GenEERA III – Modellrechnungen zur Ausbreitung von Raps-Transgenen auf Landschaftsebene - Regionalstudie Schleswig-Holstein

(2002 – 2004) Christian-Albrechts Universität zu Kiel, Ökologie-Zentrum

Thema

Im Mittelpunkt des Projektes standen Simulationen zur Ausbreitung und Überdauerung von Raps-Transgenen, deren Ergebnisse im Landschaftsmaßstab abgebildet wurden. Die den Simulationen zugrunde liegenden Rechenmodelle arbeiteten auf der Basis verschiedener Annahmen. So wurde u.a. berücksichtigt:

  • Verschiedene Intensitäten des landwirtschaftlichen Anbaus gentechnisch veränderter Rapssorten und·
  • Die räumliche Variation der Faktoren Klima, Anbaudichte und Fruchtfolgen, Raumstruktur und Wildrapsvorkommen.

Als Ergebnisse wurden Übersichtskarten vorgelegt, die Häufigkeiten von Transgenen im Erntegut sowie im Samenvorrat des Bodens abbilden und mögliche Auskreuzungsereignisse zwischen transgenem Raps und seinen Kreuzungspartnern flächendeckend darstellen.

Das Projekt gehört zum Forschungsverbund GenEERA (Generische Erfassungs- und Extrapolationsmethoden der Raps-Ausbreitung) und erarbeitete aufbauend auf den Ergebnissen einzelner Teilprojekte des Verbundes methodische Ansätze für die Beschreibung der Ausbreitungsdynamik auf größere Raumeinheiten („Up-scaling“).

Zusammenfassung

Ziel war es, vor einem großflächigen Anbau von gentechnisch verändertem (gv)-Raps Vorhersagen zur Ausbreitung und Überdauerung von Transgenen in der Landschaft machen zu können. Im Rahmen dieses Projektes wurden hierzu umfangreiche Raumdatensätze generiert auf deren Basis großflächige Modellrechnungen zur Ausbreitungsdynamik von Raps durchgeführt wurden. Zur Frage der Koexistenz des Anbaus von gv-Raps und konventionellem Raps weisen die Ergebnisse der Modellierungen darauf hin, dass:

  • Isolationsabstände zwischen gv-Raps und konventionellen Schlägen notwendig sind,
  • die konventionelle Rapssaatgutproduktion z.B. in Schleswig-Holstein systematisch betroffen ist,
  • ein einmaliger gv-Rapsanbau den nachfolgenden konventionellen Rapsanbau für ungefähr zehn Jahre ausschließen kann.

Daraus lässt sich für Schleswig-Holstein ableiten, dass für die Kulturart Raps eine regionale Trennung von gv- und gv-freier Rapsproduktion anzustreben ist. Insgesamt wurden Methoden entwickelt, mit denen die Relevanz lokaler Einzelbefunde auf der regionalen Ebene abgeschätzt werden kann. Auch stehen jetzt neue Methoden für weitere Arbeitsfelder auf dem Gebiet des Naturschutzes, des GVO-Monitorings, der Wirkungsanalysen und Kosten-Nutzenabschätzung des gv-Anbaus zur Verfügung.

Versuchsbeschreibung

Die Zielsetzung des Forschungsvorhabens bestand darin, das im Rahmen des Verbundes entwickelte methodische Instrumentarium anzuwenden, um das Ausbreitungsverhalten von Raps für große Areale vorherzusagen. Ein Schwerpunkt der Regionalstudie Schleswig-Holstein (SH) lag darauf, die verfügbaren Raumdaten so aufzubereiten, dass kleinräumige Modellergebnisse 1:1 übertragen werden können.

