Konzept für ein anbaubegleitendes Monitoring gentechnisch veränderter Pflanzen am Beispiel Brandenburg.

(2001 – 2004) Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e.V., Müncheberg

Thema

Der Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen (gv-Pflanzen) wird in Zukunft durch ein Monitoring begleitet werden. So schreibt es die Freisetzungsrichtlinie (2001/18/EG) vor.

Im vorliegenden Projekt ist am Beispiel von ausgesuchten Anbauregionen in Brandenburg ein Konzept für ein anbaubegleitendes Monitoring erarbeitet worden. Es enthält Elemente, die in konzeptionellen Ansätzen so noch nicht miteinander verknüpft wurden. Die bisherigen Arbeiten sind meist monothematisch und ohne regionalisierenden Bezug.

Gemäß der Freisetzungsrichtlinie soll das Monitoring insbesondere im großflächigen Anbau feststellbare Auswirkungen von gv-Pflanzen auf die Umwelt feststellen. Es wird auch Fragen nach geeigneten Parametern zur Überprüfung, Nachweismethoden, Messzeitpunkten und geeigneten Messtandorten beantworten müssen. Zudem müssen diese Fragen im Kontext verschiedener gv-Pflanzen und Gen-Konstrukte, heterogener Agrarlandschaften, verschiedener Anbausysteme und unterschiedlicher infrastruktureller Rahmenbedingungen gestellt werden. Um diese komplexen Aufgaben zu bewältigen, ist ein systematischer Ansatz nötig, der wissenschafts-basiert, flexibel für Modifikationen und übertragbar auf andere Landschaften ist. Insbesondere muss das räumliche Monitoring – Design flexibel sein, um sich zukünftigen Sorten- und anbautechnischen Entwicklungen anpassen zu können.

In diesem Projekt wurde ein umfassender Ansatz zur Beobachtung möglicher Umwelteffekte des Anbaus transgener im Vergleich zu nicht-transgenen Pflanzen verfolgt. Landschaftliche und landwirtschaftliche Eigenheiten von Anbauregionen wurden berücksichtigt und eine Prioritätensetzung hinsichtlich der auszuwählenden Parameter zur Messung von Umweltwirkungen vorgenommen. Es wurden repräsentative Monitoring-Messnetze entwickelt, die zur Verfügung stehende Daten und Ressourcen optimal nutzen.

Zusammenfassung

Am ZALF wurde ein transparentes, übertragbares und flexibles Konzept zur systematischen Ableitung von regionalen Monitoring-Messnetzen für gentechnisch veränderte Pflanzen entwickelt, in der die Heterogenität der Agrarumwelt erfasst und berücksichtigt wird.

Das Konzept basiert auf Expertenwissen und auf semi-quantitativen und empirischen Daten. Diese wurden in Bewertungen und Regeln umgesetzt, die eine Optimierung von verfügbaren Messnetzen auf Basis vorhandener Hintergrund-Informationen und unter Anwendung eines Geographischen Informationssystems (GIS) ermöglichten.

Szenarienanalysen, die für verschiedene transgene Kulturen, mögliche Messparameter und vorhandene Monitoring-Messnetze in Brandenburg durchgeführt wurden, bestätigen die Anwendbarkeit des Monitoringkonzeptes.

Methodik

Umwelteffekte sind das Ergebnis von Wechselbeziehungen zwischen der Kulturpflanze, den Umweltbedingungen sowie der Anbaupraxis. Um ein systematisches Konzept für das Monitoring der Umweltwirkungen von gv-Pflanzen entwickeln zu können, sind sowohl die direkten Umweltwirkungen, ausgehend von der gentechnisch veränderten Pflanze, als auch die landschaftlichen und landwirtschaftlichen Gegebenheiten des Standortes zu berücksichtigen.

Es wurden in diesem Projekt folgende Komponenten miteinander verknüpft:

Landschaftsökologische Eigenschaften in Brandenburg

Die Zusammenstellung landschaftsökologischer Eigenschaften ist eine wichtige Grundlage für ein auf Landschaften und Anbauregionen zugeschnittenes repräsentatives Messnetzkonzept. Die Eigenschaften liegen als Geo-Informationsebenen vor (s.Tabelle 1). Zusätzlich wurde eine ökologische Raumgliederung Brandenburgs erarbeitet. Die Ergebnisse wurden verallgemeinert, um sie auf andere Agrarlandschaften übertragen zu können

Tabelle: Bundesweit verfügbare Rauminformationen relevant für ein Monitoring-Messnetz für gv-Pflanzen

Abb.1: Statische Messnetze mit Agrarumwelt-Bezug und ihre Standorte in Brandenburg

Abb.2: Bewertung von Rauminformations-ebenen: Verknüpfung verschiedener Informationen mit dem Ziel einer effizienten und repräsentativen Auswahl von Monitoringflächen.

