Die Checker-App

HawkSpex® macht das Handy zum Super-Auge

13.03.2017 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Mithilfe einer Smartphone-Anwendung des Fraunhofer-Instituts sollen Kontaminationen oder Qualitätsparameter von Lebensmitteln sichtbar gemacht werden. (Bildquelle: © Fraunhofer IFF)

Mithilfe einer Smartphone-Anwendung des Fraunhofer-Instituts sollen Kontaminationen oder Qualitätsparameter von Lebensmitteln sichtbar gemacht werden. (Bildquelle: © Fraunhofer IFF)

Kontaminationen oder Qualitätsparameter von Lebensmitteln sind auf den ersten Blick und ohne aufwendige Analysen oft nicht zu erkennen. Mithilfe einer Smartphone-Anwendung des Fraunhofer-Instituts sollen diese nun für den Hausgebrauch sichtbar gemacht werden. Die Anwendungsfelder der App sind nahezu beliebig erweiterbar. Entsprechend dem Wiki-Prinzip sollen die für die App wichtigen Daten durch die Nutzer oder, wie es neudeutsch heißt, die Community zusammengetragen und ergänzt werden.

Ob der Apfel wirklich biologisch angebaut wurde oder nicht, ob Obst und Gemüse Rückstände von Pflanzenschutzmitteln anhaften oder mit Giftstoffen (Mykotoxine) von Pilzen kontaminiert sind, alles das kann der Kunde am Obstregal nicht erkennen. Auch ob das Brot für Zöliakie-Patienten tatsächlich kein Gluten enthält, ist von außen nicht ersichtlich. In solchen und ähnlichen Fällen muss sich der Verbraucher am Supermarktregal auf die Aussagen der Produzenten und Lebensmittelkontrolleure verlassen. Doch jetzt kommt der Schnelltest für die Hosentasche. Dieser würde es jedem Besitzer eines Smartphones ermöglichen, sich ein eigenes Bild zu machen. 

Die HawkSpex® App des Fraunhofer-Instituts für Fabrikbetrieb und -automatisierung (IFF) in Magdeburg will Verbrauchern die Möglichkeit geben, besagte Informationen vor Ort und in Echtzeit zu prüfen. Das Prinzip: Der Kunde zückt das Smartphone, öffnet die App, richtet das Gerät auf das zu prüfende Objekt und erhält die gewünschte Information.

Etablierte Idee in neuer Form

Zwar gibt es bereits Systeme, die ähnliche Analysen mit einem Smartphone durchführen, jedoch muss der Nutzer hierfür zusätzliche optische Elemente, zum Beispiel ein Prisma, vor die Smartphone-Kamera klemmen. Das Prisma fächert das vom Messobjekt reflektierte Licht in die Spektralfarben auf.

So erstellt die Kamera einen spektralen Fingerabdruck des Gegenstands, da unterschiedliche Moleküle Licht auf unterschiedliche Weise reflektieren. Aus diesem Fingerabdruck lassen sich dann mithilfe von mathematischen Algorithmen Informationen über das Untersuchungsobjekt gewinnen, z.B. über die Reinheit von Kaffeebohnen, ob und womit das Objekt kontaminiert ist oder sogar in Bezug auf einige Inhaltsstoffe. Es handelt sich hierbei um ein Verfahren, das mit professionellem Equipment in der Forschung und der Landwirtschaft bereits Anwendung findet, nun aber auch Verbrauchern zugänglich ist.

Hyperspektralkamera wird nachgeahmt

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Ob Nahrungsmittel wirklich biologisch angebaut wurden oder Rückstände von Pflanzenschutzmitteln anhaften, kann der Kunde bisher nicht erkennen.

Ob Nahrungsmittel wirklich biologisch angebaut wurden oder Rückstände von Pflanzenschutzmitteln anhaften, kann der Kunde bisher nicht erkennen.

Bildquelle: © iStock.com/ simazoran

Das Besondere am neuen System der Fraunhofer Wissenschaftler ist, dass es gänzlich ohne Erweiterung und teures Zusatzequipment auskommt. Der Clou: Anstatt das weiße LED-Licht des Handys zu streuen, wird das Untersuchungsobjekt gleich mit Licht in unterschiedlichen Spektren bestrahlt. Nun sind selbst moderne Geräte nicht in der Lage, Licht in verschiedenen Farbtönen zu erzeugen. Doch lässt sich dies umgehen, indem man das Smartphone umdreht und das Objekt vor das Display hält, das in der Lage ist, unterschiedlichste Farben widerzugeben. Wobei für die Spektralanalyse nur die Farben Rot, Grün und Blau nötig sind. Die einzige Voraussetzung ist, dass sich auf der Displayseite ebenfalls eine Kamera befindet, die das reflektierte Licht auffängt. Intelligente Algorithmen sorgen dafür, dass die App mit der begrenzten Rechenleistung eines Smartphones auskommt, die eingeschränkten Leistungen von Kamera und Display kompensiert werden.

App auch für den professionellen Bereich interessant

Doch nicht nur für Endverbraucher könnte die Anwendung interessant sein. So könnte zum Beispiel auch ein Landwirt auf dem Feld ohne weitere Hilfsmittel die Nährstoffversorgung seiner Pflanzen prüfen und je nach Mängel entsprechend handeln. Stoffe, die nur in Spuren vorhanden sind, kann HawkSpex® nicht aufspüren. Trotzdem ist ein Einsatz bei der Qualitätskontrolle von Lebensmitteln oder zur Einschätzung der Wirksamkeit von Kosmetikprodukten denkbar. Die Ergebnisse der Software werden übrigens im Rahmen eines Ampelsystems visualisiert.

Exakte und standardisierte Analysen wie im professionellen Bereich kann die App jedoch nicht ersetzen. Allergikern, die über Spuren von z. B. Nussproteinen ihrer Lebensmittel Bescheid wissen müssen, wird die App damit nicht helfen können. Sie müssen sich weiter auf komplett isolierte Produktionsprozesse und Deklarationen auf den Lebensmitteln verlassen.

Wikipedia-Ansatz soll Datenbasis verbessern

Mit zunehmender Nutzung wird die Datenbasis, auf die die Software zurückgreift, immer besser und größer. Dieses Wiki-Prinzip ist Bestandteil der App. Die Nutzer-Community generiert und reichert die Datenbasis kontinuierlich an. Ein Ansatz, der bereits vom Online-Lexikon Wikipedia bekannt ist. Im Gegensatz zu Wikipedia werden bei HawkSpex® die Daten der Nutzer von Forscherteams geprüft und verifiziert. Erst nach dieser Prüfung werden diese für die Anwendung freigeschaltet. Ein zentrales Anliegen des Magdeburger Entwicklerteams ist, dass so viele neue Anwendungen möglich werden. Die erste Laborversion der zum Patent angemeldeten App ist bereits fertig. Läuft alles planmäßig, soll die App Ende dieses Jahres auf den Markt kommen, so Entwickler Udo Seiffert.


Quelle:
Fraunhofer IFF (2017): App entlarvt Inhaltsstoffe.

Zum Weiterlesen:

Titelbild: Mithilfe einer Smartphone-Anwendung des Fraunhofer-Instituts sollen Kontaminationen oder Qualitätsparameter von Lebensmitteln sichtbar gemacht werden. (Bildquelle: © Fraunhofer IFF)