So wurde unter Verwendung von Satellitendaten eine Datenbasis erzeugt, die mittlere Einzelschläge flächendeckend für ganz Schleswig-Holstein abbildet. Unter Abgleich einer Kombination von Expertenwissen, Landnutzungsdaten (statistisches Landesamt) und Satellitenbildern wurde jedem Einzelschlag über mehrere Jahre eine Flächennutzung zugewiesen, die eine hohe prinzipielle Übereinstimmung mit der Realität aufweist. Hierbei wurden auch betriebsspezifische Aspekte berücksichtigt. Mit Hilfe dieser Datenbasis konnten modellierte Ergebnisspektren sehr spezifisch entsprechend der lokal gegebenen Anbaustruktur in die Fläche übertragen werden. Entsprechend kann für die flächendeckenden Vorhersagen zu Ausbreitung und Überdauerung von Transgenen in kommerziellem Raps-Anbau ein hoher lokaler Detaillierungsgrad erwartet werden.

Ergebnisse

Mit der hier verwendeten Methodik ist es möglich, die Ausbreitung von Raps-Transgenen großräumig abzuschätzen, bevor gentechnisch veränderter Raps tatsächlich zum Einsatz kommt. Auf der Basis vorgegebener Raumnutzungsdaten kann das Modell die Ausbreitung von Raps-Transgenen über kleinräumige Ereignisse bis hin zu flächenhaften Ereignissen quantifizieren. Allerdings kann die Vorhersagegenauigkeit nur so gut sein, wie es die Qualität der vorhandenen Datenquellen erlaubt.

Auswirkungen von GVO-Anbau auf benachbarten konventionellen Anbau

Die Wirkung von GVO-Einträgen in einen benachbarten konventionellen Rapsschlag verringert sich mit zunehmender Größe desselben. Die Ergebnisse weisen auf Grund von natürlich variierenden Fremdbefruchtungsraten und räumlichen Konstellationen eine erhebliche Schwankungsbreite auf. Bei konventionellen Rapsschlägen, die deutlich größer als 25 Hektar sind, kann mit einiger Sicherheit ausgeschlossen werden, dass der Schwellenwert zur Kennzeichnungspflicht von 0,9 Prozent überschritten wird. Für die Größenklassen bis fünf Hektar, fünf bis zehn Hektar, zehn bis 15 Hektar und 15 bis 20 Hektar wird mit abnehmender Häufigkeit der Grenzwert überschritten. Da in Schleswig-Holstein ca. 97 Prozent der Schläge kleiner als zehn Hektar sind und es hier deshalb zu Überschreitungen des Schwellenwertes kommen kann, bedeutet dies, dass für fast alle Rapsschläge Anbauabsprachen zu treffen oder Isolationszonen einzurichten sind. Diese Aussagen treffen nur für einen einmaligen benachbarten GVO-Anbau zu. Es wird vermutet, dass sich die GVO-Anteile über unbeabsichtigte GVO-Beimengungen im konventionellen Saatgut und über die Jahre akkumulieren können.

GVO-Einträge durch Pollenferntransport

Auch bei Einhaltung von Isolationsabständen zwischen gv- und konventionellem Rapsanbau würde es in Schleswig-Holstein zu geringen, aber fast flächendeckenden GVO-Einträgen kommen. Bei Anteilen von zehn bzw. 50 Prozent gv-Rapsanbau könnte nach den Modellrechnungen davon ausgegangen werden, dass GVO-Einträge bis zu 0,1 Prozent in konventionellem Rapserntegut zu erwarten sind.

Eintragssituation für gv-Rapspollen unter Annahme eines gv-Rapsanteils von 50 %

Anteil der konventionellen Ernten (%) mit mehr als 0,9% gv-Rapssamen in den Jahren nach einmaligem gv-Rapsanbau. Die Modellrechnung bezieht sich auf 354 2-gliedrige, 163 3-gliedrige und 148 4-gliedrige Rapsfruchtfolgen im Kreis Seegeberg.

Vertikal: Anteil der konventionellen Ernten (%) mit mehr als 0,9% gv-Rapssamen

Horizontal: Simulationszeit (Jahre nach gv-Rapsanbau)

Dies hat insbesondere weit reichende Folgen für die Produktion von konventionellem Rapssaatgut in Schleswig-Holstein. Da es sich hier derzeit zu 75 Prozent um Hybridsaatgut handelt, das in der Produktion gegenüber konventionellem Rapssaatgut erheblich erhöhte Einkreuzungsraten aufweist, kann davon ausgegangen werden, dass in Schleswig-Holstein produziertes Saatgut systematisch mit gv-Saatgut vermischt sein würde.

