Aus wem wird was? – Polarisierte Embryos

Computermodell trifft Voraussagen

29.11.2013 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Während ihrer frühen Embryonalentwicklung muss eine Pflanze festlegen, wo später der Spross und wo die Wurzel entstehen soll. (Quelle: © Rebel - Fotolia.com)

Während ihrer frühen Embryonalentwicklung muss eine Pflanze festlegen, wo später der Spross und wo die Wurzel entstehen soll. (Quelle: © Rebel - Fotolia.com)

Während ihrer frühen Embryonalentwicklung muss eine Pflanze festlegen, wo später der Spross und wo die Wurzel entstehen soll. Welche Parameter das Zellschicksal beeinflussen, konnten Wissenschaftler nun mit Hilfe einer Computersimulation zeigen.

Wenn eine Eizelle mit einem Spermium verschmilzt, ist mit der Zygote die Grundlage für die Entstehung eines vielzelligen Organismus geschaffen. Durch zahlreiche Zellteilungen während der embryonalen Entwicklung wächst der Organismus und die Zellen differenzieren sich zu unterschiedlichen Zelltypen, die später die unterschiedlichen Organe bilden. Damit stellen diese Zelltypen in ihrer räumlichen Anordnung die charakteristische Körperorganisation des erwachsenen Organismus in den Grundzügen dar. Wie sich diese charakteristischen Zellmuster ausbilden und welche Signalmoleküle maßgeblich beteiligt sind, haben Wissenschaftler bei Tieren, wie beispielsweise der Fruchtfliege Drosophila, bereits detailliert untersucht. Bei Pflanzen sind die Mechanismen der Embryonalentwicklung bisher nur in Grundzügen verstanden. Da Pflanzen und Tiere im Laufe der Evolution unabhängig voneinander aus einzelligen Organismen entstanden sind, vermuten Wissenschaftler, dass bei Pflanzen andere molekulare Mechanismen an der Polarisation, also der Ausrichtung von Zellen im Embryo, beteiligt sind.

Auxin und PIN polarisieren Zellen

Pflanzenzellen sind durch ihre Zellwand an ihren Entstehungsort gebunden. Ein pflanzlicher Embryo ändert nur dadurch seine Gestalt, indem sich einzelne Zellen oder Zellgruppen unterschiedlich schnell teilen. Außerdem reguliert der Embryo die Orientierung der Zellteilungsebene. Das Schicksal einer pflanzlichen Zelle hängt also nicht von ihrer Herkunft, sondern auch von ihrer Lage im Embryo ab. Ein Schlüsselelement bei der Entwicklung ist das Wachstumshormon Auxin. Dieses wird von Zelle zu Zelle weitergeben. Damit ist Auxin das einzige bekannte Pflanzenhormon, das zielgerichtet transportiert wird. Diesen gerichteten Transport übernehmen spezialisierte Eiweiße. Proteine aus der Familie  der PINs konzentrieren sich an der Plasmamembran in der Zelle und „pumpen“ das Auxin heraus. Zwei Mitglieder aus der Familie der PIN-Proteine, PIN1 und PIN7, spielen in der frühen Embryogenese eine wichtige Rolle.

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Die Mechanismen der Embryonalentwicklung bei Tieren sind bereits umfassend verstanden. Wie Pflanzen festlegen, wo später oben und unten ist, ist noch nicht vollständig geklärt.

Die Mechanismen der Embryonalentwicklung bei Tieren sind bereits umfassend verstanden. Wie Pflanzen festlegen, wo später oben und unten ist, ist noch nicht vollständig geklärt.

Bildquelle: © iStockphoto.com/ redmal

Oben und unten

„Eine fundamentale, seit langem ungeklärte Frage in der Pflanzenbiologie ist: Durch welchen Mechanismus positionieren sich Pflanzenzellen in einem Gewebekontext?“, erklärt Krzysztof Wabnik, Erstautor der Studie, von der Universität Gent den Ausgangspunkt der Studie. „Darüber gelangt man schnell zu den Zellpolaritäten, die über Auxin steuern, wo sich einmal der Trieb und wo die Wurzel der Pflanze befinden – also wo oben und wo unten sein werden.“

Simulation mit Daten aus Auxintransport

Wissenschaftler haben nun die Rolle von Auxin während der embryonalen Entwicklung von Pflanzen genauer unter die Lupe genommen. Mit Hilfe eines Computermodells haben sie untersucht, nach welchem Muster Auxin verteilt wird und wodurch diese Verteilung beeinflusst wird. Grundlage der Berechnungen waren Daten aus früheren Experimenten zum Auxintransport während der Spross- und Gefäßentwicklung in Pflanzen. Auf dieser Grundlage simulierten die Wissenschaftler Parameter wie z.B. den Ort der Zellen, in dem das Auxin im Embryo zuerst produziert wird.

„Wir haben ein Computermodell entwickelt, das die frühe, pflanzliche Embryogenese simuliert. Damit können wir einen Mechanismus aus Minimalkomponenten vorhersagen, über den die Zellen während der Embryonalentwicklung polarisiert werden. Über diesen Mechanismus wird festgelegt, welche Zellen sich später zum Spross und welche zur Wurzel entwickeln “, erklärt Wabnik. Das Computermodell zeigte, dass zur Polarisation der Zellen die Produktion von Auxin an den gegenüberliegenden Enden des Embryos nötig ist. Damit dies gelingt, muss Auxin von Zelle zu Zelle weitergegeben werden können.

 „Unser Modell zeigt ein mechanistisches Prinzip auf, wie Pflanzenzellen genaue Informationen zu ihrer räumlichen Lage erhalten könnten. Das Computermodell generierte außerdem komplett neue Vorhersagen für bestimmte Zelltypen des Embryos. Dazu gehört beispielsweise die initiale Polarisation der äußeren Protoderm-Zellen im apikalen Proembryo. Durch die Vorhersagen des Computermodells konnten wir dies jetzt experimentell nachweisen“, so Wabnik. Das Protoderm bildet später das zum Schutz der Wurzel notwendige äußere Abschlussgewebe, die Rhizodermis, bei Pflanzen. Das sich die Auxinproduktion von außen nach innen fortsetzen könnte, ist ein neue Hypothese, die erst durch das Modell entwickelt werden konnte.


Quelle:
Wabnik et al. (2013): Modeling Framework for the Establishment of the Apical-Basal Embryonic Axis in Plants. In: Current Biology 23, 1–6, (16. Dezember 2013), doi: 10.1016/j.cub.2013.10.038.

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Titelbild: Während ihrer frühen Embryonalentwicklung muss eine Pflanze festlegen, wo später der Spross und wo die Wurzel entstehen soll. (Quelle: © Rebel - Fotolia.com)