Biokohle für den Klimaschutz

Mikroben fixieren Lachgas als Nährstoff im Boden

16.10.2013 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Biokohle entsteht, wenn pflanzliche Biomasse unter luftdichten Bedingungen extrem erhitzt wird (Pyrolyse). Im Experiment wurde Biokohle vom Delinat Institut, Schweiz, genutzt. (Quelle: © Johannes Harter/Nikolas Hagemann)

Biokohle entsteht, wenn pflanzliche Biomasse unter luftdichten Bedingungen extrem erhitzt wird (Pyrolyse). Im Experiment wurde Biokohle vom Delinat Institut, Schweiz, genutzt. (Quelle: © Johannes Harter/Nikolas Hagemann)

Schon lange ist bekannt, dass Biokohle positive Effekte auf die Qualität landwirtschaftlicher Böden hat und das Wachstum von Pflanzen fördert. Deutsche Forscher konnten jetzt die klimaschützenden Eigenschaften erklären: Schädliche Lachgasemissionen werden verringert indem die Zusammensetzung als auch die Aktivität von Mikroorganismen im Boden verändert wird.

Lachgas (N2O), chemisch Distickstoffmonoxid genannt, ist ein enorm aggressives Treibhausgas. Es ist 300 Mal klimawirksamer als Kohlendioxid und hat eine lange Verweildauer in der Atmosphäre (durchschnittlich 114 Jahre). Dass der Mensch der Hauptverursacher steigendender Treibhausgasemissionen ist, verdeutlicht auch der gerade erschienene fünfte Sachstandsbericht des Weltklimarats IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change): Durch menschliche Einflüsse verändert sich das Klima auf unserer Erde und die Hauptursache dafür sind Treibhausgasemissionen. Der Bericht bescheinigt einen Anstieg von klimaschädlichem Lachgas in der Atmosphäre um 20 Prozent seit 1750 (IPCC, 2013). Die Landwirtschaft ist dabei der Hauptverursacher des klimaschädlichen Gases. Vor allem die zunehmende Verwendung von Stickstoffdüngemittel verursacht höhere Lachgasemissionen.

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Hochauflösende elektronenmikroskopische Aufnahme von Pflanzenkohle (Maßstabsbalken 30 Mikrometer). 

Hochauflösende elektronenmikroskopische Aufnahme von Pflanzenkohle (Maßstabsbalken 30 Mikrometer). 

Bildquelle: © Johannes Harter/Nikolas Hagemann

Biokohle als Helfer beim Boden- und Klimaschutz

Biokohle entsteht, wenn pflanzliche Biomasse unter luftdichten Bedingungen extrem erhitzt wird (Pyrolyse). Kohlenstoff wird so für längere Zeit gebunden und entweicht nicht als Treibhausgas CO2. Im Gegensatz zu Holzkohle, die man hauptsächlich als Brennstoff nutzt, kommen bei der Biokohle noch andere Eigenschaften zum Tragen: Biokohle wird vornehmlich als Bodenhilfsstoff in der Landwirtschaft eingesetzt. Sie verbessert die Wasserspeicherkapazität und reduziert die Auswaschung von Nährstoffen aus den Böden. Mischt man Biokohle nun in landwirtschaftlich genutzte Böden, erhöht man nicht nur dessen Fruchtbarkeit. Bereits mehrere Studien haben gezeigt, dass sich dadurch auch die Lachgasemissionen verringern. Die Wirkung nicht jedoch die Ursache war bekannt. Forscher der Universität Tübingen haben in Kooperation mit der Universität Hohenheim nun herausgefunden, dass die Biokohle die Verstoffwechselung von Stickstoff durch Mikroorganismen verändert.

Lachgas wird von Mikroorganismen im Boden gebildet

Düngen die Landwirte ihre Felder mit Stickstoffdünger, gelangen Stickstoffverbindungen dabei nicht nur in die Pflanzen, sondern zum großen Teil auch in die Böden und das Grundwasser. Mikroorganismen im Boden wandeln mit ihrem Stoffwechsel die Stickstoffverbindungen um. Dabei wird auch auf den Feldern ausgebrachter Stickstoffdünger in Lachgas umgewandelt. Dieses flüchtige Gas entweicht in die Atmosphäre und pusht den Treibhauseffekt. Lachgas entsteht bei der Umwandlung von Nitrat (NO3) zu molekularem Stickstoff (N2) und kann bei der Umwandlung von Ammonium (NH4+) zu Nitrat (NO3) gebildet werden. Der erste Vorgang heißt Denitrifikation und letzterer wird als Nitrifikation bezeichnet.

