Ideen für den Unterricht

Sicherheitsforschung zu Bt-Mais: Unerwünschte Wirkung auf Nicht-Zielorganismen?

Ziele

  • Zentrale Themen der Sicherheitsforschung zu Auswirkungen von Bt-Mais auf Nicht-Zielorganismen kennenlernen
  • Zulassungspraxis Bt-Mais und Kriterien der Risikoeinschätzung durch die Behörden kennenlernen

  • den Schülern die große Komplexität bewusst machen, die den Fragestellungen der Grünen Gentechnik und insbesondere ihren Auswirkungen auf das Ökosystem anhaftet

Kursstufe Fach Umfang Voraussetzungen
GK, LK Biologie ca. 2 U-stunden zur Vertiefung


Vorbemerkung

Gentechnisch veränderter Bt-Mais produziert in Folge eines neu eingeführten Gens aus dem Bodenbakterium Bacillus thuringiensis (Bt) ein Protein, das gegen Schädlinge wirksam ist, wenn diese an der Pflanze fressen. Je nach Schädling, werden Gene für unterschiedliche Protein-Varianten übertragen so z.B. gegen den Maiszünsler das Gen Cry1Ab (cry=crystal) oder gegen den Maiswurzelbohrer das Cry3Bb1-Gen.

Ein Vorteil der Bt-Proteine ist ihre Wirkgenauigkeit (Spezifität): nur die jeweiligen Schädlinge werden angegriffen und die Nützlinge werden verschont. Aber stimmt das auch? Eine Vielzahl von Arten lebt direkt oder indirekt vom Mais. Wird Bt-Mais angebaut, könnte sich das über die Nahrungsketten auf einzelne mit dem Zielorganismus verwandte Arten, aber auch auf das Ökosystem und das Gleichgewicht zwischen den Arten auswirken.

Mehrere vom Bundesforschungsministerium (BMBF) geförderte Forschungsprojekte beschäftigten sich damit, ob und wie das in gentechnisch verändertem Mais produzierte Bt-Protein so genannte Nicht-Zielorganismen wie z.B. andere Schmetterlinge, Käfer, Spinnen oder Zikaden schädigen könnte. Bislang konnten die beteiligten deutschen Wissenschaftler keine Effekte nachweisen, die aus ihrer Sicht gegen den Anbau von Bt-Mais am Standort Deutschland sprechen.

Es wurden verschiedene Bt-Mais-Linien untersucht, in der öffentlichen Diskussion geht es aber vor allem um MON810. Diese Maislinie, die zur Bekämpfung des Maiszünslers eingesetzt wird, ist seit 1998 in der EU für den Anbau zugelassen und wurde vom damaligen wissenschaftlichen Ausschuss für Pflanzen als genauso sicher wie konventioneller Mais bewertet. Mehrere EU-Länder wie z.B. Österreich, Griechenland, Ungarn, Frankreich und seit April 2009 auch Deutschland, haben diese EU Zulassung für MON810 außer Kraft gesetzt und nationale Verbote erlassen. Sie berufen sich auf eine sogenannte Schutzklausel, nach der die Mitgliedsstaaten solche Verbote aussprechen können, wenn neue wissenschaftliche Erkenntnisse die bisherige Sicherheitsbewertung in Frage stellen. Diese neuen Erkenntnisse sieht das vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) verfügte Anbauverbot von MON810 in den Ergebnissen von sechs Studien, die die Wirkung von Bt-Mais auf Nicht-Zielorganismen untersuchten.

Anlässlich des Verbots überprüfte die Zentrale Kommission für die Biologische Sicherheit (ZKBS), ein ehrenamtlich tätiges Expertengremium, deren Mitglieder vom BMELV berufen werden, ihre eigene Sicherheitsbewertung zum Anbau von Bt-Mais MON810 aus dem Jahr 2007. Diese Überprüfung ergab, dass keine der zur Bewertung herangezogenen Studien belegt, dass MON810 unter Anbaubedingungen eine Gefährdung für Nicht-Zielorganismen darstellt. Auch betonte die Kommission, dass einige dieser Studien wissenschaftlich von geringer Qualität seien.

