26.02.2003
Forschung Projekte
Sicherheitsaspekte bei neuen gentechnischen Ansätzen zur Züchtung virusresistenter Pflanzen
(1990 – 1993) Max-Delbrück-Laboratorium, Max-Planck-Gesellschaft, Köln
Thema
Mit dem Ziel virusresistente Pflanzen zu züchten, werden mittels gentechnischer Methoden Gensequenzen von Viren in Pflanzen übertragen. Dadurch soll in der Pflanze eine Immunreaktion ausgelöst werden, die sie vor weiterem Virenbefall schützt.
Bei der gentechnischen Veränderung wird üblicherweise fremde Erbinformation direkt in das pflanzliche Genom übertragen. Über eine Auskreuzung auf verwandte Kreuzungspartner kann dann die Virussequenz auf weitere Pflanzen übertragen werden.
Im vorliegenden Projekt wurden diese viralen Gensequenzen jedoch nicht ins pflanzliche Genom eingebracht. Hier befindet sich die Fremd-DNA außerhalb (extrachromosomal) des pflanzlichen Genoms.
Eine Übertragung auf weitere Pflanzen durch Auskreuzung ist somit nicht möglich. Beantwortet werden sollte aber die Frage, ob denn eine Übertragung der Fremd-DNA auf andere Pflanzen über saugende Insekten möglich ist. Weiterhin war von Interesse, ob bei zusätzlicher natürlicher Virusinfektion der transgenen Pflanzen, die Bildung neuer Viren wahrscheinlich ist.
Zusammenfassung
Die Untersuchungsergebnisse zeigten keine Anhaltspunkte dafür, dass die außerhalb des pflanzlichen Genoms vorliegende virale DNA nachträglich in das Pflanzengenom integriert wird.
Auch konnten keine Anzeichen für Transkapsidierung (heterologe Enkapsidierung) gefunden werden.
Der gentechnische Ansatz zur Erzeugung virusresistenter Pflanzen wurde verbessert. Die zu übertragenden viralen Sequenzen wurden minimiert und damit die Wahrscheinlichkeit von viralen Rekombinationen herabgesetzt.
Versuchsbeschreibung
Die Untersuchungen fanden an der Modellpflanze Tabak statt, in die Teile der genetischen Information eines Virus, des African Cassava Mosaic Virus (ACMV) übertragen wurden.
Untersuchungen zu möglichen Transkapsidierungen
Das Hüll-Protein eines Virus bestimmt seine Übertragungsweise, d.h. ob er beispielsweise über Blattläuse oder andere saugende Insekten verbreitet wird.
So wird der Beet Curly Top Virus (BCTV), ein dem ACMV verwandter Virus, von Zwergzikaden übertragen. Zwergzikaden saugen den Pflanzensaft und nehmen dadurch die Viruspartikel auf, die sie dann beim Besuch weiterer Pflanzen weitergeben.
Umgibt sich ein Virus bei fehlendem eigenem Hüllprotein mit einem Hüllprotein einer anderen Virusart (Transkapsidierung) kann seine Übertragungsweise dadurch verändert werden.
Die Wahrscheinlichkeit eines solchen Vorgangs sollte nun im Fall der transgenen Pflanzen, die Virussequenzen ausbilden, überprüft werden. Vor der Transformation der Pflanze wurden dem ACMV die Hüllprotein-Gene entfernt und dann erst die genetische Information in die Pflanze übertragen. Statt seiner Hüllproteine wurden dann die Gensequenzen des Hüllproteins eines anderen Virus, des Beet CurlyTop Virus (BCTV) in die Pflanze eingebracht.
Um festzustellen, ob Transkapsidierung, d.h. eine Verpackung der ACMV-Partikel mit BCTV-Hüllproteinen in der Pflanze stattgefunden hatte, wurden die transgenen Pflanzen mit Zwergzikaden besetzt, die für mehrere Tage den Pflanzensaft saugten. Die Zikaden wurden anschließend auf ACMV-DNA überprüft. ACMV-DNA durfte nur dann in den Zwergzikaden zu finden sein, wenn zuvor eine Transkapsidierung mit dem Hüllprotein-Gen des BCTV stattgefunden hatte.
Integration extrachromosomaler Gen-Sequenzen ins pflanzliche Erbgut
Um zu überprüfen, ob die extrachromosomal vorliegenden viralen Genabschnitte unerwünschterweise in das pflanzliche Genom integriert werden, wurde die DNA von Nachkommen der transgenen Tabakpflanzen auf diese Gene untersucht.
Minimierung der übertragenen Sequenzen
Aus sicherheitsrelevanten Gesichtspunkten sollten die viralen Sequenzen, die zur Auslösung einer Virusresistenz in die Pflanze eingeführt werden, auf das funktionell notwendige Maß beschränkt sein.
Ergebnisse
Untersuchungen zu möglichen Transkapsidierungen
Die an den transgenen Pflanzen saugenden Zikaden wurden mittels PCR auf ACMV-DNA untersucht. Testungen von ca. 500 Insekten ergaben keinen Hinweis darauf, dass Transkapsidierungen der ACMV-DNA mit dem BCTV-Hüllprotein stattgefunden hatten.
Integration von extrachromosomalen Gen-Sequenzen ins pflanzliche Erbgut
Phänotypische und molekulargenetische Untersuchungen an mehreren hundert Nachkommen ACMV-transgener Pflanzen ergaben keine Anhaltspunkte für einen Einbau von extrachromosomal vorliegendem transgenem Erbgut in das Pflanzengenom.
Minimierung der übertragenen Sequenzen
Um eine Immunreaktion in der Pflanze auszulösen und somit eine Virusresistenz herzustellen, ist es ausreichend nur die viralen Sequenzen in die Pflanze einzubringen, die für die DNA-Verdopplung verantwortlich sind. Durch Entfernung unnötiger Sequenzen konnte die übertragene virale DNA auf ein Viertel reduziert werden.
Thematische Verknüpfungen
Themen
Förderung
Bundesministerium für Bildung und Forschung
Förderkennzeichen
0319388A
Projekt
Originaltitel
Studien zur Verwendung extrachromosomal replizierender Kopien der DNA 1 von Cassava Latent Virus Sicherheitsforschung Gentechnologie für die Pflanzenforschung
Kontakt
Projektleiter:
PD Dr. Peter Meyer
Max-Delbrück-Laboratorium
Max-Planck-Gesellschaft
Carl-von-Linné-Weg 10
50829 Köln
Forschungsprojekte
Virusresistenz
- Sicherheitsaspekte bei neuen gentechnischen Ansätzen zur Züchtung virusresistenter Pflanzen, Max-Planck-Gesellschaft Köln
- Auswirkungen transgener, virusresistenter Pflanzen am Beispiel des Scharkavirus der Pflaume (PPV), BBA Braunschweig
- Aufklärung der Genomstruktur des Raspberry Bushy Dwarf Virus (RBDV), IPK Gatersleben, Scottish Crop Research Institute, Dundee
- Virusresistente gentechnisch veränderte Kartoffeln. Genetische Stabilität und die Möglichkeit der Entstehung neuer Viren, BAZ Aschersleben