Effekte des Anbaus von Bt-Mais auf verschiedene in Maisfeldern vorkommende Arthropoden

(2001 – 2004) RWTH Aachen, Institut für Umweltforschung (BiologieV) Lehrstuhl für Ökologie, Ökotoxikologie und Ökochemie

Thema

Im Vergleich mit konventionellem Maisanbau sollte der Effekt von gentechnisch verändertem Bt-Mais auf die Artenzusammensetzung und das Vorkommen ausgewählter Arthropodengruppen (Gliederfüßer, z.B. Schmetterlinge, Käfer, Fliegen, Spinnmilben etc.) abgeschätzt werden.

Dazu wurde folgenden Fragen nachgegangen:

  • Kommen bestimmte Arthropodengruppen (z.B. Aphidophagen = „Blattlausfresser“) im Bt-Mais ähnlich häufig vor wie in isogenem Mais ohne Insektizidbehandlung?
  • Wie wirkt sich eine Insektizidbehandlung in der konventionellen Maiskultur im Vergleich zum Anbau von Bt-Mais auf die Arthropoden-Lebensgemeinschaft aus?
  • Sind die Zahl und das Spektrum der Blütenbesucher im Bt-Mais gegenüber isogenem Mais verändert?
  • Wird das Vorkommen von Schmetterlingen, die auf Ackerbegleitpflanzen in der Nähe von Bt-Feldern leben, durch Kontakt mit Bt-Pollen reduziert?

Zusammenfassung

Während der drei Versuchsjahre wurde die Arthropoden-Lebensgemeinschaft des Bodens und der Krautschicht erfasst. Insgesamt wurden über 500.000 Insekten gefangen, sortiert und bestimmt.

Die Analysen geben keinen Hinweis darauf, dass Bt-Mais einen Einfluss auf Häufigkeit und Artenvielfalt von Nicht-Zielorganismen hat.

Für einige Insektengruppen konnte jedoch ein deutlicher Effekt durch das gespritzte Insektizid festgestellt werden.

Signifikante Effekte des Bt-Maises auf Schmetterlingslarven konnten zu keinem Zeitpunkt nachgewiesen werden.

Als Beitrag zur Entwicklung eines geeigneten Monitoring-Programms wurden anhand der Ergebnisse Empfehlungen für geeignete Monitoring-Organismen im Mais ausgesprochen. Diese könnten auf mögliche schädliche Folgen des Bt-Maisanbaus frühzeitig hindeuten. Für ein Monitoring erwiesen sich u.a. bodenbewohnende Laufkäfer und Spinnen, Thripse, verschiedene Blütenbesucher und Schmetterlingslarven auf Unkräutern als geeignet. Alle verwendeten Methoden bis auf die Gelbschalen (mangelnde Spezifität) sind für ein Monitoring praktikabel.

Versuchsbeschreibung

Die vergleichenden Untersuchungen erfolgten auf einer Versuchsfläche in der Nähe von Bonn in Parzellen, die mit einer Bt-Mais-Sorte oder der zu dieser Sorte isogenen konventionellen Sorte bestellt waren. Hinzu kam noch eine Variante, in der die konventionelle Sorte mit einer Insektizidspritzung behandelt wurde. Für jede Versuchsvariante standen acht Wiederholungen auf insgesamt 24 Parzellen (je etwa ein Viertel Hektar) zur Verfügung.

Im diesem Freilandversuch (auf insgesamt ca. sechs Hektar) wurden von verschiedenen Organismen die Bestände erfasst und genauer untersucht. Die Freilandversuche wurden über drei Kulturperioden durchgeführt und im Jahr 2003 beendet.

mit dem „Klopfschirm“ werden Blütenbesucher aufgefangen

Gelbschale

Gelbschale

Bodenfalle

Bodenfalle

Fangrahmen

Fangrahmen

Herbivore (Pflanzenfresser). An der Pflanze fressende oder saugende Arthropodenarten wurden mit verschiedenen Fallen gefangen und quantifiziert. Ergänzend wurden Kolbenproben genommen, aber auch ganze Maispflanzen (Blätter, Stängel, Kolben und Rispe) regelmäßig untersucht.

Bei den erfassten Arthropoden handelt es sich im Wesentlichen um Herbivore, die Flüssigkeit aus den Nährstoffleitbahnen der Pflanze saugen (Blattläuse) und Zellsaftsauger (Thripse, Zikaden) sowie auf diese Herbivoren spezialisierte Räuber (Wanzen, Florfliegen-, Marienkäfer- und Schwebfliegenlarven).

Erweitertes Monitoring von Zikaden. Da Zikaden als Zellsaftsauger dem Bt-Toxin gegenüber exponiert sind und 2002 in großen Individuenzahlen gefunden wurden, wurde 2003 ein erweitertes Zikaden-Monitoring durchgeführt. Dabei wurden drei verschiedene Methoden (Gelbschalen, Kescherfänge, Klebetafeln) angewendet, um Auftreten und Diversität von Zikaden zu erfassen.

Blütenbesucher. Besonderes Augenmerk wurde auf Pollen fressende Schwebfliegen, Thripse und Weichkäfer gelegt.

Die Erfassung der Blüten besuchenden Thripse erfolgte durch standardisiertes Abkäschern der männlichen Blüten. Weitere Blütenbesucher werden durch so genannte Farbschalen während der Blütezeit gefangen.

