Untersuchung des Einflusses von transgenen virusresistenten Zuckerrüben auf andere Viren

(1999 – 2002) Biologische Bundesanstalt (BBA) für Land- und Forstwirtschaft (seit 2008 Julius Kühn-Institut (JKI)), Institut für Pflanzenvirologie, Mikrobiologie und biologische Sicherheit; Braunschweig / Institut für Zuckerrübenforschung (IfZ); Göttingen

Thema

Durch Übertragung bestimmter Virus-Gene können Pflanzen mit einem hohen Grad an Virusresistenz erzeugt werden. Es ist jedoch denkbar, dass es zu einer Rekombination zwischen den viralen RNA-Abschnitten, die in der transgenen Pflanze gebildet werden, und der RNA in mehr oder weniger entfernt verwandten Virenstämmen, die die transgenen Pflanzen befallen, kommt. Dadurch könnten Viren mit einer veränderten Pathogenität entstehen. Offenbar neigen bestimmte Viren stärker zu Rekombination als andere.

Am Beispiel von Zuckerrüben mit einer gentechnisch vermittelten Resistenz gegen den A-Typ des Rizomania-Virus (BNYVV; beet necrotic yellow vein virus) wurden folgende Fragen untersucht:

  • Kommt es zu Rekombinationen zwischen dem eingeführten Transgen in der Zuckerrübe und anderen Stämmen des Virus oder anderen Viren?
  • Treten Rekombinationen auch in nicht-transgenen Pflanzen auf, die mit verschiedenen Virus-Stämmen infiziert sind (misch-infiziert)?
  • Wird die eventuelle Entstehung veränderter Viren durch infektionsfördernde Bedingungen (erhöhte Temperatur, Bodenfeuchtigkeit und Lichtzufuhr) beeinflusst?
  • Weisen die eventuell entstehenden Viren eine höhere Pathogenität als die vorhandenen Viren auf?

Außerdem sollte untersucht werden, ob sich auf Feldern, auf denen in früheren Jahren transgene virusresistente Zuckerrüben freigesetzt wurden, bereits neue Viren gebildet haben.

Zusammenfassung

  • Sowohl in den transgenen wie in den misch-infizierten Pflanzen wurden keine viralen Rekombinationen gefunden.
  • In einem Modellversuch im Gewächshaus konnten in den dort angebauten transgenen virusresistenten Rüben bei niedrigen Temperaturen meist keine Infektionen nachgewiesen werden. Bei höheren Temperaturen traten in den transgenen Pflanzen Infektionen oft erst nach vier Monaten auf.
  • Da bisher keine neuen Viren gefunden worden sind, konnte die Frage nach einer höheren Pathogenität nicht untersucht werden.
  • Auch im Boden früherer Freisetzungsfelder waren keine neuen, durch Rekombination entstandenen Viren nachweisbar

Versuchsbeschreibung

Gewächshausversuche. Die Versuche wurden unter Bedingungen durchgeführt, unter denen vermutlich eher neue Viren durch Rekombination entstehen als im Freiland: Der Boden im Gewächshaus war stärker mit Viren befallen. Infizierte Seitenwurzeln blieben nach Entfernung der Rüben im Boden und erhöhten dadurch den Virusgehalt. Zudem wurden im Versuch pro Jahr drei Zuckerrüben-Generationen angebaut, während in der üblichen Fruchtfolge diese nur jedes dritte Jahr auf dasselbe Feld kommen.

Der im Gewächshaus verwendete Boden enthielt BNYV-Viren des B-Typs sowie BSB-Viren (Beet soil borne virus; ist in europäischen Zuckerrübengebieten verbreitet). Auf diesem Boden wurden zwei verschiedene transgene Rübenlinien untersucht, die im Vergleich zu anderen transgenen Linien noch eine relativ hohe Anfälligkeit gegenüber dem BNYVV zeigten:

  • transgene Zuckerrüben mit einer Virusresistenz, die durch das übertragene Hüllprotein-Gen des BNYVV A-Typs vermittelt wird,
  • transgene Zuckerrüben, deren Virusresistenz auf einer Blockade bestimmter Virus-Gene (Co-Supression) beruht; sie enthalten ebenfalls das Hüllprotein-Gen des A-Typs BNYVV,

Zum Vergleich wurde eine misch-infizierte nicht-transgene Rübensorte mit einer hohen Anfälligkeit gegenüber Viren untersucht.

