Mögliche Auswirkungen des Anbaus von transgenem Raps

(2000 – 2004) Technische Universität München, Wissenschaftszentrum Weihenstephan (WZW), Lehrstuhl für Vegetationsökologie, Freising – Weihenstephan

Thema

Zur Erfassung der Auswirkungen des Anbaus von transgenem Raps auf die Umwelt wurde den folgenden Fragestellungen nachgegangen:

  • Wie lange muss nach dem Anbau von transgenem Raps noch mit lebensfähigen Samen im Boden gerechnet werden? (Persistenz)
  • In welchen Entfernungen können noch Auskreuzungen zwischen verschiedenen Rapspflanzen nachgewiesen werden?
  • Werden Populationen von Capsella bursa-pastoris (Hirtentäschelkraut) durch die veränderte Bewirtschaftung beim Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen beeinflusst?

Zusammenfassung

Bei transgenen Rapssorten kann – wie bei konventionellen Sorten – mit einer schnellen Abnahme des Samenvorrats im Boden gerechnet werden. Die flache, nicht-wendende Bodenbearbeitung (Striegeln) scheint besonders geeignet, das Auskeimen ausgefallener Samen (Auflaufen) zu fördern und die Entstehung großer Samenvorräte im Boden zu verhindern. Bei ungünstigen Bedingungen um die Erntezeit kann es zur Ausbildung großer Samenvorräte im Boden kommen. Eine sachgerechte Bodenbearbeitung ist dann besonders wichtig, um Durchwuchsraps in der Folgefrucht auf ein Minimum zu reduzieren.

Auskreuzungen in benachbarte Rapsfelder liegen für gewöhnlich bereits nach kurzer Distanz unter dem Kennzeichnungsschwellenwert von 0,9 Prozent. Geringere Auskreuzungsraten konnten aber bis in 26 Meter Entfernung von der Quelle nachgewiesen werden.

Die Diversität von Hirtentäschelpopulationen hängt stark von der Häufigkeit der Bodenbearbeitung ab und damit nur indirekt von den angebauten Rapssorten.

Versuchsbeschreibung

Persistenz. Die Untersuchungen zur Persitenz umfassten zwei Teile. Zum einen wurde auf dem Versuchsgut Roggenstein bei Fürstenfeldbruck ein Parzellenversuch mit verschiedenen Bodenbearbeitungsverfahren und Rapssorten eingerichtet, zum anderen wurde an zehn ehemaligen Freisetzungsstandorten in Süddeutschland geprüft, inwieweit sich mehrere Jahre nach dem Anbau transgener Linien von Raps noch entsprechende Samen im Boden finden.

Besonderes Augenmerk wurde auf praxisübliche Bodenbearbeitungen gelegt, um natürliche Einflüsse wie Keimreize durch die Bodenbehandlung oder Fraß mit zu berücksichtigen.

Nach Ausbringen der Samen im August 2001 wurde der Boden 2002 und 2003 jeweils im Frühjahr und im Herbst bearbeitet. Es wurden drei praxisübliche Bodenbearbeitungsmethoden untersucht: Pflug, Grubber (der Boden wird tief aufgelockert, aber nicht gewendet) und Striegel (der Boden wird nur oberflächlich aufgelockert). Es wurden Samen von zwei transgenen Rapssorten und Samen der nicht-transgenen Ausgangslinien verwendet. Es wurden 5000 Samen pro Quadratmeter ausgebracht. Dies entspricht der Menge an Samen, die bei der Ernte normalerweise mindestens verloren geht und in den Boden gelangt (zum Vergleich: Aussaatmenge ca. 60-70 Samen).

Von den ehemaligen Freisetzungsstandorten wurden 2001 bis 2003 jährlich Bodenproben von zehn ehemaligen Raps-Freisetzungsflächen an fünf Standorten auf ihren Gehalt an transgenen Samen untersucht.

Auskreuzungen. Der Versuch zur Auskreuzung wurde mittels konventionellem, also nicht-transgenem Raps durchgeführt. Dabei wurde Raps als Pollenspender verwendet, der Erucasäure enthält, während als Empfänger Raps mit sehr geringem Erucasäuregehalt verwendet wurde. Nur bei Bestäubung durch den erucasäurehaltigen Raps enthalten die Samen des Empfänger-Rapses mehr Erucasäure. Die Menge und Verteilung der Auskreuzungen im Empfängerfeld wird durch gaschromatographische Untersuchungen der Samen nachgewiesen.

