Auf der Suche nach Wasser

Klimawandel verschiebt Lebensraum von Pflanzen in tiefer gelegene Regionen

14.08.2014 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

97 % der Vegetation in den westlichen Rocky-Mountains sind infolge des Klimawandels bergab gewandert. Im Bild zu sehen sind der Mount Reynolds (links) und der Mount Oberlin (rechts) im Glacier Nationalpark.(Bildquelle: © iStock.com/Samson1976)

97 % der Vegetation in den westlichen Rocky-Mountains sind infolge des Klimawandels bergab gewandert. Im Bild zu sehen sind der Mount Reynolds (links) und der Mount Oberlin (rechts) im Glacier Nationalpark.(Bildquelle: © iStock.com/Samson1976)

Eine aktuelle Studie zu den Auswirkungen des Klimawandels auf die Vegetation kommt zu einem überraschenden Ergebnis: Statt mit steigenden Temperaturen auch in immer höhere Lagen aufzubrechen, reduziert sich der Lebensraum. Auf der Suche nach Wasser wandern Pflanzen bergab.

Die Verschiebung von Vegetationszonen ist eine Folge des Klimawandels. Veränderungen der Temperaturen und Niederschläge beeinflussen das Wachstum und die Ausbreitung von Pflanzen. Angesichts steigender Temperaturen ist dabei häufig von einer globalen Erweiterung möglicher Lebensräume in Richtung der Polkappen und in höhere Lagen zu lesen. Bezüglich des zweiten Phänomens haben amerikanische Forscher nun im Rahmen einer Langzeitstudie festgestellt, dass der Großteil der Pflanzen, zumindest in mehreren Regionen im Nordwesten Amerikas, nicht bergauf, sondern bergab gewandert ist. Als Grund für diese Verschiebung im betrachteten Zeitraum von 40 Jahren vermuten sie Wassermangel.

Pflanzen folgen dem regionalen Auf- und Abwärtstrend

Die Forscher beobachteten, dass die Verschiebung keine artspezifische Anpassungsstrategie war, sondern in einem engen Zusammenhang mit dem regionalen Klima stand. Die Populationen der untersuchten Bäume, Sträucher und Gräser folgten mehrheitlich einem regionalen Trend. Aufgrund des regionalen Fokus, ist die Studie als wichtige Ergänzung zu betrachten und nicht als Widerlegung eines globalen Trends.

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Trend nach unten: Rund 60 Prozent der in dieser Studie erfassten Populationen haben ihren Standort in tiefer gelegene Regionen verlagert. Grund dafür war das Klima - steigende Temperaturen in Kombination mit sinkenden Niederschlägen.

Trend nach unten: Rund 60 Prozent der in dieser Studie erfassten Populationen haben ihren Standort in tiefer gelegene Regionen verlagert. Grund dafür war das Klima - steigende Temperaturen in Kombination mit sinkenden Niederschlägen.

Bildquelle: © iStock.com/johnnya123

Temperatur und Niederschläge beeinflussen die Ausbreitung von Pflanzen

Die Auswertung der Daten ergab, dass rund 60 Prozent der erfassten Populationen ihren Standort in tiefer gelegene Regionen verlagert haben. Für das Wachstum und die Ausbreitung von Pflanzen spielt jedoch nicht nur die Temperatur eine entscheidende Rolle, sondern auch andere Wachstumsfaktoren, wie z.B. die Verfügbarkeit von Wasser. Aus diesem Grund nahmen die Forscher Niederschlagswerte in den Blick. Im Rahmen der Photosynthese stellt Wasser bzw. Wasserstoff beim Aufbau von Kohlenhydraten eine wichtige Komponente dar. Wasser ist aber auch Transport- und Lösungsmittel von Nährstoffen und Metaboliten und ist für den Zellinnendruck, den Turgor, verantwortlich.

Heiße Sommer und milde Winter führen in Gebirgslagen zu Wassermangel

Bei der Verknüpfung der Vegetationsdaten mit den Temperatur- und Niederschlagswerten stellten die Forscher fest, dass ein Großteil der Vegetation in Gebirgslagen infolge von steigenden Temperaturen in Kombination mit sinkenden Niederschlägen, vor allem im Winter, auf tiefer gelegene Regionen ausgewichen war. Der zurückgehende Schneefall und der verkürzte Zeitraum in dem der Erdboden mit Schnee bedeckt war, führten zu einem Wassermangel im Frühling und Frühsommer. Weil in den Regionen in der ersten Jahreshälfte saisonbedingt weniger Niederschläge fallen als in der zweiten Hälfte, sind die Pflanzen angesichts steigender Temperaturen besonders auf das Schmelzwasser angewiesen. Durch den Wassermangel standen Pflanzen zum Zeitpunkt der Keimung und der Blühphase vielerorts unter akutem Trockenstress und waren infolgedessen nicht mehr überlebensfähig.

Infolge des Klimawandels wandern Pflanzen auch bergab

Verallgemeinernde oder gar pauschale Aussagen erscheinen jedoch schwierig. Vielmehr müssen Analysen und Aussagen standortbezogen gemacht werden. Denn der Mangel an Wasser beeinflusste nicht nur in Gebirgslagen die Vegetationsausbreitung. Auch tiefer gelegene Regionen leiden vermehrt unter Wasserstress. Steigende Temperaturen führen zu einem erhöhten Wasserbedarf und können in diesen Lagen zu einer Verschiebung der Lebensräume von tieferen in höhere Regionen, mit ausreichenden Niederschlägen, führen. Die Forscher ergänzen, dass die Ausbreitung und das Wachstum von Pflanzen in tiefer gelegenen Regionen von mehr Faktoren beeinflusst werden als in den hohen Lagen. Ein Beispiel ist die größere Artenvielfalt und damit Konkurrenz zwischen den Pflanzenarten. In diesem Zusammenhang seien weitere Untersuchungen notwendig, die nicht nur klimatische Faktoren in den Blick nehmen.

Zusammengefasst sehen die Wissenschaftler jedoch den Nachweis erbracht, dass Pflanzen in regionaler Abhängigkeit infolge des Klimawandels nicht nur in höhere Lagen, sondern auch in tiefer gelegene Regionen ausweichen. Dies wurde durch die vorgestellte Langzeitstudie erstmals in diesem Umfang und als ein genereller Trend belegt.  


Quelle:
Harsch, M. et al. (2014): Species distributions shift downwards across western North America. In: Global Change Biology, (24. Juli 2014), DOI: 10.1111/gcb.12697.

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Titelbild: 97 % der Vegetation in den westlichen Rocky-Mountains sind infolge des Klimawandels bergab gewandert. Im Bild zu sehen sind der Mount Reynolds (links) und der Mount Oberlin (rechts) im Glacier Nationalpark.(Bildquelle: © iStock.com/Samson1976)