Verbundprojekt: Freisetzungsbegleitende Sicherheitsforschung an gentechnisch veränderten Pflanzen

(1993 – 1996) Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft (BBA) (seit 2008 Julius Kühn-Institut (JKI)), Braunschweig

Thema

Im Verbundprojekt Freisetzungsbegleitende Sicherheitsforschung an gentechnisch veränderten Pflanzen forschten mehrere Arbeitsgruppen an verschiedenen Schwerpunktthemen:

Entstehung neuer Viren (Prof. Dr. R. König, Prof. Dr. E. Maiß)

Transgene Pflanzen, die ein modifiziertes Virus-Hüllprotein zur Vermittlung einer Virusresistenz ausbilden, sollten auf die Möglichkeit der Entstehung neuer Pflanzenviren hin untersucht werden.

Überdauerung von Agrobakterien (Dr. J. Schiemann) und Auskreuzungen (Dr. A. Dietz-Pfeilstetter)

Bei der gentechnischen Veränderung werden Transgene häufig mit Hilfe von Agrobakterien in die Pflanze eingeschleust. Hier sollte der Frage nachgegangen werden, ob diese Bakterien in der transgenen Pflanze überdauern. Kulturrüben kreuzen mit Wild- und Kulturverwandten aus. Dabei werden auch die Transgene mit übertragen. Die Hybriden sollen genetisch und molekularbiologisch näher untersucht werden.

Auswirkungen von Fremdgen-Expressionen in transgenen Pflanzen auf Mikroorganismen (Prof. Dr. K. Smalla, Dr. Frank Niepold, Dr. H. Backhaus)

Am Beispiel transgener Pflanzen mit erhöhter Resistenz gegenüber pilzlichen und bakteriellen Schaderregern sollte der Frage nachgegangen werden, ob die gentechnisch vermittelte Resistenz auch Auswirkungen auf Bodenorganismen und weitere pflanzliche pathogene Mikroorganismen zeigt. Insbesondere sollte untersucht werden, ob sich die Anfälligkeit der transgenen Pflanzen gegenüber Nicht-Zielorganismen unerwartet verändert.

Zusammenfassung

Entstehung neuer Viren. Sofern eine Ähnlichkeit im Aufbau der Hüllproteine vorliegt, können Transkapsidierungen auftreten. Eine virale Rekombination konnte dagegen nicht eindeutig nachgewiesen werden.

Auftreten von Agrobakterien. In transgenen Pflanzen konnten keine funktionsfähigen Agrobakterien nachgewiesen werden.

Auskreuzung. Bei den Auskreuzungsnachkommen von transgenen Zuckerrüben und Wildrüben wurden erwartungsgemäß auch die Genprodukte der Transgene detektiert.

Anfälligkeit transgener Pflanzen gegenüber pathogenen Mikroorganismen. Die gezielte gentechnische Veränderung von Kartoffelpflanzen gegenüber bestimmten bakteriellen Schaderregern hatte keine weiteren Auswirkungen auf die Anfälligkeit gegenüber ausgewählten Nichtzielorganismen. Es wurden geeignete Analysemethoden zur Bestimmung der pflanzenassoziierten Mikroorganismen-Gemeinschaften entwickelt, die empfindlich genug sind, ökologische relevante Abweichungen zu ermitteln.

Einige Forschungsprojekte wurden nach Ablauf der ersten Förderperiode weitergeführt.

Versuchsbeschreibung

Entstehung neuer Viren

Transkapsidierung bei transgenen Pflanzen. Zur Vermittlung einer Resistenz gegenüber Viren wurde in Zuckerrüben und Tabak ein modifiziertes Gen für virales Hüllprotein eingeschleust. Es sollte geprüft werden, ob es in der Pflanze nach Infektion (Befall) mit anderen Viren zum Austausch von Hüllproteinen kommt, also eine Vermischung zwischen dem von der Pflanze produzierten (transgenen) Hüllprotein und solchen der infizierenden Viren eintritt. Die Tests wurden an Blättern und Wurzeln von Zuckerrüben aus Freiland- und Gewächshausversuchen und an Gewächshaus-Tabak durchgeführt.

Transkapsidierung an nicht-transgenen Pflanzen. Infizieren verschiedene Virusarten eine Pflanze (Mischinfektion), so kann es zum Austausch der Virushüllen kommen. Dieser Vorgang ist jedoch von der jeweiligen Virus- und Pflanzenart abhängig. Es wurde der Frage nachgegangen, ob dieser Vorgang auch mit den im Versuch verwendeten Virenarten an nicht transgenen Tabakpflanzen stattfindet.

Blattlausübertragung. Da Blattläuse Virusüberträger sein können, wurde überprüft, ob die transgenen Viruspartikel über Blattläuse auf andere Pflanzen übertragen werden.

