DNA Regionen gegen transkriptionelle Genstilllegung

Transgene: Nie mehr ungewollt abgestellt

21.02.2013 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

 (Quelle:© iStockphoto.com/Oleg Fedorkin).

(Quelle:© iStockphoto.com/Oleg Fedorkin).

Das unbeabsichtigte Ausschalten von Genen in transgenen Pflanzen hat viele Ursachen und bereits Generationen von Forschern zur Verzweiflung gebracht. Die zugrundeliegenden Prozesse sind komplex. Wissenschaftler etablierten nun eine Screeningmethode, mit der sich anti-silence DNA-Regionen aufspüren lassen, die eine transkriptionelle Genstilllegung verhindern.

Genau wie bei endogenen Genen kann auch die Expression von Transgenen, also von künstlich in einen Organismus eingeführten Genen, sowie die Aktivität von Transposons oder anderen invasiven Nukleinsäuren epigenetisch beeinflusst werden. Wird ein Transgen stillgelegt, kann das verschiedene Ursachen haben: In manchen Fällen spielt die Sequenzhomologie, also die Ähnlichkeit des Transgens zu nativen Bereichen auf den Chromosomen eine Rolle. Aber auch die Anzahl der Kopien, also wie oft sich die transgene Sequenz an einer Stelle in die DNA integriert hat, ist bedeutsam. Weiterhin ist die chromosomale Umgebung um das inserierte Transgen entscheidend. Das Zusammenspiel einiger oder aller dieser Faktoren ist bei der Expression oder Stilllegung eines Transgens wichtig und verdeutlicht, mit welcher biologischen und biochemischen Komplexität es die Wissenschaftler zu tun haben.

Ausschaltknopf: Vor oder nach der Transkription

Pflanzenforscher unterscheiden grundsätzlich zwischen zwei Mechanismen der Genstilllegung: der transkriptionellen und der post-transkriptionellen Genstilllegung (engl.: (post)transcriptional gene silencing – (P)TGS). Bei der TGS wird bereits die Transkription verhindert. Sie kommt häufig vor, wenn die beteiligten Gene Sequenzhomologien in ihren Promotorregionen aufweisen. Bei der PTGS hingegen werden die Transkripte sequenzspezifisch abgebaut und hängen von den Homologien der transkribierten Regionen ab. Die TGS behindert transgene Technologien teilweise massiv, da sie in transgenen Pflanzen spontan auftritt und an nachfolgende Generationen vererbt werden kann.

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In der genomischen DNA-Bibliothek von Lotus janponicus entdeckten die Wissenschaftler ein DNA-Element namens ASR602 mit einer anti-silencing Aktivität.

In der genomischen DNA-Bibliothek von Lotus janponicus entdeckten die Wissenschaftler ein DNA-Element namens ASR602 mit einer anti-silencing Aktivität.

Bildquelle: © Mike Guether / wikipedia.de; gemeinfrei

Endogene DNA-Wächter

Die Genstilllegung eines Transgens ist kein verlässlicher Prozess: Manche transgenen Sequenzen erfahren eine TGS, während andere völlig normal transkribiert werden. Das lässt Wissenschaftler vermuten, dass es endogene DNA-Sequenzen gibt, die aktiv bestimmen, ob eine Sequenz abgelesen wird oder nicht. Transgene Inserts, die eine transkriptionelle Genstilllegung erfahren, sorgen dafür, dass oft andere homologe Promotoren in trans ebenfalls stillgelegt werden. Dabei spricht man von einer trans-TGS. DNA-Sequenzen, die Transgene vor einer trans-TGS bewahren könnten, sind bisher nicht bekannt. In einer im Januar 2013 veröffentlichten Studie haben sich Wissenschaftler auf die Suche nach genau solchen DNA-Elementen gemacht, die sie als anti-silencing regionen (ASR) bezeichnen. 

Dazu benutzten die Forscher eine transgene Tabakpflanze, in der alle nachträglich eingebrachten Transgene mit demselben Promotor wie dem des ersten Transgens transkriptionell stillgelegt wurden. Mit Hilfe dieser Strategie spürten die Forscher DNA-Sequenzen auf, die in der Lage waren, die trans-TGS zu umgehen. Diese anti-silencing-Sequenzen isolierten die Forscher und testeten sie in zwei weiteren Systemen. Eine der ASR konnte in allen drei Testsystemen eine trans-TGS verhindern.

Bei den transgenen Testpflanzen mit unterschiedlichen Konstrukten und Promotoren handelte es sich um: 

  • eine Tabakpflanze mit mehrfachen transgenen Insertionen und einer obligatorischen TGS.
  • eine Tabakpflanze mit einem einzelnen Transgen, das von einem homozygoten 35S-Promotor gesteuert wird, die eine TGS mit zunehmender Anzahl des Promotors aufweist.
  • eine Arabidopsis-Linie, die durch die Transformation mit dem Blüten-induzierenden FWA-Gen obligatorisch TGS durchführt.

ASR602 – nur eine von vielleicht Tausenden Varianten

Mit Hilfe dieses Screeningsystems entdeckten die Forscher ein DNA-Element namens ASR602 mit einer anti-silencing Aktivität. Transgene, die mit diesem DNA-Element verbunden waren, umgingen die trans-TGS in allen drei Testpflanzen. ASR602 ist eine speziesspezifische Sequenz aus der genomischen DNA-Bibliothek von Lotus janponicus.

Wie genau ASR602 auf molekularbiologischer Ebene wirkt, wissen die Forscher noch nicht. Sie vermuten jedoch, dass ASR602 epigenetische Prozesse beeinflusst.

Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass es zahlreiche dieser anti-genstilllegenden Sequenzen in einem eukaryotischen Genom gibt, die durch weitere groß angelegte Screeningansätze wie dem oben beschriebenen gefunden werden könnten. So könnten die Gentechnik und damit die Grundlagenforschung wie auch deren Anwendung revolutioniert werden, spekulieren die Forscher. In der Analyse der Anti-silcencing-Regionen sehen die Wissenschaftler neue Forschungsansätze im Bereich der epigenetischen Genomregulation. 


Quelle:

Kashimoto, N. et al. (2013): DNA elements reducing transcriptional gene silencing revealed by a novel screening strategy. PLoS One. 2013;8(1):e54670, doi: 10.1371/journal.pone.0054670.

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