Arsentransporter entlarvt

Forscher klären, wie Arsen ins Reiskorn gelangt

12.01.2016 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Laut Untersuchungen können Reis und Reisprodukte relativ hohe Gehalte an anorganischem Arsen aufweisen. (Bildquelle: © Petra Dietz/ pixelio.de)

Laut Untersuchungen können Reis und Reisprodukte relativ hohe Gehalte an anorganischem Arsen aufweisen. (Bildquelle: © Petra Dietz/ pixelio.de)

Die Arsenbelastung von Reis und Reisprodukten ist ein Gesundheitsrisiko. Die Entwicklung neuer Sorten, die weniger Arsen anreichern, eine Lösung. Doch dafür muss zunächst klar sein, wie das Gift ins Reiskorn einwandert. Nun haben Forscher erfolgreich begonnen, diese Wissenslücke zu schließen. Sie haben gleich zwei Transporterproteine identifiziert, die das Arsen in die Samen befördern.

Gemessen an der Giftigkeit, dem Vorkommen in der Natur und der Wahrscheinlichkeit für den Menschen, damit in Kontakt zu kommen, sei Arsen (As) die gefährlichste aller Substanzen, urteilt die amerikanische Registrierungsbehörde für toxische Substanzen (ATSDR). Problematisch ist, dass ausgerechnet ein globales Grundnahrungsmittel besonders belastet ist: die Weltnahrungspflanze Reis (Oryza sativa). Obwohl das Problem seit langem bekannt ist, ist es bis heute nicht gelungen, die Konzentration von anorganischem Arsen im Reis und somit auch in Reisprodukten signifikant zu senken. Grund ist die Unklarheit, wie das Gift ins Reiskorn gelangt. Nun haben Pflanzenforscher begonnen, diese Wissenslücke zu schließen. Wie es aussieht, gelangt das Gift im Gepäck von Zucker-Transporterproteinen über das Phloem in die Samen.

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Lange Zeit war unklar, wie das giftige Arsen letztlich in das Reiskorn wandert. Nun ist klar, es nutzt bereits vorhandene Transportmittel und -wege.

Lange Zeit war unklar, wie das giftige Arsen letztlich in das Reiskorn wandert. Nun ist klar, es nutzt bereits vorhandene Transportmittel und -wege.

Bildquelle: © Leo Michels/ wikimedia.org/ CC0

Wissenslücken müssen geschlossen werden

Der an der Studie beteiligte Forscher Barry Rosen erklärt, worin die neue Erkenntnis besteht: „Während die Prozesse mittlerweile gut erforscht und verstanden sind, wie Arsen über die Wurzeln aufgenommen wird und in die Sprossen gelangt, war bisher kaum bekannt, wie das Gift in die Samen kommt.“ Doch ist das Wissen darüber, wie und warum Samen Arsen anreichern von entscheidender Bedeutung, um diesen Prozess zu verändern.

Belastetes Grundnahrungsmittel

Denn für mehr als die Hälfte aller Menschen ist Reis das Grundnahrungsmittel. 90% der Reisernte werden in Asien konsumiert und auch in westlichen Ländern wie hierzulande erfreuen sich Reis und Reisprodukte wachsender Beliebtheit. Der Präsident des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) Andreas Hensel forderte deshalb, die Gründe für die höheren Arsengehalte im Reiskorn aufzuklären: „Da anorganische Arsenverbindungen als krebsauslösend für den Menschen klassifiziert sind, sollten Lebensmittel davon nur so wenig wie vernünftigerweise erreichbar enthalten.“ Langfristiger Konsum, auch von kleinen Mengen, könne Schäden an der Haut, in Gefäßen oder Nerven hervorrufen, die Entwicklung beeinträchtigen und Herzkreislauferkrankungen fördern, so das BfR.

Es beginnt mit Grundlagenforschung

Doch wie gelangt das Gift in die Reiskörner? Zugegeben: Ganz genau weiß man es immer noch nicht, da die Forscher keine Reispflanzen, sondern die Modellpflanze Arabidopsis thaliana unter die Lupe genommen haben. Schließlich ging es zunächst um das Aufdecken grundlegender Mechanismen.