Räuber auf der Bodenoberfläche. Mit Bodenfallen und Fangrahmen wurden Laufkäfer und Spinnen gefangen. Diese beiden Gruppen sind wichtige Räuber der Bodenfauna, fressen aber auch Insekten z.B. Blattläuse, die von den Maispflanzen fallen.

Schmetterlingslarven auf der Ackerbegleitflora. Weitere Untersuchungen galten dem mögliche Einfluss des Bt-Mais-Pollens (Mon810) auf Schmetterlingslarven im benachbarten Unkrautareal. Dazu wurden in den Versuchsparzellen schmale Unkrautstreifen mit Gelbsenf und Weißem Gänsefuß als Nahrungspflanzen für die Schmetterlingslarven angelegt. Der natürliche Besatz von Raupen wurde vor, während und nach der Bt-Maispollen-Ausstäubung erfasst. Die Tiere wurden vor Ort bestimmt, gezählt und in den Bestand zurückgesetzt.

Ergebnisse

Während der drei Versuchsjahre wurde die Arthropoden-Lebensgemeinschaft des Bodens und der Krautschicht erfasst. Insgesamt wurden über 500.000 Insekten gefangen, sortiert und bestimmt. Die Analysen geben keinen Hinweis darauf, dass Bt-Mais einen Einfluss auf Häufigkeit und Artenvielfalt von Nich-Zielorganismen hat.

Es konnte jedoch für einige Insektengruppen ein deutlicher Effekt durch das gespritzte Insektizid festgestellt werden. So zeigten die Blattläuse mit Insektizidbehandlung starke Populationszuwächse gegenüber den anderen Varianten. Zikaden und Thripse, so wie einige räuberische Arthropoden zeigten dagegen einen Rückgang durch die Insektizidbehandlung.

Vergleich zwischen Bt-Mais und isogener Kontrolle

Im Vergleich der Bt- mit der isogenen Variante gab es in einzelnen Jahren bei verschiedenen Arten Einflüsse, die aber bei keiner Art durchgängig zu beobachten waren. So wurden etwa bei Thripse und Spinnen in aufeinander folgenden Jahren auch umgekehrte Einflüsse gefunden – d.h. ein Jahr ein reduziertes und das folgende Jahr ein vermehrtes Auftreten.

Die Effekte wurden bei jeder der angewendeten Methoden beobachtet.

Herbivore (Pflanzenfresser). Neben den Blattläusen als stärkster Fraktion traten unter den Herbivoren auch Thripse und Zikaden in relativ großen Zahlen auf. Spinnen und Wanzen stellten unter den Räubern die größten Fraktionen. Andere Räuber wurden nur selten gefunden.

Erweitertes Monitoring von Zikaden. Mit einem ELISA-Test konnte 2003 nachgewiesen werden, dass Zikaden aus den Bt-Parzellen das Cry 1Ab-Toxin mit der Nahrung aufgenommen hatten. Die Maisblatt-Zikade (Zyginidia scutellaris) stellt über 94 Prozent aller Zikaden. Die anderen Arten wurden nur in geringen Zahlen gefangen.

Blütenbesucher. In allen drei Jahren kamen in den Blütenständen der Maispflanzen unter den Herbivoren Thripse und Blattläuse in den größten Zahlen vor. 2001 war die Zahl der Blattläuse wesentlich geringer als in den Folgejahren.

Räuber auf der Bodenoberfläche. Insgesamt wurden 155251 Laufkäfer und 17364 Spinnen gefangen und bestimmt. Es wurden 64 Laufkäfer-Arten und 57 Spinnen-Arten erfasst. Die Artenzahl war über die Jahre hinweg relativ konstant. Der Gemeine Grabkäfer (Pterostichus melanarius) kam am häufigsten vor. Die dominanten Spinnen-Arten gehören ausschließlich der Familie der Zwergspinnen (Linyphiidae) an. 2003 wurden wesentlich höhere Individuenzahlen als in den Vorjahren gefunden. Ein direkter oder auch indirekter toxischer Effekt auf die Räuber der Bodenoberfläche kann nicht durchgängig für alle Jahre festgestellt werden.

Schmetterlingslarven auf der Ackerbegleitflora

Die Auswertungen im Versuchsteil „Wirkung von Bt-Maispollen auf in der Ackerbegleitflora lebende Schmetterlinge“ sind nahezu abgeschlossen. Unterschiede zwischen der Bt-Variante und der isogenen Kontrolle konnten in keinem der drei Untersuchungsjahre nachgewiesen werden. Dagegen wurde in jedem Jahr ein deutlicher Insektizideffekt, d.h. eine Verringerung der Häufigkeit von Schmetterlingslarven auf ihren Futterpflanzen in den mit Insektizid behandelten Parzellen, beobachtet.

Unter den gewählten Freilandbedingungen konnten durch den Pollen von Bt-Mais (MON810) keine negativen Effekte auf Schmetterlingslarven nachgewiesen werden. Auf Gelbsenf und Gänsefuß konnten elf Arten während der drei Versuchsjahre nachgewiesen werden. Bis auf die Kohlmotte (Plutella xylostella) und den Kleinen Kohlweißling (Pieris rapae) kamen alle Arten nur in sehr geringen Mengen vor, so dass eine weitere Analyse der Daten nicht möglich war. Nicht in jedem Jahr überlappte die Maisblüte mit dem Auftreten verschiedener Schmetterlingsarten und auch das Auftreten der verschiedenen Arten zwischen den Jahren schwankte stark. Effekte des Bt-Mais auf Schmetterlingslarven konnten zu keinem Zeitpunkt nachgewiesen werden.