Verbundprojekt: Verbesserte Pathogenresistenz bei Kartoffeln über den Barnase/Barstar-Ansatz – Effekte auf Bakterien, Pilze und Viren

(1996 – 1999) Max-Planck-Institut für Züchtungsforschung (MPI), Köln, Marburg / Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft (BBA) (seit 2008 Julius Kühn-Institut (JKI)), Institut für Pflanzenvirologie, Mikrobiologie und biologische Sicherheit, Braunschweig

Thema

Ein neuer gentechnischer Ansatz soll bei Kartoffeln die Resistenz gegenüber bedeutenden Pathogenen verbessern. Die Resistenzstrategie beruht auf einem Barnase-Barstar-Konstrukt, das nach einer Infektion durch den Pilz Phytophthora infestans eine Überempfindlichkeitsreaktion an der Infektionsstelle herbeiführt und dadurch das weitere Eindringen des Pilzes in die Pflanze verhindert.

In einem Verbundprojekt wurde der Frage nach einer erweiterten Resistenz der transgenen Barnase/Barstar-Kartoffel auf pathogene Pilze im Blatt- sowie Wurzelbereich und auf pflanzenpathogene Viren nachgegangen. Mögliche nachteilige Effekte auf bakterielle Gemeinschaften des Bodens wurden ebenso untersucht.

Zusammenfassung

Die Untersuchungen der transgenen Pflanzenlinien bestätigten die Funktion des Zwei-Komponenten-Systems. Die Expression von Barstar und Barnase wurde nachgewiesen. Einzelne transgene Barnase-Barstar-Pflanzenlinien zeigten eine nachweisbare Resistenzwirkung gegenüber den Pilzkrankheiten der Krautfäule (Phytophthora infestans) und der Dürrfleckenkrankheit (Alternaria solani, A. altarnaria), allerdings nur schwach ausgeprägt. Das Barnase-Barstar-Konstrukt bewirkt keine zusätzliche Resistenz gegenüber PLRV und PVY, beides bedeutende Kartoffelviren. Es konnten auch keine signifikanten Unterschiede in der Besiedlungsstärke der pathogenen Pilze Rhizoctonia solani und Colletotrichum coccodes festgestellt werden. Ein signifikanter Einfluss der Barnase-Barstar-Kartoffel auf bakterielle Lebensgemeinschaften war ebenfalls nicht nachweisbar.

Versuchsbeschreibung

Der neue Resistenzansatz beruht auf einem Zwei-Komponenten-System, dem Barnase-Barstar-Konstrukt. Bei der Barnase handelt es sich um ein Enzym, das über den RNA-Abbau in der Pflanzenzelle deren Zerstörung herbeiführt. Dieser Prozess wird – gesteuert durch einen spezifischen Promotor (gst1) - bei Schädlingsbefall aktiviert. Dieser bewirkt dann eine Überproduktion der Barnase. Durch den Zelltod wird dem Schaderreger die Nahrungsgrundlage entzogen. Die abgestorbenen Pflanzenzellen an der Infektionsstelle wirken zudem wie eine Barriere, die den Schaderreger am Weiterwachsen hindern.

Da die Barnase auch in nicht-infizierten Pflanzenteilen wie der Wurzel quasi als Hintergrundaktivität in geringen Mengen produziert wird, wurde eine zweite Komponente, das Barstar-Gen, eingeführt. Das Barstar-Gen ist ständig aktiv und blockiert die Bildung der Barnase. Erst die Aktivierung des gst1-Promoters bei Infektion durch den Schaderreger führt zu einer Überproduktion der Barnase und letztendlich dem erwünschten Zelltod.

In den Jahren 1996 bis 1999 wurden am Max-Planck-Institut für Züchtungsforschung, Köln, Freiland- und Gewächshausversuche durchgeführt.

Überprüfung der Barnase- und Barstar-Aktivität

Die Expression des Barnase- und Barstar-Gens wurde mittels PCR bei Blattmaterial aus dem Gewächshaus und Freiland untersucht.

Resistenz gegenüber Viren

Um zu überprüfen, inwieweit transgene Barnase/Barstar-Kartoffeln neue Virus-Wirtsbeziehungen aufbauen, wurden transgene und nicht-transgene Kartoffel-Pflanzen mit verschiedenen Kartoffelviren (PLRV und PVY ) infiziert. Die Untersuchungen fanden im Gewächshaus statt.