Laut Analysen sind bei der Ackerschmalwand zwei Transporterproteine, AtINT2 und AtINT4, verantwortlich für den Arsenimport in die Reissamen, die eigentlich Inositol transportieren. Ein Zuckeralkohol  (Cyclohexanhexol), der in höheren Pflanzen  als Bestandteil von Sphingolipiden (Bestandteile der Zellmembran) auftritt.

Messungen haben ergeben, dass die Stilllegung der verantwortlichen Gene den Arsengehalt in den Samen im Vergleich zu Wildpflanzen deutlich (bis zu 72%) senkt. Auch in den Sprossen nimmt die Konzentration deutlich (bis zu 59%) ab, wenn die Transporter aus der Versorgungskette entfernt werden und der Sog zum Erliegen kommt. Den Arabidopsispflanzen macht der plötzliche Inositolmangel nichts aus, da der Stoff jederzeit aus Glucose-6-Phosphat gebildet werden kann. Doch sind damit andere Nebenwirkungen nicht ausgeschlossen.

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Zentrales Problem ist die hohe Arsenbelastung des Wassers, das beim traditionellen und gängigen Verfahren des Nassreisanbaus zum Überfluten der Felder genutzt wird.

Zentrales Problem ist die hohe Arsenbelastung des Wassers, das beim traditionellen und gängigen Verfahren des Nassreisanbaus zum Überfluten der Felder genutzt wird.

Bildquelle: © iStock.com/ Studio1One

Welche Route wird genutzt?

Parallel zu den identifizierten Transportern rückt nun das Phloem in den Fokus, da beide Transportproteine dort unterwegs sind. Dies steht im Einklang mit älteren Studien, die bereits vermuteten, dass 90% des Arsens über das Phloem in das Reiskorn gelangen würden. Eben jener Teil des pflanzlichen Leitgewebes (Leitbündels), der die Pflanzenorgane durchzieht und für die Verteilung der Nährstoffe (Assimilate) zuständig ist, die bei der Photosynthese in den Blättern gebildet werden.

Wie geht’s weiter?

Für die Forscher geht es als nächstes darum, die Mechanismen näher zu erforschen, die Rolle der beiden Transporterproteine zu beleuchten und nach Einflussfaktoren zu suchen, die deren Aktivität steuern. Darüber hinaus, ob und wie sich die Erkenntnisse von der Ackerschmalwand auf den Reis übertragen lassen. Hier zeigen sich die Wissenschaftler zuversichtlich. Ihr Ziel ist, mit ihren am Modellsystem Arabidopsis gesammelten Erkenntnissen zur Entwicklung neuer Reissorten beizutragen, von denen künftig ein geringeres Risiko durch die Belastung durch anorganisches Arsen ausgeht.

Verbannung aus der Nahrungsmittelkette

Auf den Punkt gebracht ist Arsen nicht aus der Welt zu schaffen, da es je nach geologischen Gegebenheiten in unterschiedlicher Konzentration fast überall in der Erdkruste auftaucht und durch natürliche oder durch anthropogene Prozesse freigesetzt wird. Zu Letzteren zählen u.a. der Bergbau, die Verhüttung arsenhaltiger Erze – wie Zink, Blei, Kupfer, Eisen und Arsen selbst –, die Verbrennung fossiler Brennstoffe, die Textil- und Lederindustrie oder die Nutzung arsenhaltiger Pflanzenschutz- und Düngemittel. Gerade aus diesem Grund sind Lösungen wichtig, die es ermöglichen, zumindest Nahrungsmitteln arsenfrei zu machen


Quelle: Duan, G. et al. (2015): Inositol transporters AtINT2 and AtINT4 regulate arsenic accumulation in Arabidopsis seeds. In: Nature Plants 2 (15202), (21.Dezember 2015), doi:10.1038/nplants.2015.202

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Titelbild: Laut Untersuchungen können Reis und Reisprodukte relativ hohe Gehalte an anorganischem Arsen aufweisen. (Bildquelle: © Petra Dietz/ pixelio.de)