Der PHENObot

Ein technischer Helfer in der Rebenzüchtung

27.07.2015 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Der PHENObot wurde im Projekt

Der PHENObot wurde im Projekt "PHENOvines" konstruiert. Frau Anna Kicherer und Herr Prof. Dr. Reinhard Töpfer schauen nach dem Rechten. (Bildquelle: © Ursula Brühl, Julius Kühn-Institut Siebeldingen)

Der „PHENObot“ ist ein Phänotypisierungsroboter. Unter dem komplizierten Name verbirgt sich ein Freilandroboter, der automatisiert die äußerlichen Merkmale (Phänotyp) von Weinreben direkt an den Rebstöcken im Weinberg erfassen kann.

Der PHENObot ist technisch gesehen ein Kettenfahrzeug, das mit Hilfe von GPS (Global Positioning System) gesteuert wird. Der Unterbau ist ein kommerzielles Gerät, das eigentlich für die Apfelernte eingesetzt wird. Es wurde mit modernsten Sensoren, Kameras und technischem Equipment aufgemotzt. Seine Arbeit besteht darin, auf zuvor festgelegten Routen durch die Reihen des Weinbergs zu fahren und an jedem Rebstock ein Foto zu schießen. Auf diese Weise können mehrere wichtige agronomische Merkmale erfasst werden, wie die Beerengröße als ein Ertragsparameter. Auch Anzeichen von Krankheits- oder Schädlingsbefall können so detektiert werden. Diese Datenerfassung wird in der Fachsprache Bonitur genannt und klassischerweise von Menschen durchgeführt.

#####video#####

Video: Der PHENObot in Aktion
(Quelle: Pheno Vines/youtube.com)

Mensch versus Technik

Doch warum benötigt man dafür nun eine Maschine? Es sprechen mehrere Gründe für einen Roboter: Er liefert zu jeder Zeit eine Vielzahl von Daten, die archiviert und somit auch nachträglich auf bestimmte Eigenschaften und andere Parameter hin untersucht werden können. Somit erfasst der Roboter auch Informationen, die eventuell bei der derzeitigen Bonitur noch nicht von Belang waren, aber in der Zukunft eine Rolle spielen könnten. Von Vorteil ist die Archivierung auch, wenn neue Auswerteroutinen etabliert werden. Dann können die bereits erfassten phänotypischen Daten direkt genutzt werden. Das kann unter Umständen viel Zeit im Zuchtprozess einsparen. Der PHENObot ist darüber hinaus auch nicht zimperlich – er kann bei Hitze, Kälte oder leichtem Regen und sogar nachts eingesetzt werden. Ihn stören demnach Bedingungen nicht, unter denen Menschen eher ungern arbeiten.

„Der Züchter ist nicht annährend in der Lage die Gesamtheit seines Zuchtmaterials systematisch und in großer Breite zu analysieren. Daher muss er sich auf bestimmte prioritäre Merkmale fokussieren. Möchte man im Anfangsstadium des Züchtungsprozesses das Material besser und genauer untersuchen, würde man sehr viel Personal benötigen, das zudem akribisch und immer gleich arbeitet und das über viele Jahre hinweg. Da sind wir schnell an die Grenzen gestoßen“, erklärt Prof. Dr. Reinhard Töpfer, Leiter des Julius Kühn-Instituts (JKI) für Rebenzüchtung Geilweilerhof. „Es ist aber sicherlich nicht zu erwarten, dass ein solches Gerät Arbeitskräfte ersetzt“, sagt er weiter. Prof. Töpfer war Projektkoordinator des PLANT 2030- Projekts „PHENOvines“, in dem der PHENObot entwickelt wurde. Es wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) über eine Laufzeit von drei Jahren (2011 –2014) gefördert.

#####1#####
Im PLANT 2030 Projekt PHENOvines wurde ein Freilandroboter entwickelt, der automatisch Daten von Weinreben im Weinberg sammelt.
Mehr zum Projekt ...

Im PLANT 2030 Projekt PHENOvines wurde ein Freilandroboter entwickelt, der automatisch Daten von Weinreben im Weinberg sammelt.
Mehr zum Projekt ...

„Der Roboter ist objektiv und unbestechlich – er hat montags dieselbe Stimmung wie freitags, was man vom Menschen nicht immer behaupten kann“, ergänzt Prof. Dr. Hans-Peter Schwarz, Leiter des Instituts für Technik an der Hochschule Geisenheim University, der für die Konstruktion des PHENObots mitverantwortlich war. „Dem Personal werden die Bonitierungsarbeiten abgenommen. Das macht es möglich, die Mitarbeiter für andere Zwecke einzusetzen“, sagt Prof. Schwarz weiter.

Allerdings gibt es auch Nachteile: Da die Sicherheit an erster Stelle steht, hat er viele Sensoren, die Hindernisse im Weg detektieren und das Gerät zum Stoppen bringen. Ist es ein Tier oder gar ein Mensch, ist das notwendig. Ragt aber nur eine Wurzel ungünstig in den Weg, könnten wir natürlich einfach vorbei laufen – der Roboter ist für diese Entscheidung auf uns Menschen angewiesen.

