Der Duft der Mikroben

Auch Bakterien und Pilze sondern Duftstoffe ab

02.06.2016 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Auch Mikroorganismen, z. B. Pilze,  geben Duftstoffe an die Umgebung ab - sie werden mVOCs genannt. (Bildquelle: © iStock.com/ AndreasReh)

Auch Mikroorganismen, z. B. Pilze, geben Duftstoffe an die Umgebung ab - sie werden mVOCs genannt. (Bildquelle: © iStock.com/ AndreasReh)

Bei Duftstoffen denken viele zuerst an angenehme Düfte, wie die von Essen oder Blumen. Doch auch modriger Schimmelgeruch wird durch flüchtige organische Verbindungen verursacht. Dabei entstehen Duftstoffe nicht nur bei der Zersetzung von Biomasse. Mikroorganismen geben bei primären und sekundären Stoffwechselvorgängen Duftstoffe an ihre Umgebung ab. Dieser „Duft“ von Bakterien und Pilzen kann das Pflanzenwachstum ankurbeln und diese robuster und widerstandsfähiger machen. 

Trotz der bekannten Fülle von flüchtigen organischen Verbindungen (VOCs) von Vertretern aus dem Pflanzen- und Tierreich wurde den sogenannten mVOCs, d. h. flüchtigen Verbindungen, die von Mikroorganismen (Bakterien oder Pilzen) produziert werden, in der Vergangenheit weniger Aufmerksamkeit zuteil. Sie werden zwar als Marker genutzt, um menschliche Krankheiten, den Verderb von Lebensmitteln oder Schimmel in Häusern zu erkennen. Aber auch für Pflanzen spielen die omnipräsenten Mikroorganismen und deren Duft eine entscheidende Rolle.

Ausdünstungen können Gutes bewirken

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Im Jahr 2003 veröffentlichte ein Forscherteam ihre Entdeckung, dass flüchtige Metaboliten von Bakterien das Pflanzenwachstum fördern können. Als Versuchspflanze diente ihnen, wie vielen folgenden Studien auch, die Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana).

Im Jahr 2003 veröffentlichte ein Forscherteam ihre Entdeckung, dass flüchtige Metaboliten von Bakterien das Pflanzenwachstum fördern können. Als Versuchspflanze diente ihnen, wie vielen folgenden Studien auch, die Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana).

Bildquelle: © sinitar/Fotolia.com

Im Jahr 2003 veröffentlichte ein Forscherteam ihre Entdeckung, dass flüchtige Metaboliten von Bakterien das Pflanzenwachstum fördern können (Ryu et al., 2003). Die mikrobiellen Duftstoffe wurden fortan Bestandteil der Forschung über Pflanzen-Mikroben-Interaktionen. Denn wie bei Pflanzen können diese flüchtigen Stoffe der Kommunikation dienen (vgl. „Von der Esoterik zur Wissenschaft“). Man versucht, die stimulierende, hemmende oder gar giftige Wirkung der mVOCs zu beschreiben und ihre Funktionen zu verstehen.

Doch nun weisen zwei Forscher im Fachmagazin „Trends in Plant Science” darauf hin, dass nicht jedes Versuchsdesign geeignet ist, um diese flüchtigen Verbindungen der Mikroorganismen zu untersuchen.

Es kommt auf den Versuchsaufbau an

Möchte man die Gase der Mikroorganismen und ihre Wirkung auf Pflanzen untersuchen, gibt es mehrere Möglichkeiten. Gemein ist diesen, dass Pflanzen und Mikroben voneinander räumlich getrennt werden. Unterschiede gibt es im mehr oder weniger offenem Austausch von Stoffen durch das Nährmedium, den Boden oder die Luft. So gibt es z. B. die Möglichkeit eines offenen Systems, in denen sich die Gase frei verteilen können oder von geschlossenen Systemen, z. B. versiegelten Petrischalen, wo kein Austausch mit der Umgebungsluft stattfinden kann.

Im Falle von Bodenbakterien und ihrer Wirkung auf das pflanzliche Wachstum haben unterschiedliche Versuchsaufbauten zu unterschiedlichen und oft widersprüchlichen Ergebnissen geführt: Diese reichen zum Beispiel von einer signifikanten Förderung des Pflanzenwachstums bis hin zu einer dramatischen Unterdrückung der Pflanzenentwicklung.

Zudem muss bedacht werden, dass natürliche Interaktionen von Pflanzen, Boden und Mikroben wie sie im Ökosystem stattfinden, im Labor nie eins zu eins übertragen werden können. Künstliche und vereinfachte in vitro Tests und Testsysteme liefern Daten, die nicht oder nur teilweise die komplexen Bedingungen der Rhizosphäre widerspiegeln und deshalb keine eindeutigen Beweise sind, ob mikrobielle flüchtige Stoffe einen bedeutenden Einfluss auf Bakterien-Pflanzen-Interaktionen in der freien Natur haben.