Nachweis der Rekombination. Die Wurzelproben wurden mittels ELISA und PCR auf Virusgehalt bzw. Rekombination getestet. Dazu wurde nach einem bestimmten Genomabschnitt gesucht, dessen eines Ende nur aus dem Virus, das andere auch aus dem Transgen stammen kann. Durch spezielle Verfahren wurden die PCR-Produkte auf Veränderungen untersucht, die auf Rekombinationen zurückgeführt werden können.

Einfluss infektionsfördernder Bedingungen. Es wurden zwei verschiedene Anzuchtbedingungen getestet:

  • mit Tagestemperaturen von 24°C
  • mit Tagestemperaturen von 18°C

Neue Viren. In Böden von Freisetzungsfeldern mit Virusbefall wurde nach neuen, durch Rekombination entstandenen Viren gesucht. Zusätzlich wurden im Gewächshaus in Proben von Böden, auf denen 1995, 1996 oder 1997 transgene, virusresistente Zuckerrüben angepflanzt worden sind, nicht-transgene Zuckerrüben gepflanzt und deren Wurzeln untersucht. Die nach der Ernte gezogenen Proben wurden molekularbiologisch (ELISA und PCR) analysiert.

Ergebnisse

Unter den gewählten Bedingungen im Gewächshaus waren in den Pflanzen aus beiden transgenen Linien genügend BNYV-Viren vorhanden, so dass theoretisch Rekombinationen zu erwarten gewesen wären.

Rekombinationen. Zunächst erhielt man in misch-infizierten Pflanzen häufig Befunde, die auf Rekombinationen hindeuteten. Allerdings entstehen bei diesem Verfahren häufig PCR-Produkte, die Rekombinationen vortäuschen, obwohl keine vorhanden sind (Artefakte). Solche Artefakte wurden auch erhalten, wenn man Saftproben von Pflanzen vermischte, die nur mit A-Typ BNYVV bzw. nur mit B-Typ BNYVV infiziert waren. Die Rekombinationen in diesen „Misch-Säften“ können nicht in den nur mit einem Virus infizierten Pflanzen entstanden sein, sondern nur während der PCR. Um solche „falsch positiven“ Ergebnisse auszuschließen, wurde eine spezifische PCR-Methode entwickelt und alle vorher untersuchten Proben erneut getestet. Nun war in keiner der Pflanzen des Versuchs eine Rekombination nachweisbar; auch nicht in den misch-infizierten Pflanzen.

Im ganzen zeigen die Untersuchungen, dass der Nachweis von Rekombinationen mit großer Vorsicht zu erfolgen hat, um Artefakte auszuschließen.

Einfluss infektionsfördernder Bedingungen

  • Bei Befall mit BSBV hatten die unterschiedlichen Anbaubedingungen keinen Einfluss.
  • Bei BNYVV-Befall traten bei niedrigen Temperaturen in den transgenen Rüben meist keine Infektionen auf.
  • Bei höheren Temperaturen waren Infektionen in den transgenen Pflanzen oft erst nach vier Monaten zuverlässig nachweisbar.
  • In den nicht-transgenen Pflanzen kam es durchweg zu Infektionen.

Neue Viren. Auch in den Zuckerrüben, die in Erde von früheren Freisetzungsfeldern (Befall mit BNYVV B-Typ) angezogen wurden, konnten bisher keine Rekombinationen gefunden werden. Das dort von den transgenen Pflanzen in den Jahren 1995 bis 1997 gebildete A-Typ Hüllprotein-Gen war im Boden nicht mehr nachweisbar.