Alles Gute aus dem Saft

Forscher testen, ob Orangensaft wirklich weniger gesund ist, als frische Orangen

09.11.2015 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Orangensaft: Erfrischend und gut für die Gesundheit. (Bildquelle: © iStock.com/greenwatermelon)

Orangensaft: Erfrischend und gut für die Gesundheit. (Bildquelle: © iStock.com/greenwatermelon)

In einer Humanstudie stellten Forscher fest, dass Carotinoide aus Orangensaft vom menschlichen Körper besser aufgenommen werden, als aus frischen Orangen.

Fruchtsäfte gelten als gesund – oder doch nicht? Eigentlich müsste der Saft aus Obst ja ähnlich gesund sein wie das Obst selbst. Stattdessen sind Fruchtsäfte aufgrund ihres hohen, natürlichen Fruchtzuckergehaltes etwas in Verruf geraten. Forscher der Universität Hohenheim haben sich den Orangensaft in einer neuen Studie näher angeschaut und festgestellt: Er ist in mancher Hinsicht sogar gesünder als die Frucht selbst.

Fruchtsaft – gesund oder nicht?

Das gesunde an Obst sind die teils hohen Vitaminkonzentrationen und sekundären Pflanzenstoffe wie zum Beispiel Polyphenole. Dazu kommen Ballaststoffe wie Pektine und Mineralstoffe. In den Säften sind in erster Linie Vitamine und Vitaminvorstufen wie das Beta-Carotin sowie Mineralstoffe enthalten. Wertvolle Stoffe wie die Pektine sitzen größtenteils in der Schale und kommen daher im Saft nicht mehr in größeren Mengen vor. Aber der Fruchtzucker bleibt im Saft erhalten. Fruchtsaft darf übrigens nur heißen, was zu 100 Prozent aus dem Saft von Früchten besteht.

Und darum haben Fruchtsäfte keinen so guten Ruf: Isst man einen Apfel, nimmt man neben den im Saft enthaltenen Stoffen zusätzlich auch Ballaststoffe auf. Und die machen satt. Das heißt, man isst in der Regel einen oder zwei Äpfel, bis man genug hat. Beim Saft ist es anders: Hier kann man bequem einen ganzen Liter trinken, ohne satt zu sein. Bei einem Liter Saft nimmt man folglich den Zuckergehalt von mindestens 1,5 Kilo Äpfeln auf. Und nicht nur das: Da die Ballaststoffe fehlen, passiert der Saft den Verdauungstrakt schneller und der Zucker wird noch schneller aufgenommen. Eine Studie aus dem Jahr 2013 kam deshalb zu dem Ergebnis, dass durch den häufigen Verzehr von Fruchtsäften das Risiko von Diabetes-Typ-II deutlich ansteigen kann. Laut Deutscher Gesellschaft für Ernährung kann daher ein Glas Fruchtsaft (200 ml) gelegentlich eine Portion Obst ersetzen, aber nicht täglich. Ansonsten sollte lieber das original Obst gegessen werden.

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Orangen liefern dem Körper Vitamin C und Carotinoide.

Orangen liefern dem Körper Vitamin C und Carotinoide.

Bildquelle: © Sarsmis - Fotolia.com

Zwei Wochen ohne

In ihrer neuen Studie wollten die Forscher jetzt herausfinden, ob Fruchtsaft wirklich so ungesund ist. Dafür wählten sie Orangensaft, der neben viel Vitamin C auch Carotinoide enthält. Sie untersuchten, ob Menschen diese Carotinoide, besonders das in Orangen vorkommende β-Cryptoxanthin, besser aus Orangen oder aus dem Orangensaft aufnehmen. Ihre zwölf Probanden mussten vor der eigentlichen Untersuchung zwei Wochen lang auf besonders carotinoidhaltige Gemüse wie Spinat, Tomaten oder Möhren verzichten, damit die im Körper vorhandenen Carotinoid-Konzentrationen abgebaut werden konnten. Dann erhielten alle ein gleiches Frühstück, allerdings bekamen je sechs von ihnen ein Glas Orangensaft dazu, die anderen sechs erhielten eine gleichwertige Menge an frischen Orangenstücken. Für den Versuch wurden Navelorangen verwendet, sowohl zum Essen als auch für den Saft.

Anschließend wurden über einen Zeitraum von 9,5 Stunden insgesamt acht Blutproben entnommen und auf den Carotinoidgehalt untersucht. Es zeigte sich, dass die Orangensaft-Fraktion Carotinoide 1,8 mal besser aufgenommen hatte als die Orangen-Esser. Ein ähnliches Ergebnis hatten die Forscher bereits im Labor festgestellt, wo die Carotinoidafnahme aus dem Saft 5,3 mal besser klappte als aus der Orange selbst.

Die Sache mit den Ballaststoffen

Als Grund nennen die Forscher die im Saft fehlenden Ballaststoffe. Die Anwesenheit von Ballaststoffen im Verdauungstrakt hemmt die Aufnahme von Carotinoiden, so dass aus der Orange weniger aufgenommen werden kann als aus dem Saft. Ein weiterer Grund ist die weniger effektive Zerkleinerung der Orange im Mund. Hierdurch werden weniger Zellen zerstört als bei der Pressung, so dass die Verfügbarkeit von Carotinoiden generell geringer ist. Und einen dritten Grund geben die Forscher an: Die handelsüblichen Orangen zum Schälen und Essen (oftmals Navelorangen) enthalten  weniger Carotinoide als die Orangen, die zur Safterzeugung verwendet werden (meist Valencia-Orangen).

Also alles in allem jetzt doch Saft trinken? Die Forscher empfehlen, ruhig ein Glas Orangensaft pro Tag zu sich zu nehmen. Denn in Maßen genossen, ist er auf jeden Fall gut für die Gesundheit.


Quelle:

Aschhoff, J. K. et al. (2015): Bioavailability of β-cryptoxanthin is greater from pasteurized orange juice than from fresh oranges – a randomized cross-over study. In: Molecular Nutrition and Food Research, Vol 59, (20.Juli 2015), doi: org/10.1002/mnfr.201500327

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Titelbild: Orangensaft: Erfrischend und gut für die Gesundheit. (Bildquelle: © iStock.com/greenwatermelon)