Unterrichtsgestaltung

Einstieg

Verschiedene Vorschläge für den Unterrichtseinstieg:

§1 Gentechnikgesetz

Das derzeitig gültige Gentechnikgesetz ist im Februar 2005 in Kraft getreten. Es setzt mehrere EU-Richtlinien in nationales Recht um und gibt für Deutschland einen Handlungsrahmen zwischen Forschungsfreiheit und verantwortungsvoller Begrenzung des Risikos vor. Im ersten Paragraphen nimmt das Gesetz Bezug auf mögliche ökologischer Auswirkungen des Anbaus von gentechnisch veränderten Pflanzen auf Nicht-Zielorganismen. (Kopier- und Folienvorlage S. 1)

Zur Wiederholung des Bt-Konzeptes

Agrarökosystem und Nützlinge

Auf den Feldern unserer Agrarlandschaften leben zahlreiche Arthropodenarten. Diese Insekten und andere Gliedertiere umfassende Gruppe hat in der Nahrungskette eine große ökologische Bedeutung, denn sie stehen untereinander sowie zum Boden, zur Kulturpflanze und zu den Wildkräutern (Unkräuter) in einer Nahrungsbeziehung (trophische Ebene). Besonders bedeutsam ist hierbei das empfindliche Zusammenspiel von Schädlingen und deren natürlichen Gegenspielern, den Nützlingen. (Kopier- und Folienvorlage S. 2)

Erarbeitung

Vor der Freisetzung bzw. vor der Zulassung einer Bt-Pflanze für den kommerziellen Anbau muss überprüft werden, dass damit keine schädlichen Auswirkungen auf Nicht-Zielorganismen verbunden sind. Diese Entscheidung ist für die zuständigen Behörden nicht immer einfach: Einerseits müssen sie in einer angemessenen Frist zu einem Ergebnis kommen, andererseits sind komplexe ökologische Zusammenhänge zu berücksichtigen.

Damit die Wissenschaftler eine Aussage darüber machen können, ob Bt-Mais die Artengemeinschaft im Maisfeld beeinflusst, müssen sie ihre Untersuchungsobjekte sinnvoll auswählen. Dabei spielt eine Rolle, welche Position die betreffende Tiergruppe innerhalb der Nahrungskette hat und auf welchem Weg sie mit Bt-Toxin in Berührung kommt (Kopier- und Folienvorlage S. 3).

Die wissenschaftlichen Ergebnisse auf Grundlage verschiedener ökologischer Fragestellungen dienen den Behörden als Basis für die Risikobewertung von schädlingsresistenten Nutzpflanzen in der Landwirtschaft.

Mit Hilfe der Themensuche auf biosicherheit.de sollen die Schüler die bisher in Forschungsprojekten untersuchten Nicht-Zielorganismen zusammenstellen und dem Wirkungspfad von Bt-Protein zuordnen.

In Gruppenarbeit sollen die Schüler nun jeweils ein möglichst abgeschlossenes Forschungsprojekt zu MON810 bearbeiten und die Ergebnisse in einer Tabelle zusammenfassen (Arbeitsblätter S. 1).

Ergebnissicherung/Diskussion

Die Ergebnisse der Schüler-Arbeitsgruppen werden der Klasse vorgestellt.

Diskutieren Sie in der Klasse, wie die aktuellen Ergebnisse aus wissenschaftlicher Sicht einzuordnen und zu bewerten sind. Dabei ist wichtig darauf hinzuweisen, dass die EU-Zulassungspraxis/-entscheidung letztlich auf dem Kenntnisstand der gesamten internationalen Forschungsgemeinschaft basiert, welcher durch den Antragsteller dokumentiert werden muss. Die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Sicherheitsforschung ist dagegen primär auf Deutschland fokussiert, die Ergebnisse fließen aber in die Bewertung mit ein, sofern sie international relevant sind.

Diskutieren Sie mit den Schülern auch, warum Umweltschutzorganisationen und andere gesellschaftliche Gruppen mit der Entscheidung der Behörden teilweise nicht übereinstimmen und zu einer anderen Risikobewertung kommen. (Arbeitsblätter S. 2)

Am Ende der Unterrichtseinheit sollten die Schüler ihre eigene, persönliche Stellungnahme/Einschätzung abgeben und diese begründen.