PLRV. Die künstliche Infektion transgener und nicht-transgener Kartoffel-Linien mit PLRV fand über die Pfropfung mit infizierten Kartoffeln statt. Der Befall wurde an Blattproben überprüft.

PVY. Die Übertragung des Kartoffelvirus Y erfolgte mit Hilfe von Blattläusen, die auch im Freiland für die Verbreitung des Virus verantwortlich sind. Außerdem wurden Viren durch mechanische Inokulation durch Druck in die Pflanzen eingebracht. Insgesamt wurden acht unterschiedliche Virusvarianten verwendet. Der Virusnachweis erfolgte im ausgepressten Pflanzensaft der Inokulations- und Folgeblätter. Mit Hilfe eines Antikörper-Tests (ELISA) wurde die Virus-Konzentration bestimmt.

Resistenz gegenüber Pilzen

Krautfäule und Dürrfleckenkrankheit. Im Freiland erfolgten Untersuchungen zum Befall mit Phytophthora infestans (Krautfäule) und mit Alternaria solani und A. alternata (Dürrfleckenkrankheit). Kartoffelblätter von Freilandparzellen wurden auch im Gewächshaus nach künstlicher Infektion mit P. infestans auf ihre Resistenz überprüft.

Modellorganismen Rhizoctonia solani und Colletotrichum coccodes. Im Gewächshaus wurden die Besiedlungsstärke der parasitären Bodenpilze Rhizoctonia solani oder Colletotrichum coccodes nach künstlicher Infektion von Pflanzknollen untersucht. Folgende Merkmale wurden u.a. bonitiert: Anzahl aufgegangener Pflanzen, Nekrosen an der Kartoffelschale, Ausbildung von Sklerotien (Überdauerungsorgane der Pilze) an der Knollenoberfläche, Anzahl deformierter Knollen.

Effekte auf Bodenbakterien

Bodenproben aus dem Wurzelbereich wurden zu mehreren Terminen (ein Tag vor der Bepflanzung sowie ein, zweieinhalb und vier Monate nach der Bepflanzung) gezogen und anschließend die Bakterienpopulationen mittels molekularer Fingerprinting-Techniken (T-RFLP) bestimmt.

Ergebnisse

Überprüfung der Barnase- und Barstar-Aktivität

In allen untersuchten transgenen Pflanzen aus dem Freiland und dem Gewächshaus konnte eine Expression des Barnase- und Barstar-Gens nachgewiesen werden. Ein Abschalten der Barnase- und Barstar-Aktivität fand nicht statt.

Resistenz gegenüber Viren

In Gewächshausversuchen wurde keine Resistenz der transgenen Barnase/Barstar-Pflanzenlinien gegenüber dem Kartoffelvirus PLRV (Potato Leaf Roll Virus) und PVY (Potato Virus Y) beobachtet.

Resistenz gegenüber Pilzen

Phytophthora und Alternaria. Einzelne transgene Barnase/Barstar-Pflanzenlinien zeigten im Freiland einen geringeren Befall mit P. infestans. Unter durchschnittlichen Befallsbedingungen im Freiland können einige Barnase/Barstar-Linien den Krautfäule-Befallsverlauf verzögern und die Sporangienbildung reduzieren. Auch die Bonitur der Dürrfleckenkrankheit ergab bei einigen Barnase/Barstar-Linien eine Reduktion in der Anzahl der Alternaria-Konidien (asexuell gebildete Pilzsporen). Unter variierenden Infektionsbedingungen konnte diese Reduktion jedoch nicht bestätigt werden.

Rhizoctonia solani und Colletotrichum coccodes. Aus einer Gesamtbetrachtung aller Einzelergebnisse kann gefolgert werden, dass zwischen den verschiedenen transgenen Linien und der nicht – transgenen Ausgangssorte keine Unterschiede hinsichtlich der Besiedlung durch diese Pilze vorliegen. Nur im Einzelfall waren Unterschiede im Befall festzustellen.

Effekte auf Bodenbakterien

Die T-RFLP-Methode, eine molekulare „Fingerprinting“-Technik, wurde für die vergleichende Analyse von Bakteriengemeinschaften im Boden entwickelt. Es zeigten sich sowohl zeitliche (über die Vegetationsperiode) als auch räumliche Effekte zwischen den Versuchsparzellen. Aussagen zu möglichen Auswirkungen der transgenen Linien im Vergleich zum nicht-transgenen Wildtyp auf die Bodengemeinschaft waren aufgrund des gewählten Versuchsansatzes nicht möglich.