Erprobung einer Monitoringmethode für Rhizobien-Stämme

(1991 – 1996) Zentrum für Agrarlandschafts- und Landnutzungsforschung (ZALF), Institut für Mikrobielle Ökologie und Bodenbiologie, Müncheberg

Thema

Um die Auswirkungen künftiger Freisetzungen von gentechnisch veränderten Rhizobien-Stämmen (Knöllchenbakterien) beurteilen zu können, wurden verschiedene Vorversuche durchgeführt. Rhizobium leguminosarum gehören zu den Knöllchenbakterien. Sie leben in Symbiose mit Leguminosen wie etwa Erbsen und fixieren den Stickstoff aus der Luft, indem sie ihn in eine für die Pflanzen verwertbare Form umwandeln.

In Labor und Gewächshaus wurde den folgenden Fragen nachgegangen:

  • Werden während der Entwicklung der Erbsenpflanzen Rhizobien aus den Knöllchen in den Boden abgegeben?
  • Kommt es in den Knöllchen zu Mischinfektionen, die einen horizontalen Gentransfer in andere R. leguminosarum Stämme erleichtern könnten?

An zwei unterschiedlichen Standorten wurde vor der Freisetzung die dort natürlich vorhandene (endogene) R. leguminosarum-Population als Datenbasis untersucht (= Vormonitoring).

Anschließend wurden folgende Fragen an einer Modellfreisetzung eines R. leguminosarum-Stammes an den beiden Standorten untersucht:

  • Ist der Stamm überlebens- und konkurrenzfähig?
  • Wie wirkt sich die Freisetzung auf die endogene Rhizobien-Population aus?

Zusammenfassung

Versuche im Labor und Gewächshaus: Bereits während der Knospenbildung werden Rhizobien aus den Knöllchen der Erbsenpflanzen freigesetzt.

Mischinfektionen in ein und demselben Knöllchen traten nur mit fast identischen Stämmen auf.

Vormonitoring: Die natürliche Rhizobien-Population wird von Standortbedingungen wie Hanglage und landwirtschaftliche Nutzung beeinflusst.

Modell-Freisetzung: Der freigesetzte Stamm etabliert sich an den zwei Standorten unterschiedlich. Ebenso wird die endogene Rhizobien-Population unterschiedlich beeinflusst.

Die ökologischen Auswirkungen dieser Freisetzungen hängen von der vorhergehenden Standortnutzung und der Konkurrenzfähigkeit des Freisetzungsstammes ab.

Versuchsbeschreibung

Abgabe von Rhizobien aus Erbsenknöllchen

Zur Untersuchung der Abgabe von Rhizobien aus den Knöllchen wurden Erbsensamen in Nährlösung mit Rhizobien beimpft. Die Anzahl der Bakterien in Nährlösung und im Knöllchen sowie die Stickstoff-Fixierung wurde während der Wachstumsphase der Erbse, zur Knospenbildung, zur Blüte und zur Hülsenreife untersucht.

Mischinfektion

Erbsensamen wurden mit je einem R. leguminosarum-Stamm sowie mit einem 1:1 Gemisch beider Stämme beimpft und in Nährlösung angezogen. Aus den einzelnen Knöllchen wurden mittels PCR die Stämme identifiziert und quantifiziert. Zusätzlich wurden zwei Stämme getestet, die sich nur in einem Gen unterschieden.

Vormonitoring

Für die Populationsanalyse wurden jeweils Bodenproben entnommen, aufgeschlämmt und Erbsenpflanzen damit beimpft. Die Knöllchen wurden mittels PCR analysiert.

Standort K wird landwirtschaftlich genutzt (ca. 20 ha). Die Bodenproben wurden vor der Feldbestellung entnommen. Parallel wurde auch der Stickstoffgehalt bestimmt.

Standort G ist Teil eines mehrjährig angelegten Trockenrasen- Modellversuchs in einem Talkessel (ca. 7 ha). Der Standort war teilweise einer extremen Gülleeinwirkung ausgesetzt. Über drei Jahre wurden sowohl am Nord- als auch am Südhang sowie im Tal, je begüllt und unbegüllt, Proben entnommen und die Rhizobien-Population analysiert.