Virale Rekombination. Der Prozess der viralen Rekombination, also des Austausches genomischer Sequenzen zwischen der transgenen virusresistenten Pflanze einerseits und infizierenden Viren andererseits, wurde an Marienkraut (Chenopodium foetidum) und Tabakpflanzen näher untersucht.

Überdauerung von Agrobakterien und Auskreuzungen

Agrobakterien. Proben transgener Zuckerrüben und Kartoffelpflanzen aus Freiland und Gewächshaus wurden durch mikrobiologische, immunologische und molekulare Identifizierungsmethoden auf das Vorkommen von Agrobakterien hin überprüft.

Auskreuzung. Anhand von Kreuzungen zwischen transgenen (virusresistenten und herbizidresistenten) Zuckerrüben mit Wildtyparten sollten Ausmaß und Folgen einer Auskreuzung untersucht werden. Die Kreuzungsprodukte wurden molekularbiologisch analysiert.

Auswirkung auf Mikroorganismen

Auswirkungen transgener T4-Lysozym-Kartoffeln auf pflanzenassoziierte Mikroorganismen. Transgene T4-Lysozym-Kartoffeln besitzen eine Resistenz gegenüber den bakteriellen Erregern der Kartoffelkrankheiten Knollennassfäule und Schwarzbeinigkeit. Mit diesen Kartoffelpflanzen sollten modellhaft Auswirkungen auf die mikrobiellen Gemeinschaften im Boden untersucht werden. In einem ersten Schritt mussten entsprechende Analysemethoden etabliert werden.

Anfälligkeit transgener Pflanzen gegenüber pathogenen Mikroorganismen. Am Beispiel transgener Kartoffel-Linien (erhöhter Stärkegehalt einerseits und größere Knollenbildung andererseits) wurden im Freiland mögliche Auswirkungen gegenüber pflanzenpathogenen Mikroorganismen geprüft.

Ergebnisse

Entstehung neuer Pflanzenviren

Transkapsidierung. Bei Mischinfektion einer Pflanze mit verschiedenen Viren können unter natürlichen Bedingungen Viruspartikel entstehen, die aus Hüllproteinen unterschiedlicher Viren zusammengesetzt sind. Auch von transgenen Pflanzen produzierte modifizierte Hüllproteine können bei der Entstehung neuer Viruspartikel eingebaut werden, sofern eine Ähnlichkeit im Aufbau der Hüllproteine vorliegt. So integrierten alle untersuchten Potyviren ein modifiziertes Hüllprotein aus transgenen Tabakpflanzen. In diese Tabakpflanzen wurden zuvor virale Gensequenzen aus einem Potyvirus übertragen.

Blattlausübertragung. Über Blattläuse wurden keine Viruspartikel aus der transgenen Pflanze auf Kontrollpflanzen übertragen.

Virale Rekombination. Eine Rekombination zwischen transgenen viralen Gensequenzen und Gensequenzen infizierender Viren konnte nicht eindeutig nachgewiesen werden.

Überdauerung von Agrobakterien und Auskreuzungen

Agrobakterien, die ursprünglich für die Genübertragung eingesetzt wurden, konnten weder in vegetativ noch in durch Samen vermehrten transgenen Pflanzen nachgewiesen werden.

In Kreuzungsprodukten aus transgenen Zuckerrüben und Wildrüben konnten die beiden Transgene für Virus- und Herbizidresistenz nachgewiesen werden. Im Expressionsniveau unterschieden sie sich nicht wesentlich von den transgenen Zuckerrüben. In Einzelfällen wurde das Virusresistenzgen in Blättern der Hybriden schwächer exprimiert.

Auswirkung auf Mikroorganismen

Auswirkungen transgener T4-Lysozym-Kartoffeln auf pflanzenassoziierte Mikroorganismen. Es wurden Methoden zur Bestimmung der kartoffelassoziierten Mikroorganismen-Gemeinschaften etabliert, die empfindlich genug sind, um ökologische relevante Abweichungen zu ermitteln.

Anfälligkeit transgener Pflanzen gegenüber pathogenen Mikroorganismen. Die entwickelte Nachweismethode über PCR erlaubt das Auffinden von Mikroorganismen, die mit herkömmlichen Methoden nur schwer nachzuweisen sind.

Vergleich von Testverfahren zur Analyse mikrobieller Gemeinschaften. Die Analyse von Bakterienextraktionen aus unterschiedlich behandelten Böden bestätigte die Eignung des BIOLOG-Systems (Bestimmung der Stoffwechselaktivitäten von Mikroorganismen), um funktionelle Unterschiede zwischen den mikrobiellen Populationen zu erfassen.

Die Temperatur-Gradienten-Gel-Elektrophorese (TGGE) ist geeignet, um aussagekräftige „Fingerabdrücke“ komplexer Mikroorganismen-Populationen zu erstellen.

Auch eine Analyse der ribosomalenRNA der Mikroorganismen stellt eine Alternative zur herkömmlichen DNA-Isolierung dar.