Auf der Palme

Forscher berechnen den Einfluss neuer Palmöl-Plantagen auf die Verbreitungsgebiete von Großaffen in Afrika

21.07.2014 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Palmöl-Plantage: Der steigende Bedarf an Palmöl führt zu Lebensraumverlusten vieler Tier- und Pflanzenarten. (Bildquelle: © iStock.com/szefei)

Palmöl-Plantage: Der steigende Bedarf an Palmöl führt zu Lebensraumverlusten vieler Tier- und Pflanzenarten. (Bildquelle: © iStock.com/szefei)

Neue Palmöl-Plantagen stellen eine massive Bedrohung für Großaffenarten in Afrika dar.

Es ist eine Affen-Schande: Neue Palmöl-Plantagen sollen in Afrika entstehen – genau da, wo die letzten Großaffen zu Hause sind. Die Konzessionen sind bereits erteilt. Forscher stufen diese Pläne als große Bedrohung für die Bestände von Gorillas und Schimpansen ein. Dabei ginge es auch anders: In ihrer neuen Studie zeigen die Forscher, wie stark die Verbreitungsgebiete der Großaffen betroffen sind und welche Alternativen möglich wären.

Was ist Palmöl?

Palmöl ist ein bei Zimmertemperatur halbfestes Öl. Es wird aus dem Fleisch der Früchte der afrikanischen Ölpalme (Elaeis guineensis) gewonnen. Es ist mittlerweile das wichtigste Pflanzenöl weltweit. Aufgrund seines hohen Anteils an gesättigten Fettsäuren ist es sehr hitzestabil und daher gut zum Braten und Backen geeignet. Außerdem wird es in Back- und Süßwaren verwendet. In den Zutatenlisten der Lebensmittelprodukte wird Palmöl oftmals als „pflanzliches Öl“ oder „pflanzliches Fett“ bezeichnet, ab Ende 2014 muss das verwendete Öl zumindest in Lebensmitteln korrekt bezeichnet werden.

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Junge Schimpansen: Abholzung der Regenwälder bedrohen ihren Lebensraum.

Junge Schimpansen: Abholzung der Regenwälder bedrohen ihren Lebensraum.

Bildquelle: Delphine Bruyere/wikimedia.org; (CC BY-SA 3.0)

Das ebenfalls aus der Ölpalme gewonnene Palmkernöl stammt aus den Kernen der Frucht und enthält ebenfalls einen hohen Anteil an gesättigten Fettsäuren. Es wird für Schokoladenüberzüge, Eis und Margarine genutzt. Darüber hinaus wird es auch zur Herstellung von Waschmitteln sowie Kosmetik, Shampoos und Seifen verwendet. Die Hauptproduktionsstätten von Palmöl und Palmkernöl liegen in Südostasien (Indonesien, Malaysia), aber auch in Afrika und Südamerika.

In den letzten Jahren kam ein weiterer Wirtschaftszweig als Abnehmer hinzu. Aus Palmöl wird verstärkt Bioenergie und Biodiesel als Kraftstoff gewonnen, was die Nachfrage nochmals angekurbelt hat.

Palmöl – gut oder böse?

Die Ölpalme bietet eine große Ausbeute an verwertbarem Öl (etwa vier Tonnen pro Hektar). Ihr hoher Ertrag macht sie zu einer effizienten Pflanze, mit der auf vergleichsweise wenig Fläche große Mengen an Öl für den Weltbedarf gewonnen werden können. Aber: Da Ölpalmen genau wie der Regenwald gut im tropischen Klima gedeihen, wird für die Anlage von Palmöl-Plantagen wertvoller Wald gerodet und dadurch der Lebensraum seltener Tier- und Pflanzenarten vernichtet. Allein in Indonesien hat sich die Fläche seit 1990 fast verzehnfacht, der Lebensraum bedrohter Großaffen wie der Orang-Utans wurde dabei großflächig zerstört.