GVO-Einträge in den konventionellen Anbau sind bei Einhaltung eines Abstandes von z.B. einer Schlagbreite zum gv-Rapsanbau entsprechend über Saatgut, Polleneinträge aus entferntem gv-Anbau und über Samenverluste an Straßenrändern zu erwarten. Unter der Annahme, dass der Anteil von gv-Rapsanbau langfristig 50 Prozent nicht überschreitet und der GVO-Anteil im konventionellen Saatgut bis 0,3 Prozent zulässig ist, zeigen die Modellrechnungen, dass auch in intensiven Rapsanbauregionen Schleswig-Holsteins der Kennzeichnungsgrenzwert von 0,9 Prozent nur in den Ernten von wenigen konventionellen Rapsschlägen (bis 0,5 Prozent) überschritten wird. Dieser Anteil nimmt nach den Modellberechnungen über die Jahre langsam aber stetig zu (Akkumulationsrate von 0,035 Prozent in zehn Jahren).

Auswirkungen eines einmaligen Anbaus von gv-Raps

Die Modellrechnungen belegen, dass mehr als die Hälfte der Schläge noch bis acht Jahre nach einem einmaligen gv-Rapsanbau kennzeichnungspflichtige Anteile im Erntegut aufweisen, da die Rapssamen überdauerungsfähig sind. Hohe Durchwuchsraten könnten in den ersten fünf Jahren nach GVO-Anbau noch Auskreuzungsraten in benachbarte Rapsschläge verursachen.

Fazit für den Rapsanbau in Schleswig Holstein

Der Anbau von gv-Raps sollte in SH nur unter Einhaltung von Isolationsabständen (z.B. eine Schlagbreite) stattfinden. Wenn eine regionale Trennung zwischen gv- und konventionellem Rapsanbau nicht stattfindet, würde auch bei Einhaltung solcher Abstände das in SH produzierte konventionelle Saatgut systematische GVO-Beimengungen enthalten.

Bei einem gv-Rapsanteil von z.B. 50 Prozent würden in konventionellen Rapsernten im Mittel GVO-Anteile zwischen 0,3 und 0,5 Prozent zu erwarten sein. Aufgrund der Überdauerungsfähigkeit des Rapssamens müsste für die betriebseigene Planung und bei der Verpachtung von Flächen beachtet werden, dass ein einmaliger GVO-Anbau eine konventionelle Rapsnutzung für mehr als zehn Jahre ausschließen kann.

Ausblick: Nutzung der Modellrechnungen für den praktischen Anbau

Die Möglichkeit, im Modell sehr flexibel vielfältige Situationen und Variationen annähernd wirklichkeitsgetreu abbilden zu können, spielt für die Quantifizierung von bestimmten Ereignissen eine große Rolle. Die Methodik kann angewendet werden für

  • die Planung eines GVO-Monitorings oder zur Untersuchung von seltenen Ereignissen, die z.B. an hohe lokale Intensitäten gekoppelt sind.
  • eine ganzheitliche Abschätzung der zu erwartenden Wirkungen. Hierzu müssten die methodischen Ansätze hinsichtlich der Einbeziehung von GVO-spezifischen Wirkungen oder der Abbildung von Transport-, Vermarktungswegen sowie der Erweiterung um weitere Fruchtarten (Kartoffeln, Zuckerrüben, Mais) erweitert werden.
  • eine Kosten-Nutzen Analyse: Auf dem Weg zur Machbarkeit von Koexistenz ist ein zentraler Aspekt die Kosten-Nutzen-Analyse des GVO-Anbaus. Mit Hilfe der vorgestellten Modellansätze kann die Effizienz verschiedener Lösungsansätze, sei es für einzelne Betriebe sei es für regionale Verbünde, berechnet werden. Dies kann dazu beitragen, die direkten Kosten der Koexistenz zu ermitteln.

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