Darüber hinaus gibt es jedoch auch Stickstoff-fixierende Mikroorganismen, die molekularen Stickstoff zu Ammoniak (NH3) bzw. Ammonium (NH4+) reduzieren können und den Stickstoff so für Pflanzen nutzbar machen.

Biokohle verändert das Bodenleben

Die Laborexperimente der deutschen Wissenschaftler zeigten nun, dass Biokohle die Zusammensetzung der Bodenbakteriengemeinschaften maßgeblich verändert. Dafür mischten sie Biokohle in Behälter mit Ackerboden, simulierten daraufhin eine Düngung mit Stickstoff und analysierten diese drei Monate lang.

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Laborversuch zur Lachgas-Freisetzung: Drei Behälter wurden mit Boden gefüllt und keine (linke Flasche), zwei Prozent (mittlere Flasche) und zehn Prozent (rechte Flasche) Pflanzenkohle dazu gegeben.

Laborversuch zur Lachgas-Freisetzung: Drei Behälter wurden mit Boden gefüllt und keine (linke Flasche), zwei Prozent (mittlere Flasche) und zehn Prozent (rechte Flasche) Pflanzenkohle dazu gegeben.

Bildquelle: © Johannes Harter/Nikolas Hagemann

Nach der Düngung konnte in den Behältern mit Biokohle signifikant weniger Lachgas gemessen werden – in dem Versuchsaufbau mit 10 Prozent Biokohle wurde sogar bis zu 96 Prozent weniger Lachgas produziert, als in der Kontrollgruppe. Durch die Biokohle werden Mikroorganismen gezielt gefördert, die Lachgas weiter zu molekularem Stickstoff umwandeln können. Es siedelten sich auch mehr stickstofffixierende Bakterien an, die diesen molekularen Stickstoff reduzieren. Die Forscher verknüpften dies und schlussfolgern, dass die Ursache für die geringeren Lachgasemissionen darin liegt, dass Mikroorganismen gefördert werden, die Lachgas letztlich in pflanzenverfügbare Stickstoffformen umwandeln können.

Die qualitativen Veränderungen in der Zusammensetzung der Mikroben-Gemeinschaft zeigte sich im Gesamtprofil der genetischen Aktivität: Mittels einer molekularbiologischen Methode, die als Realtime-PCR bezeichnet wird, gelang den Wissenschaftlern eine Art „Momentaufnahme“ der genetischen Aktivität aller Mikroorganismen. Mit steigendem Biokohleanteil dominierte ein genetisches Aktivitätsprofil, das vor allem für Stickstofffixierer und Mikroorganismen typisch ist, die Lachgas reduzieren können. Die Forscher gehen davon aus, dass ein Zusammenspiel vieler Faktoren für diese Veränderungen verantwortlich ist. Denn die Biokohle verändert auch weitere geochemische Parameter des Bodens, darunter zählt ein höherer pH-Wert und eine bessere Verfügbarkeit von Sauerstoff.

Das Potential der Biokohle

Die Forscher gehen davon aus, dass man durch die Beigabe von 2 Prozent Biokohle auf dem Acker - was sie als realistisches Szenario ansehen - bis zu knapp 50 Prozent der Lachgasemissionen reduzieren könnte. Dies müsste jedoch noch außerhalb des Labors getestet werden. Daher müssten ihre Ergebnisse in einem nächsten Schritt unter reale Bedingungen in Versuchen auf dem Acker überprüfen und bestätigen werden. Hier müssten die Auswirkungen der Biokohle auch über einen längeren Zeitraum untersuchen werden.   

Nichtsdestotrotz untermauern die Ergebnisse, dass der Einsatz von Biokohle die klimaschädlichen Lachgasemissionen reduzieren kann und machen deutlich, wie wichtig weitere Forschung zu Biokohle ist.


Quelle:
Harter, J. et al. (2013): Linking N2O emissions from biochar-amended soil to the structure and function of the N-cycling microbial community. In: The ISME Journal, (online 26. September 2013), doi: 10.1038/ismej.2013.160.

Zum Weiterlesen:

Titelbild: Biokohle entsteht, wenn pflanzliche Biomasse unter luftdichten Bedingungen extrem erhitzt wird (Pyrolyse). Im Experiment wurde Biokohle vom Delinat Institut, Schweiz, genutzt. (Quelle: © Johannes Harter/Nikolas Hagemann)