Untersuchungen möglicher Auswirkungen gentechnisch veränderter Rhizobien auf die Bodenökologie

(1992 – 1996) GSF – Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit GmbH, Neuherberg; ZALF, Müncheberg; Universität Bielefeld; Universität Erlangen-Nürnberg; TÜV Südwest

Thema

Im ersten Freisetzungsversuch mit gentechnisch veränderten Mikroorganismen in Deutschland wurden transgene Rhizobien freigesetzt, die mit einem Luciferase-Gen markiert waren. Dieses aus Glühwürmchen stammende Gen veranlasst die Bakterien, das Enzym Luciferase zu bilden. Durch den Leuchteffekt können Kolonien der gentechnisch veränderte Rhizobien identifiziert werden.

Rhizobien (Knöllchenbakterien) leben in Symbiose mit Leguminosen. Sie fixieren den Stickstoff aus der Luft, indem sie ihn in eine für die Wirtspflanze verwertbare Form umwandeln.

In diesem Projektverbund sollten folgende Fragen untersucht werden:

  • Welchen Einfluss haben die transgenen Rhizobien auf die Wirtspflanze Luzerne?
  • Überleben die transgenen Rhizobien im Boden im jahreszeitlichen Verlauf?
  • Wie verbreiten sich die Rhizobien im Boden - horizontal oder vertikal?
  • Sind Bodentiere, insbesondere Insekten an der Verbreitung der gentechnisch veränderten Bakterien beteiligt?
  • Gibt es Effekte auf die natürliche Bakterienpopulation im Boden?

Zudem sollten geeigneter Methoden für ein Monitoring der transgenen Bakterien entwickelt werden.

Zusammenfassung

Die Markierung durch das Luciferase-Gen erwies sich unter Freilandbedingungen als gut geeignet, um das Überleben und die Verbreitung freigesetzter Bakterien zu verfolgen.

Einfluss auf die Wirtspflanze: Die transgenen Stämme hatten keinen Einfluss auf die Wirtspflanze.

Überleben: Die transgenen Rhizobien können im Freiland längerfristig überleben.

Ausbreitung im Boden: Es wurde weder eine horizontale noch eine vertikale Ausbreitung der transgenen Rhizobien beobachtet.

Verbreitung durch Bodentiere: Die Rhizobien können durch Bodeninsekten aufgenommen und möglicherweise verbreitet werden.

Einfluss auf die natürliche Bakterienpopulation: Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine Beimpfung zu einer höheren Bakterienvielfalt im Rhizosphärenbereich der Luzerne führt.

Versuchsbeschreibung und Ergebnisse

Es wurden zwei transgene Rhizobium meliloti-Stämme (RecA+ und RecA–) freigesetzt, die das Luciferase-Gen als Marker enthielten. Bei dem RecA– Stamm ist das luc-Gen in ein Rekombinations-Gen (recA) eingebaut, wodurch dieser Stamm rekombinationsdefekt ist. Dadurch wird die natürliche Reparatur von Gen- Mutationen unterbunden.

Schematischer Aufbau der Bodensäulen (Lysimeter)

Die transgenen Rhizobien wurden sowohl in Bodensäulen (sogenannten Lysimetern) als auch direkt im Freiland freigesetzt. Die Lysimeter wurden mit zwei verschiedenen Böden (Parabraunerde und Niedermoortorf) befüllt. Es wurden Luzerne-Samen eingesät und mit den Rhizobien-Stämmen bzw. einem nicht-transgenen Kontrollstamm beimpft. Die Lysimeter wurden sowohl im Gewächshaus als auch im Freiland aufgestellt und untersucht (s. Abb.).

Außerdem wurden die Rhizobien auch direkt im Freiland auf mit Luzerne bepflanzten Parzellen von 3 x 3 Metern freigesetzt.

Einfluss auf die Wirtspflanze

Nach der Blüte und nach Ende des Versuchs wurde das Trockengewicht der Luzernepflanzen bestimmt.

Die Pflanzen entwickelten sich besser in Parabraunerde als in Niedermoortorf. Es gab keinen Einfluss der transgenen Rhizobien.