Zur physiologischen Charakterisierung der Stammgruppen wurden bei einem Zeitpunkt aus den Knöllchen Reisolate gewonnen, mit denen Erbsenpflanzen beimpft wurden. Die Stickstoff-Fixierung wurde zum Knospenstadium der Erbse gemessen.

Modellfreisetzung

Freigesetzt wurde ein Rhizobienstamm, der durch den Einbau eines Luciferase- und eines Kanamycinresistenz-Gens in das Transposon Tn163 markiert wurde.

Die Stabilität der beiden Gene wurde in dem Stamm sowohl über 20 Generationen als auch nach einer Pflanzenpassage verfolgt.

Standort K: Im Frühjahr wurden Erbsen gedrillt. Das Saatgut wurde der landwirtschaftlichen Praxis entsprechend mit dem Stamm beimpft (100-1000 Rhizobien pro Erbsensamen). Vor der Erbsenblüte wurden an den Probepunkten Pflanzen entnommen und deren Knöllchen analysiert. Zwei Parzellen wurden um den Faktor 1000 stärker, wie am Standort G, beimpft (s.u.).

Standort G: Zur Untersuchung des Einflusses einer massiven Beimpfung wurde der Stamm in den oberen Boden eingearbeitet. Die Anzahl der Bakterien des Stammes wurde direkt nach sowie 5, 44 und 67 Wochen nach der Freisetzung bestimmt.

Ergebnisse

Abgabe von Rhizobien aus Erbsenknöllchen

Die Anzahl der Rhizobien in den Knöllchen korrelierte mit der Stickstoff-Fixierung. Während der Knospenbildung – wenn die Stickstoff-Fixierung abnimmt – werden Rhizobien aus den Knöllchen freigesetzt.

Mischinfektion

Bei Beimpfung mit zwei verschiedenen Stämmen infizierte ein Stamm 92 Prozent der Knöllchen, wobei dieser Knöllchenzahl und Sprosslänge bestimmte. Mischinfektionen der Stämme in ein und demselben Knöllchen traten nur mit den fast identischen Stämmen auf.

Vormonitoring

Am Standort K existieren sieben Stammgruppen, von denen keine dominant war. Bis auf einen Probepunkt war der Stickstoff in dem Feld homogen verteilt.

Am Standort G gab es deutliche Unterschiede der begüllten und nichtbegüllten Flächen im Bewuchs und in den Inhaltsstoffen wie Kalium und Stickstoff.

Je mehr Gülleeinwirkung, desto weniger Rhizobien wurden gefunden und umgekehrt. Mit einer Ausnahme lagen jeweils acht bis neun Stammgruppen vor. Eine Stammgruppe kommt an allen Probenahmepunkten vor. Die Güllewirkung nimmt innerhalb der drei Jahre ab. Die Stammgruppen unterscheiden sich in ihrer Stickstoff-Fixierung. Die höchsten Werte zeigten eine überall und eine über die ganze Zeit auftretende Gruppe. Die beiden Gruppen infizierten über die Hälfte aller untersuchten Knöllchen.

Modellfreisetzung

Beide Gene blieben in dem beobachteten Zeitraum stabil.

Standort K: Der Stamm war gegenüber der endogenen Population kaum konkurrenzfähig (1%). Neben dem freigesetzten Stamm traten elf Stammgruppen auf, von denen fünf eine hohe Ähnlichkeit zu dem Stamm zeigten. Höchstwahrscheinlich handelt es sich hier um Mischinfektionen. Auch bei der massiven Beimpfung wie am Standort G besiedelte der Stamm nur rund fünf Prozent der Knöllchen.

Standort G: An diesem Standort verdrängte der Stamm die endogene Rhizobien-Population nahezu vollständig (90% der Knöllchen mit dem freigesetzten Stamm besiedelt). Die endogenen Rhizobien konnten sich aber unverändert im Boden halten.