Hirtentäschelkraut ist ein typisches Unkraut in Rapsfeldern. Es wurden Populationen von Hirtentäschelkraut von unterschiedlichen Standorten verglichen (ruderale Standorte, transgene Rapsparzellen mit und ohne Herbizidbehandlung, Rapsfelder mit konventioneller Behandlung). Es wurde die genetische und morphologische Diversität der Populationen erfasst.

Ergebnisse

Persistenz. Es gab keine signifikanten Unterschiede in der Überdauerung zwischen den transgenen und den nicht-transgenen Sorten.

Bei allen drei Bodenbearbeitungsmethoden nahm die ausgebrachte Samenmenge schnell ab und lag in den meisten Parzellen nach 25 Monaten unterhalb der Nachweisgrenze. Lediglich bei der Pflugbearbeitung konnten noch lebensfähige Samen überdauern.

Die Auflaufrate wurde entsprechend durch die Bodenbearbeitung beeinflusst. Nach der ersten Bodenbearbeitung (Februar 2002) keimte nach Pflügen nur ein Prozent der im Boden liegenden Samen, während bei der Striegel-Variante bereits 56-57 Prozent der Samen keimten. Bei Bearbeitung durch den Grubber lag der Wert zwischen 30 und 34 Prozent. Nach der letzten Bodenbearbeitung war kein Auflauf mehr nachweisbar.

Trotz der angepassten landwirtschaftlichen Bearbeitung der ehemaligen Freisetzungsstandorte, d.h. nach der Ernte wurde mindestens drei Wochen gewartet, bevor eine Bodenbearbeitung stattfand, um möglichst viele Ausfallsamen zur Keimung anzuregen, wurden auf zwei Standorten große und persistente Samenbanken gefunden (416 Samen / m² bzw. 662 Samen / m²). Auf beiden Standorten verursachte ein Schlechtwetter-Ereignis den Eintrag von größeren Samenmengen in den Boden (Hagelschlag, Verhinderung der zeitgerechten Ernte durch eine Regenperiode). Ob durch solche Ereignisse beim Anbau von konventionellem Raps in der Fruchtfolge der 0,9 Prozent Kennzeichnungsschwellenwert im Erntegut überschritten werden kann, bedarf der Klärung.

Auskreuzungen. Die Auskreuzungen lagen, mit Ausnahme direkt zum Spenderfeld benachbarter Pflanzen (Abstand bis zwei Meter), unter dem Kennzeichnungsschwellenwert von 0,9 Prozent. Im ersten Versuchsjahr (2002) war eine deutliche Abhängigkeit der Auskreuzungsraten von der Hauptwindrichtung zu erkennen, die im zweiten Versuchsjahr nicht nachweisbar war. Zudem waren in 2003 Auskreuzungen in allen vier Himmelsrichtungen und in deutlich größerer Entfernung nachgewiesen worden (bis 26 Meter). Dies hängt vermutlich mit der ausgesprochenen Schönwetterlage zur Blütezeit 2003 zusammen. Für zukünftige Risikoeinschätzungen sind daher mehrere Jahre mit unterschiedlichen Witterungsbedingungen zu berücksichtigen.

Hirtentäschelkraut. Zwischen den verschiedenen Populationen gab es Unterschiede in Merkmalen wie Blühzeitpunkt, Höhe und Stängeldurchmesser. So blühen etwa die Pflanzen intensiv genutzter Flächen später gegenüber Pflanzen von ruderalen Standorten. Ob diese Merkmale genetisch festgelegt sind, wird derzeit noch molekulargenetisch untersucht.

Sowohl die morphologische als auch die genetische Diversität waren für Populationen von ruderalen Standorten geringer als für Populationen von Äckern. Hier spiegelt sich vermutlich die regelmäßigere Bodenbearbeitung der Äcker wieder, die es mehr Samen ermöglicht, günstige Keimbedingungen zu finden; dadurch kann sich eine größere Zahl unterschiedlicher Genotypen etablieren. Auf den Acker-Standorten konnte ein Einfluss der unterschiedlichen Bewirtschaftung auf die Diversität festgestellt werden. Dieser hängt nicht direkt mit den angepflanzten transgenen bzw. nicht-transgenen Rapspflanzen zusammen, sondern indirekt mit der davon abhängigen Bewirtschaftung.