Überleben im Freiland

Die Anzahl der transgenen Rhizobien wurde in Bodenproben aus Gewächshaus und Freiland zu verschiedenen Zeitpunkten nach der Freisetzung analysiert (Biolumineszenztest und PCR). Die Bestimmung erfolgte zum einen direkt aus den Bodenproben und zum anderen über den Einsatz von Sondenpflanzen (Erbse bzw. Luzerne), die bei Anwesenheit von Rhizobien Wurzelknöllchen ausbilden.

Sowohl im Gewächshaus als auch im Freiland nahmen die transgenen Bakterien in den ersten ein bis zwei Wochen nach der Beimpfung deutlich ab (um ein bis zwei Zehnerpotenzen). Dabei war die Abnahme im Parzellenversuch deutlich höher als in den Lysimetern. Ein Jahr nach der Freisetzung waren noch ein Prozent der Bakterien in den Parzellen nachweisbar.

Ausbreitung im Boden

Zur Untersuchung der Verbreitung der Rhizobien in horizontaler Richtung wurden Pflanzboxen (s. Abb.) mit beiden Böden gefüllt. Die mit Luzerne bepflanzten Boxen waren durch Membrantaschen in Streifen geteilt. In die zentrale Membrantasche wurden die transgenen Rhizobien gesetzt. Im Abstand von fünf Tagen wurden alle Streifen durch Luciferasetest auf das Vorhandensein von transgenen Rhizobien überprüft.

Pflanzbox

Im Freiland wurden Luftkeimplatten im Abstand von 0,2- 2,2 Metern von den Bodensäulen bzw. Parzellen entfernt aufgestellt. Außerdem wurden Bodenproben in unterschiedlichem Abstand zu den Versuchsflächen auf die Anzahl der Rhizobien untersucht.

Bodenproben aus einer Tiefe von bis zu 65 Zentimetern sollten Aufschluss über eine mögliche vertikale Verschiebung der Rhizobien im Freiland geben.

In den Pflanzboxen zeigte sich nur eine minimale Verbreitung der Rhizobien in die angrenzenden Streifen. Es wurden weder Unterschiede zwischen den Bodenarten noch zwischen den beiden Rhizobienstämmen festgestellt.

Auf den Keimplatten wurden nur in einer Entfernung bis zu 20 Zentimetern von den Bodensäulen transgene Rhizobien nachgewiesen. In den Bodenproben wurden nach vier Monaten nur in fünf Zentimeter Abstand noch geringe Mengen detektiert. Diese sind möglicherweise während der Ausbringung dorthin gelangt

In Tiefenproben konnten die Rhizobienstämme – vermutlich verursacht durch ein Verschmieren bei der Probenahme – nur vereinzelt nachgewiesen werden.

Verbreitung durch Bodentiere

Bodeninsekten wurden aus den Freilandparzellen gesammelt und deren Darminhalt auf die transgenen Rhizobien getestet.

Die Aufnahme von Bakterien durch Insekten konnte bei bakterienfressenden Springschwänzen (Collembolen) sowie in Einzelfällen bei einer Larve und einem Laufkäfer (Loricera) gezeigt werden. Daher ist mit einer Verbreitung der Transgene durch Insekten zu rechnen.

Einfluss auf die natürliche (endogene) Bakterienpopulation

1200 kultivierbare Mikroorganismen aus dem Wurzelbereich der Luzerne wurden mittels gentechnischer Fingerprint-Techniken (ARDRA) identifiziert, Gruppen zugeordnet und auf eventuelle Verschiebungen durch die Freisetzung hin untersucht.

Zur Untersuchung der endogenen Rhizobien-Population und eines möglichen Einflusses auf diese durch die Freisetzung wurden Sondenpflanzen auf Bodenproben der Freilandversuche angezogen. Aus den gebildeten Knöllchen wurde Bakterien-DNA isoliert, mittels verschiedener Fingerprint-Verfahren identifiziert und die Stämme in Gruppen eingeteilt. Die relativen Häufigkeiten der einzelnen Gruppen aus Bodenproben verschiedener Entnahmezeitpunkte wurden miteinander verglichen.

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Freisetzung im Vergleich zu unbeimpften Kontrollflächen eine Erhöhung der Bakterienvielfalt im Rhizosphärenbereich der Luzerne bewirkt. Es wurde kein Einfluss der Freisetzung auf die endogene Rhizobien-Population gefunden. Die aufgetretenen Schwankungen lagen innerhalb des Bereichs der natürlicherweise innerhalb einer Population vorkommenden Schwankungen.