Ungünstige Gebietswahl

Um eine ähnlich negative Auswirkung auf die afrikanischen Großaffen zu vermeiden, berechneten die Forscher in ihrer neuen Studie, inwieweit die geplanten Palmöl-Plantagen in Afrika Gebiete betreffen, in denen Großaffen leben. Demnach zeigte sich, dass sich die bereits für die Palmölproduktion ausgewiesenen Gebiete zu 58,7 Prozent mit den Verbreitungsgebieten von Großaffen decken. 42,3 Prozent der Fläche, die in Zukunft für die Palmölproduktion geeignet wäre, liegt ebenfalls in den Verbreitungsgebieten von Großaffen. Besonders betroffen sind hierbei der Bonobo (Pan paniscus,), 99,2 Prozent seines Lebensraums decken sich mit Bereichen, die für Plantagen geeignet sind. Weiter betroffen sind der Westliche Gorilla (Gorilla gorilla, 73,8 Prozent), der Gemeine Schimpanse (Pan troglodytes, 41,7 Prozent) sowie der Östliche Gorilla (Gorilla beringei, 10,7 Prozent).

Große Bereiche des Verbreitungsgebietes von afrikanischen Großaffen stehen nicht unter Schutz. Gerade mal 10,3 Prozent sind ausgewiesene Schutzgebiete. Dazu kommt, dass die gefährdeten Großaffenarten gerade in den Schutzgebieten nur sehr kleine Vorkommen haben: 11,2 Prozent des Westlichen Gorillas leben in Schutzgebieten, beim Gemeinen Schimpansen sind es 10,2 Prozent und beim Bonobo 8,0 Prozent. Dagegen sind 39,9 Prozent der Verbreitungsgebiete der Großaffen nicht geschützt, weisen aber gleichzeitig günstige Bedingungen für zukünftige Plantagen auf.

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Palmöl wird aus dem Fleisch der Früchte der Ölpalme (Elaeis guineensis) gewonnen. Palmkernöl hingegen wird aus deren Kernen (Samen) hergestellt.

Palmöl wird aus dem Fleisch der Früchte der Ölpalme (Elaeis guineensis) gewonnen. Palmkernöl hingegen wird aus deren Kernen (Samen) hergestellt.

Bildquelle: © Tornasole/wikimedia.org; gemeinfrei

Umdenken dringend erforderlich

Die Forscher betonen, dass sie nicht gegen eine Ausweitung der Palmölindustrie in Afrika plädieren wollen, sondern dass Palmöl große Entwicklungschancen für die Zukunft biete. Allerdings stellen die jetzt für Plantagen ausgewiesenen Gebiete eine massive Bedrohung für den Fortbestand der afrikanischen Großaffenarten dar. Auch weisen die Forscher darauf hin, dass es bei der Anlage von Palmöl-Plantagen in direkter Nachbarschaft von Schutzgebieten zu Konflikten zwischen den Affen und den Farmern kommen könnte, da besonders Schimpansen sich gerne von verschiedenen Teilen der Ölpalme ernähren. Das würde zu vermehrten Tötungen von Schimpansen führen und über längere Zeit ihren Bestand zusätzlich gefährden. Auch kommt es immer wieder zu illegalen Rodungen am Übergang zwischen Plantage und geschütztem Regenwald. Ein Umdenken bei der Verteilung von Konzessionen für Palmöl-Plantagen ist also dringend erforderlich.

Als mögliche Lösung schlagen die Forscher vor, dass vermehrt bereits stillgelegte landwirtschaftliche Flächen für den Anbau von Ölpalmen herangezogen werden. Auch die Intensivierung auf bestehenden Plantagen könnte gefördert werden, wie es bereits in Südostasien geschieht. Bisher bringen die afrikanischen Plantagen jährlich 7,8 Tonnen Früchte (Fresh Fruit Bunches, FFB) pro Hektar, in Indonesien sind es 16,9 Tonnen. Auch die Verpflichtung von Regierungen, Konzessionen nur an nachhaltig wirtschaftende Firmen zu vergeben, wäre ein Weg, die  Erzeugung von Palmöl umweltschonender zu gestalten. Es gibt also genug Möglichkeiten, die Palmölindustrie in Afrika zu fördern und gleichzeitig den verbliebenen Regenwald mit seinen Bewohnern zu schützen. Entscheidend wird sein, wie die entsprechenden Regierungen die vorliegenden Daten nutzen werden.


Quelle:
Wich, S. A. et al. (2014): Will oil palm's homecoming spell doom for Africa's Great Apes? In: Current Biology 24, Juli 2014, dx.doi.org/10.1016/j.cub.2014.05.077.

Zum Weiterlesen:

Titelbild: Palmöl-Plantage: Der steigende Bedarf an Palmöl führt zu Lebensraumverlusten vieler Tier- und Pflanzenarten. (Bildquelle: © iStock.com/szefei)