Der etwas andere Landwirt

Ein Pilz baut sich Bakterien an

11.11.2013 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Morcheln bilden oberirdisch auffällige Fruchtkörper aus (hier: Speise-Morchel). Doch unter der Erde interagieren sie mit Bodenmikroben. Ein Vertreter dieser Gattung kann sogar Bakterien gezielt kultivieren. (© Andreas Kunze/wikimedia.org; CC BY-SA 3.0)

Morcheln bilden oberirdisch auffällige Fruchtkörper aus (hier: Speise-Morchel). Doch unter der Erde interagieren sie mit Bodenmikroben. Ein Vertreter dieser Gattung kann sogar Bakterien gezielt kultivieren. (© Andreas Kunze/wikimedia.org; CC BY-SA 3.0)

Ein Pilz aus der Gattung der Morcheln kultiviert gezielt Bakterien im Boden, um sie anschließend zu „ernten“ und als zusätzliche Nahrungsquelle zu verzehren. Diese Beziehung scheint auf den ersten Blick einseitig, ist allerdings zu beiderseitigem Nutzen. 

Wir Menschen haben im Laufe der Zeit vielfältige Anbausysteme entwickelt, um unsere Nahrung zu produzieren. Doch es gibt auch einige wenige Beispiele von anderen Lebewesen: Die Blattschneiderameisen, züchtet sich beispielsweise Pilze in sogenannten Pilzgärten heran. Eine neue Studie fand nun offenbar den ersten Vertreter außerhalb des Tierreichs, der hierzu in der Lage ist. Ein Pilz aus der Gattung der Morcheln (Morchella) züchtet sich Bodenbakterien der Art Pseudomonas putida heran.

Unterirdische Bakterienzucht

#####1#####
Neben dem Menschen gibt es auch noch andere Lebewesen, die sich ihre Nahrung gezielt anbauen, z.B. die Blattschneiderarmeisen, die sich Pilze heranzüchten.

Neben dem Menschen gibt es auch noch andere Lebewesen, die sich ihre Nahrung gezielt anbauen, z.B. die Blattschneiderarmeisen, die sich Pilze heranzüchten.

Bildquelle: © iStockphoto.com/ michaklootwijk

Wir erkennen Pilze anhand ihres Fruchtkörpers, der aus dem Boden herausragt. Was wir nicht direkt sehen, ist das große unterirdische Zellgeflecht (das sogenannte Myzel). Genau hier findet jedoch die Interaktion mit Bodenmikroben statt, die in der vorliegenden Studie näher untersucht wurde: Um zu klären, wie der Pilz Morchella crassipes mit Bakterien der Art Pseudomonas putida interagiert analysierten die Wissenschaftler zunächst, inwieweit beide Nährstoffe austauschen. Dafür markierten sie die Pilze mit dem Kohlenstoff-Isotop 13C, weil das leicht nachzuweisen ist. Tatsächlich fanden sich die 13C markierte Nährstoffe auch in den Bakterien wieder. Für die Wissenschaftler ein eindeutiges Zeichen, dass sich die Bakterien von den Ausscheidungen der Pilze ernähren.

Die Bakterien vermehrten sich dadurch prächtig und breiteten sich entlang der unterirdisch gelegenen fadenförmigen Zellen des Pilzes (Hyphen) aus. Dann jedoch reduzierte sich die Zahl der Bakterien dramatisch – der Pilz hatte mit der „Ernte“ begonnen. Dass der Pilz sich von den Bakterien ernährt, zeigte wiederum ein zweites Experiment: Die Forscher markierten nun die Bakterien mit dem Isotop und fanden es in den Kohlenstoff-Reserven (Sklerotien) der Pilze wieder.

Beide Seiten profitieren

Die Forscher haben damit eine bisher unbekannte mutualistische Beziehung (Symbiose) zwischen Pilzen und Bakterien entdeckt, d.h. dass beide davon einen Nutzen haben. Die Bakterien vermehren und verbreiten sich durch den Pilz besser und der Pilz hat durch die Bakterien eine zusätzliche Kohlenstoffquelle.

Der Pilz hat Vorlieben

Die Forscher wollten daraufhin wissen, ob es eine exklusive Partnerschaft ist, oder ob der Pilz auch andere Bakterien kultivieren kann. Der Test mit zwei weiteren Bakterien-Stämmen legt nahe, dass der Pilz mindestens eine weitere Bakterienart heranzüchten kann, dies aber nicht mit allen Bakterien funktioniert.

Die Forscher wollen sich dieser besonderen Beziehung von Pilz und Bakterien nun noch weiter widmen, da sie noch nicht völlig verstanden ist. Statt Pilze und Bakterien im Nährmedium zu ziehen, sollen nun Experimente im Freiland folgen.


Quelle:
Pion, M. et al. (2013): Bacterial farming by the fungus Morchella crassipes. In: Proc. R. Soc. B, (30. Oktober 2013), doi: 10.1098/rspb.2013.2242.

Zum Weiterlesen:

Titelbild: Morcheln bilden oberirdisch auffällige Fruchtkörper aus (hier: Speise-Morchel). Doch unter der Erde interagieren sie mit Bodenmikroben. Ein Vertreter dieser Gattung kann sogar Bakterien gezielt kultivieren. (Quelle: © Andreas Kunze/wikimedia.org; CC BY-SA 3.0)