Abb.3: GIS-Schnittstelle zur Auswahl optimaler Monitoring-Messpunkte aus bestehenden Messnetzen

Abb.4: Systematisierung von Anbauverfahren in Brandenburg

Erhebung von bereits vorhandenen Messnetzen mit Agrarumweltbezug

Damit sollten zur Verfügung stehende Ressourcen, Infrastruktur und Hintergrunddaten als Monitoring- Bezugsbasis genutzt werden. Die Auswahl geeigneter Monitoring-Messnetze erfolgte aus dem Messnetzkataster des Landesumweltamtes Brandenburg nach ganz bestimmten Kriterien, die mit Hilfe eines speziellen Index bewertet wurden

  • Raumrepräsentanz für Brandenburg
  • (Arten-) Zahl und Relevanz der gemessenen Medien und Organismen
  • Dauerhaftigkeit und Häufigkeit der Messungen
  • Bezug zu anderen Landes- und Bundesmessnetzprogrammen. Fünf Messnetze wurden ausgewählt (Abb.1)

Bewertung der räumlichen Informationen und Entwicklung einer regelbasierten GIS-Analysezur regionalen Messpunktauswahl

Die inhaltliche Aussagekraft der Geo-Informationsebenen wurde bewertet, indem ihre Relevanz für die zu messenden Parameter in einem systematischen Schema abgeschätzt wurden (Abb.2). Dieser Bewertung liegen empirische Daten und Expertenwissen zugrunde. Als Beispiel dienen Parameter, die bei der Arbeitstagung „Parameter für ein Monitoring von gentechnisch veränderten Pflanzen im Agrarökosystem“ (2002, Braunschweig) diskutiert wurden. Eine aus ZALF, Biologischer Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft und dem Umweltbundesamt bestehende Expertengruppe führte die Bewertung für verschiedene gv-Pflanzen nach folgenden Kriterien durch: a) Schutzziele, b) unterschiedliche potenzielle Umweltwirkungen, c) mögliche zu monitorende Merkmale und d) verschiedene Rauminformationen.

Aus der Gesamtbewertung konnten Gewichtungsfaktoren für die jeweilige Rauminformation abgeleitet werden. Die Auswahl der Messstandorte ergab sich aus den Rauminformationsebenen entsprechend der Gewichtungsfaktoren.

Die Bewertungen der Rauminformationsebenen und Monitoring-Messnetze stellten die Grundlage für ein GIS-Analysemodell dar. (Abb.3). Ziel war es, aus der Gesamtzahl der bestehenden Messstandorte auf landwirtschaftlichen Flächen (ca. 100) diejenigen zu ermitteln, die die verschiedenen Agrarumwelt-Räume optimal repräsentieren.

Systematisierung aktueller und potenzieller ackerbaulicher Nutzung

Das Monitoring transgener Kulturen muss ein auf Anbauregionen zugeschnittenes repräsentatives Messnetzkonzept beinhalten und auch die Umweltwirkungen durch veränderte landwirtschaftliche Anbausysteme durch Einführung von gv-Pflanzen erfassen. Das ZALF entwickelte dazu ein System zur Beschreibung der ackerbaulichen Nutzung, welches sowohl produktionstechnische Merkmale aufnehmen kann (z.B. Pflanzenschutzmaßnahmen, Bodenbearbeitung, Düngung) als auch flächenrepräsentativ darstellbar ist (Abb.4). Das System ist auf andere Agrarlandschaften übertragbar.

Ergebnisse

Entwicklung einer Datenbankstruktur für das Monitoring von gv-Pflanzen

Um die sehr umfangreichen Informationen zum anbaubegleitenden Monitoring zu erfassen, wurde eine Datenbank-Struktur erarbeitet.

Abb.5: Vernetzungsstruktur einer Datenbank für das Monitoring von gv-Pflanzen

Ökologische Raumgliederung Brandenburgs

Abb.6: Ökologische Raumgliederung Brandenburgs mit 13 Raumklassen

Abb.7: Monitoring-Standorte in Brandenburg, optimiert für HR-Raps

Landschaften und Flächen in Brandenburg zur Einrichtung weiterer Monitoringflächen für HR-Raps

Abbildung 8: Landschaften und Flächen in Brandenburg zur Einrichtung weiterer Monitoringflächen für HR-Raps

Sie integriert die für ein Monitoring relevanten Parameter (gv- Pflanzen, Umweltwirkungen beim Anbau von gv- Pflanzen, Untersuchungsmethoden, zu untersuchende Merkmale, Anbaumaßnahmen in der Landwirtschaft, Landschaftsräume und bestehende Messnetze).

Durch die Vernetzungsstruktur der Datenbank ist es möglich, Szenarienrechnungen mit hoher Komplexität durchzuführen (Abb.5).

Landschaftliche Eigenschaften: Entwicklung einer ökologischen Raumgliederung für Brandenburg

Zur Erhebung der standörtlichen Verteilung der zu untersuchenden Merkmale wurde eine Klassifizierung von Standorten im brandenburgischen Raum anhand von Klimaelementen, wie z.B. Lufttemperatur, Niederschlag und anderen relevanten Variablen, z.B. Grundwasser und Bodenart, vorgenommen. Daraus resultierten für Brandenburg 13 ökologische Raumklassen, die für das GIS-Analysemodell zusammengefasst und auf sechs Raumklassen reduziert wurden (Abb.6).