Bisher ist er nur ein Prototyp, aber bereits mächtig hilfreich

Der fahrbare Untersatz wurde vom Institut für Technik der Hochschule Geisenheim University konstruiert und optimiert. Das Institut für Rebenzüchtung Geilweilerhof erarbeitete das Bildanalysesystem, mit Sensoren und Auswerteroutinen. Wirtschaftliche Partner des Projektes waren die Heinrich Mayer GmbH & Co.KG, Reichhardt Steuerungstechnik GmbH und Deutsches Weintor eG, sie brachten die Sicht der Praktiker ein, stellten Flächen zur Verfügung und bewerteten die Leistung des PHENObots.

„Der PHENObot ist nur zur Unterstützung der Züchtung gebaut worden“, betont Prof. Schwarz. Bisher existiert der PHENObot als Prototyp, der im Zuchtgarten des Instituts für Rebenzüchtung Geilweilerhof bereits fleißig im Einsatz ist. Denn dort wird daran geforscht, Weinreben widerstandsfähigere zu machen und neue Sorten zu entwickeln. Vor allem sollen sie resistent oder zumindest tolerant gegenüber Pilzen wie dem Mehltau sein, um den Einsatz von Fungiziden zu verringern. Echter und Falscher Mehltau zählen nämlich zu den bedeutendsten Rebenschaderregern und werden mit Pflanzenschutzmitteln in Schach gehalten.

#####2#####
Beispiel einer Auswertung eines vom PHENObot gemachten Bildes: Das Programm detektiert zunächst runde Strukturen im Bild und entscheidet anschließen, welche Kreise tatsächlich Beeren sind und welche nicht. „Wahre Beeren“ werden dann, rot dargestellt.

Beispiel einer Auswertung eines vom PHENObot gemachten Bildes: Das Programm detektiert zunächst runde Strukturen im Bild und entscheidet anschließen, welche Kreise tatsächlich Beeren sind und welche nicht. „Wahre Beeren“ werden dann, rot dargestellt.

Bildquelle: © Kicherer, Julius Kühn-Institut Siebeldingen

Nach dem Projekt ist vor dem Projekt

Der Zuchtgarten liegt allerdings in Flachlage. Wenn man den PHENObot für weitere praktische Anwendungen nutzen möchte, müsste man prüfen, ob er auch auf Steillagen einsetzbar ist. Denn oft werden Weinreben an sehr steilen Hängen angepflanzt, was die Kulturlandschaft der Anbaugebiete stark prägt. Leichte Steigerungen dürften zwar kein Problem sein, aber für eine Nutzung in unterschiedlichen Anbaugebieten müsste er noch angepasst werden.

Er ist zwar als Helfer für die Rebenforschung und -züchtung konzipiert worden, könnte aber leicht modifiziert auch für andere Kulturpflanzenarten genutzt werden. „Wir denken darüber nach, zukünftig mit unseren Kollegen von der Obstzüchtung ein paar Experimente mit dem PHENObot durchzuführen“, sagt Prof. Töpfer. Auch ein kommerzieller Einsatz bei Winzern ist in der Zukunft vorstellbar.

Doch all diese Überlegungen bedürfen weiterer Forschung. Aus Sicht der Forschung ist die Finanzierung von Projekten wie „PHENOvines“ notwendig, damit Deutschland sich als Innovationsstandort behaupten kann. Für den PHENObot wäre die Überführung in ein marktfähiges Produkt der nächste Schritt. Doch dafür müssten weitere Wirtschaftspartner gewonnen werden, die die Weiterentwicklung des Prototyps zu einem möglichst vielseitig nutzbaren Roboter fördern und diesen auch vermarkten können.


Publikation zum Projekt:

Kicherer, A. et al. (2015): An Automated Field Phenotyping Pipeline for Application in Grapevine Research. In: Sensors 2015, 15(3), 4823-4836, (26. Februar 2015), doi: 10.3390/s150304823.

Zum Weiterlesen auf Pflanzenforschung.de:

Titelbild: Der PHENObot wurde im Projekt "PHENOvines" konstruiert. Frau Anna Kicherer und Herr Prof. Dr. Reinhard Töpfer schauen nach dem Rechten. (Bildquelle: © Ursula Brühl, Julius Kühn-Institut Siebeldingen)

PLANT 2030 vereint die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Forschungsaktivitäten im Bereich der angewandten Pflanzenforschung. Derzeit umfasst dies die nationale Förderinitiative „Pflanzenbiotechnologie für die Zukunft“ und die Ausschreibungen des transnationalen Programms „PLANT-KBBE“, an denen sowohl Wissenschaftler aus dem akademischen Bereich als auch privatwirtschaftliche Unternehmen beteiligt sind.
Weitere Informationen finden Sie unter: PLANT 2030