichen Metalltransporter-Gens. Um den Mechanismus der Schwermetallaufnahme durch Ektomykorrhizapilze zu klären, wurde die Expression dieses möglichen Metalltransporter-Gens in Hefezellen als Testsystem untersucht. Diese Zellen erwiesen sich allerdings als nicht überlebensfähig. Zukünftig sollen die Transporteigenschaften in einem anderen System, z.B. in Eizellen des Krallenfrosches untersucht werden.