Vorhandene Messnetze mit Agrarumwelt-Bezug

In Brandenburg liegen vier geeignete ortsfeste Monitoring-Messnetze vor, die für das Monitoring von gv-Pflanzen relevante Daten erfassen (Abb.1).

Darüber hinaus sind flexible Monitoringstrukturen vorhanden, wie beispielsweise die der Pflanzenschutzämter. Bestehende Basisdaten und Strukturen der statischen Netzwerke sind durch die damit erst möglichen Zeitreihenanalysen als Vorraussetzung eines dauerhaften Monitorings anzusehen.

Regelbasierte GIS-Analyse zur regionalen Messpunktauswahl

Mit der GIS-Analyse wurden verschiedene Monitoring-Szenarien entwickelt:

  • Verschiedene transgene Fruchtarten (Bt-Mais, HR-Raps, HR-Zuckerrübe und Stärke-modifizierte Kartoffel)
  • Unterschiedliche Messnetz-Kombinationen
  • Unterschiedliche Messstandort-Dichte

Die optimale Zahl an Messtandorten ist je nach Szenario unterschiedlich (Abb.7). Die Bodendauerbeobachtungsflächen und die Sorten-Versuchsstandorte könnten als alleiniges Messnetz mit drei bis vier Monitoring-Standorten pro Landschaftseinheit betrieben werden, jedoch wären an den Standorten voraussichtlich einige zusätzliche Parameter für das Monitoring von gv-Pflanzen zu erheben.

Ein gemeinsames Monitoring von gv-Pflanzen an wenigen Standorten würde zu einer Reduzierung der Gesamt-Messflächenzahl führen.

Zusätzlich wurden geeignete Monitoring-Standorte außerhalb bestehender Messnetze ermittelt (Abb.8).

Systematisierung aktueller und potentieller ackerbaulicher Nutzung

Am Beispiel der Einführung von gentechnisch verändertem herbizidresistentem (HR)-Raps an Stelle von konventionellem Raps wurde eine Systematisierung der Veränderungen des Agrarökosystems vorgenommen. Die Veränderungen wurden auf die Systemgrößen „landwirtschaftliche Praxis“ und biotische Faktoren begrenzt. Innerhalb der Biotik wurden vor allem Ackerbeikräuter und Insekten betrachtet.

Abb. 9: Darstellung von potenziellen Veränderungen bei der Einführung von HR-Raps

Veränderungen im Agrarökosystem haben gleichzeitig eine zeitliche Komponente. Die Einführung der neuen Sorte kann die landwirtschaftliche Praxis verändern, was wiederum die Biotik beeinflussen kann. Innerhalb der Biotik können Veränderungen auftreten, die zurück auf die landwirtschaftliche Praxis wirken können (Abb.9).

Die Systematisierung umfasste:

  • Bewirtschaftungsänderungen 1. Grades (BWA1) vor allem durch Anpassungen der Anbaupraxis an die neuen Eigenschaften der Kultur.
  • Unmittelbare Effekte auf die Biotik (UEB) durch die BWA1, wobei Häufigkeit und Diversität von Lebewesen beeinflusst werden können.
  • Mittelbare Effekte auf die Biotik (MEB), die sich aus den unmittelbaren Effekten ergeben.
  • Biotik-bedingte Veränderungen der landwirtschaftlichen Praxis (AEB)
  • Bewirtschaftungsänderungen (BWA2) durch Anpassungen der landwirtschaftlichen Praxis an die veränderte Biotik.

Potenzielle Veränderungen im Agrarökosystem bei Einführung einer transgenen Sorte treten regional, standortabhängig und zwischen verschiedenen Betrieben in unterschiedlichem Maße auf. Dies ist beim flächenmäßigen Design eines Monitoring von gv-Pflanzen auf verschiedenen Skalenebenen zu berücksichtigen. Ob die Veränderungen letztlich zu Umweltbeeinträchtigungen führen, muss anhand vorgegebener Kriterien bzw. Schadschwellen bewertet werden.

Schlussbewertung des Monitoring-Konzeptes

Die Umsetzung der verschiedenen Fruchtarten-, Messnetz- und Messintensität-Szenarien in die Monitoring-Praxis ist zum derzeitigen Stand schwer einzuschätzen. Um statistisch abgesicherte Aussagen zu Umweltwirkungen der gentechnisch veränderten Pflanzen ableiten zu können, muss das Messnetz-Design die Variabilität der Parameter berücksichtigen. Der Aufwand ließe sich dabei wesentlich reduzieren, wenn a) bereits vorhandene Ressourcen genutzt werden und b) genauere räumliche Basisinformationen zur Auswahl von Monitoring-Standorten - wie in dieser Arbeit gezeigt - vorliegen.

Die hier analysierten Szenarien und vorgestellten Ergebnisse dienen primär zur Überprüfung und Veranschaulichung des Bewertungs- und Optimierungskonzeptes. Wenn Entscheidungen etwa zu Schwellenwerten, Zuständigkeiten und Kosten getroffen werden, so ist dieses Monitoringkonzept flexibel anpassbar.