Dialog GEA: Alles rund um Genome Editing

Interview mit Dr. Henrike Perner

05.09.2017 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Dialog GEA ist eine neue Informationsplattform zu Genome Editing in der Landwirtschaft. (Bildquelle: © MPI-MP)

Dialog GEA ist eine neue Informationsplattform zu Genome Editing in der Landwirtschaft. (Bildquelle: © MPI-MP)

Die neue Internet-Informationsplattform Dialog GEA bietet allerhand Informationen zu neuen molekularbiologischen Methoden, die unter „Genome Editing“ zusammengefasst werden. Pflanzenforschung.de sprach mit Dr. Henrike Perner vom Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie über die neue Website.

Pflanzenforschung.de: Kürzlich ging Dialog GEA online. Was verbirgt sich dahinter?

Perner: Das Portal ist die zentrale Kommunikationsplattform des interdisziplinären Forschungsprojektes ELSA-GEA – das Akronym steht für: Ethische, rechtliche und sozioökonomische Aspekte des Genome Editing in der Agrarwirtschaft. Wir betrachten das Thema Genome Editing in der Landwirtschaft also aus sehr unterschiedlichen Perspektiven. Auf Dialog GEA werden wir unsere Ergebnisse präsentieren. Hinzu kommen wissenschaftliche Veröffentlichungen, Meinungen unterschiedlicher Akteure sowie Neuigkeiten zum Thema.

Pflanzenforschung.de: Welche Methoden meinen Sie, wenn Sie von Genome Editing sprechen?

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Wir sprachen mit Dr. Henrike Perner vom Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie. Im Projekt „ELSA-GEA“ ist sie für den Bereich Wissenschaftskommunikation verantwortlich und konzipierte hierfür die Website Dialog GEA.

Wir sprachen mit Dr. Henrike Perner vom Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie. Im Projekt „ELSA-GEA“ ist sie für den Bereich Wissenschaftskommunikation verantwortlich und konzipierte hierfür die Website Dialog GEA.

Bildquelle: Henrike Perner

Perner: Genome Editing ist eine Technik, mit der man gezielt die DNA-Sequenz eines Genoms an bestimmten Stellen ansteuern und dort verändern kann. Dazu stehen einem zwei verschiedene Methoden zur Verfügung: Die Oligonukleotid gerichtete Mutagenese (ODM) und die induzierte Mutation, bei der mit ortsspezifischen Nukleasen (SDN) ein gezielter DNA-Bruch erzeugt wird. Zu den SDN gehören zum Beispiel die Zinkfingernukleasen oder das bekannte CRISPR/Cas-System.

Pflanzenforschung.de: Zurück zu ELSA-GEA – Was ist das Ziel dieses Projekts?

Perner: Es ist eines von insgesamt sieben aktuell vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekten, die sich speziell mit den Chancen und Risiken des Genome Editing bei Menschen, Pflanzen und Tieren auseinandersetzen. Dabei stehen ethische, rechtliche und soziale Aspekte und mögliche Anwendungen im Fokus der Forschung.

ELSA-GEA ist mit fünf Projektpartnern eines der größten Projektkonsortien und konzentriert sich auf die Anwendung im landwirtschaftlichen Bereich – also bei Nutzpflanzen und Nutztieren. Wir beschäftigen uns beispielsweise mit den folgenden Fragen:

  • Welchen Nutzen oder welche Kosten können durch die Anwendung von Genome Editing in der Züchtung für die Produzenten, die Konsumenten oder die Umwelt entstehen?
  • Wie sieht eine Nutzen/Risiko-Abschätzung solcher genomeditierter Nutzpflanzen und Nutztiere aus?
  • Wie sinnvoll ist eine Kennzeichnung, die sich am Einsatz einer Technologie orientiert, die – wie im Falle des Genome Editing – im Produkt aber nicht mehr nachweisbar ist?
  • Wie werden die Methoden rechtlich eingeordnet?

Wir haben im November letzten Jahres begonnen und werden in den kommenden zwei Jahren systematisch ethische, rechtliche und sozialökonomische Aspekte zusammentragen und eine Risikoabschätzung erarbeiten.

Pflanzenforschung.de: Welche Fachrichtungen beteiligen sich denn am Projekt?

Perner: Hier forschen Naturwissenschaftler, Rechtswissenschaftler, Soziologen, Volkswirte, Ethiker und Philosophen gemeinsam. Jeder untersucht Genome Editing in der Landwirtschaft aus seiner fachlichen Expertise heraus. Wir wollen aber nicht nur nebeneinander, sondern auch miteinander forschen. Deshalb haben wir zum Beispiel regelmäßig Projekttreffen. Es war gleich zu Beginn interessant zu beobachten, wie unterschiedlich die Projektpartner an das Thema herangehen, welche Fragen sie stellen und wie verschieden die Fachsprachen sind.

Außerdem organisieren wir drei gemeinsame Stakeholder-Workshops. Wir wollen unterschiedlichste Perspektiven und Expertisen an einen Tisch bringen. In einem geschützten Raum wollen wir einen offenen Austausch ermöglichen, der uns im Projekt voranbringen soll.

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Vor kurzem gelang es Pflanzenforschern aus Kiel, Raps mit Hilfe von CRISPR/Cas9 gezielt zu verbessern (Braatz et al., 2017).

Vor kurzem gelang es Pflanzenforschern aus Kiel, Raps mit Hilfe von CRISPR/Cas9 gezielt zu verbessern (Braatz et al., 2017).

Bildquelle: © sp4764/Fotolia.com

Pflanzenforschung.de: Welche Aufgabe haben Sie dabei?

Perner: Ich bin von Hause aus Agrarbiologin und habe einen Master in Wissenschaftsmarketing. Bei ELSA-GEA koordiniere ich gemeinsam mit Dr. Matthias Arlt das Projekt und bin verantwortlich für die  Kommunikation. Als Plattform habe ich zum Beispiel die Projektwebseite Dialog GEA entwickelt, die seit Ende Juli online ist.

Pflanzenforschung.de: Und die Website – was wollen Sie mit der erreichen?  

Perner: Wir verfolgen das Ziel, über die drei Jahre hinweg eine umfassende Datenbasis zu diesem komplexen Thema aufzubauen. Wir stellen wissenschaftliche Daten auf Dialog GEA in Form von Texten, aber auch als Videos oder Hörbeispielen zur Verfügung. Das Thema wird sicherlich noch lange für Diskussionen sorgen und wir wollen dazu beitragen, dass diese Diskussionen auf einer informierten Grundlage stattfinden.

Die Plattform richtet sich daher an eine Vielzahl möglicher Interessenten: Wissenschaftler, aber auch Vertreter von Verbänden, Vereinen, NGOs, Wissenschaftsjournalisten sowie Politiker – eigentlich an alle, die sich für das Thema interessieren und noch tiefer in die Materie einsteigen wollen.

Am Ende der Projektlaufzeit wollen wir auf der Seite eine große Datenvielfalt anbieten, die zum Entdecken einlädt: Informationen zu den Methoden, Anwendungsbeispiele, Chancen- und Risikoabschätzungen genomeditierter Nutzorganismen für die Gesellschaft, Ökonomie und Umwelt,  rechtliche Regelungen in Deutschland und Europa sowie ethische Perspektiven auf die Wahlfreiheit des Verbrauchers beim Einkauf. Und eines ist sicher: Es gibt im Moment mehr Fragen als Antworten zu diesem Thema und daher sind Initiativen wie ELSA-GEA so enorm wichtig.

Pflanzenforschung.de: Haben Sie vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg mit dem Projekt!