Auch andere Stoffe werden produziert

Es kommt noch eine Schwierigkeit hinzu, wie die beiden Wissenschaftler betonen: Bakterien und Pilze geben neben Duftstoffen auch anorganische Verbindungen wie Ammoniak (NH3) oder Kohlendioxid (CO2) ab. Während z. B. Ammoniak (NH3) nur unter bestimmten Wachstumsbedingungen von den Mikroorganismen abgegeben wird, sondern Mikroben, die auf Sauerstoff zum Leben angewiesen sind, kontinuierlich Kohlendioxid (CO2) ab.

Unerwünschte Nebeneffekte

In geschlossenen Systemen, die keinen freien Austausch von flüchtigen Stoffen ermöglichen, kann dies zum Problem werden: Das abgesonderte CO2 kann sich dort anlagern und die beobachtete Wirkung der Bakterien verfälschen. Denn Pflanzen reagieren auf erhöhte CO2-Konzentrationen mit verstärktem Wachstum und anderen Mechanismen wie beispielsweise Stärkeanreicherung.

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In der Rhizophäre, dem Boden unmittelbar um die Wurzeln, finden komplexe Interaktionen von Pflanzen, Boden und Mikroben statt.

In der Rhizophäre, dem Boden unmittelbar um die Wurzeln, finden komplexe Interaktionen von Pflanzen, Boden und Mikroben statt.

Bildquelle: © Nabok Volodymyr / Fotolia.com

Diese, durch CO2 ausgelösten Effekte müssten im Experiment von denen, welche die mVOCs auslösen unterschieden werden. Nur so ist es möglich die tatsächliche Wirkung der mVOCs zu bewerten. Doch Angaben, welche Versuchsaufbauten genau bei Untersuchungen genutzt wurden und ob die CO2-Konzentrationen höher waren als in der Umgebungsluft, fehlen oft in den bisher veröffentlichten Studien. Dies müsse in Zukunft berücksichtigt und beschrieben werden. Auch sind CO2-Kontrollen bzw. Kontrollen auf andere anorganische Verbindungen wie NH3 oder Schwefelwasserstoff (H2S) nötig, um Aussagen zur Wirkung der leicht flüchtigen mikrobiellen Verbindungen zu treffen.

Hoffnung für die Zukunft

Dennoch glauben die Autoren, dass die mVOC-Emissionen der Bakterien und Pilze einen wichtigen Einfluss auf die Beziehung der Pflanzen zu den Mikroben und der Mikroben untereinander haben. Die biologischen und ökologischen Funktionen dieser flüchtigen Stoffe zu verstehen, wird eine Aufgabe für Forscher weltweit bleiben. Denn nur so kann deren Potenzial für Pflanzen verstanden und nutzbar werden. Ob die mVOCs allein oder nur in Kombination mit anderen mVOCs wirken und ob diese von einer oder auch von unterschiedlichen Spezies stammen, sind weitere Forschungsfragen. Ziel ist es, mVOCs zu beeinflussen. Positive mVOCs sollen genutzt und solche mit negativen Wirkungen bekämpft werden. So könnten Mikroorganismen oder regelrechte Cocktails von Mikroben als eine Art „biologischer Dünger“ gezielt eingesetzt werden. Für Landwirte und Gärtner wäre das eine interessante Bereicherung und mögliche Alternative zu den chemisch synthetisierten Düngern und Pflanzenschutzmitteln. Doch bis es soweit ist, ist noch einige Forschung nötig.  


Quellen:

  • Piechulla, B. und Schnitzler, J.-P. (2016): Circumvent CO2 Effects in Volatile-Based Microbe–Plant Interactions. In: Trends in Plant Science, (25. Mai 2016), doi: 10.1016/j.tplants.2016.05.001.
  • Kai, M. et al. (2016): Bacterial-Plant-Interactions: Approaches to Unravel the Biological Function of Bacterial Volatiles in the Rhizosphere. In: Front. Microbiol., (9. Februar 2016), doi: 10.3389/fmicb.2016.00108.
  • Lemfack, M.C. et al. (2014): mVOC: a database of microbial volatiles. In: Nucl. Acids Res., 42 (D1): D744-D748, (1. Januar 2014), doi: 10.1093/nar/gkt1250.
  • Ryu et al. (2003): Bacterial volatiles promote growth in Arabidopsis. In: PNAS, (8. April 2003), doi: 10.1073/pnas.0730845100.

Weiterführende Informationen:

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Titelbild: Auch Mikroorganismen, z. B. Pilze, geben Duftstoffe an die Umgebung ab - sie werden mVOCs genannt. (Bildquelle: © iStock.com/ AndreasReh)