Ein Euro weniger für Junkfood

Döner macht nicht schöner, aber auch nicht ärmer

21.01.2014 | von Gastautorin: Dr. Liselotte Selter

Döner, Burger, Pommes und Co. zählen nicht gerade zu den gesunden Mahlzeiten und dennoch werden sie häufig gegessen. (Quelle: © iStockphoto.com/clemarca)

Döner, Burger, Pommes und Co. zählen nicht gerade zu den gesunden Mahlzeiten und dennoch werden sie häufig gegessen. (Quelle: © iStockphoto.com/clemarca)

Wer kennt dieses Dilemma nicht: Kaum ist Feierabend erinnert einen der knurrende Magen schon an die Frage nach dem Abendessen. Fast Food oder die Tiefkühlpizza zum Aktionspreis sind da einfach zu verlockend, als dass man sich noch weiter Gedanken zu Kochen, Gemüse oder gesunde Ernährung machen möchte. Vor allem ärmere Bevölkerungsschichten greifen häufiger zu Junkfood. Ist es fehlende Bildung oder doch der Preis, welcher über unser Entscheidungsverhalten beim Essen entscheidet?

Übergewicht gilt als weit verbreitete Zivilisationskrankheit und verursacht zusammen mit anderen ernährungsbedingten, chronischen Krankheiten wirtschaftliche Kosten in Milliardenhöhe. Da schlechte Ernährungsgewohnheiten vor allem in ärmeren Bevölkerungsschichten mit geringem Bildungsniveau auftreten, wird oftmals das Fehlen von Bildung und richtiger Erziehung als Ursache für die daraus entstehenden Gesundheitsproblemen dargelegt. Entgegen dieser Kritik steht das Argument, dass gesunde Ernährung keine Frage der Bildung, sondern vielmehr eine Kostenfrage sei. So mancher Student wird seine Wahl für die abendliche Tiefkühlpizza, den Burger oder die Pasta mit Fertigsauce damit rechtfertigen, dass gesundes Gemüse oder gutes Fleisch für sein Budget schlichtweg zu teuer sei.

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Ist gesund Ernährung wirklich eine Kostenfrage? Dies wollten Forscher nun herausfinden.

Ist gesund Ernährung wirklich eine Kostenfrage? Dies wollten Forscher nun herausfinden.

Bildquelle: © iStockphoto.com/ molka

Ob die Kostenfrage wirklich ein stichhaltiges Argument für eine ungesunde Ernährung sei, wollte die Gruppe von Wissenschaftlern in einer umfassenden Metastudie nun genauer untersuchen. Die Forscher griffen dabei auf Datensätze von 27 Studien zurück, welche sich alle mit der Frage nach dem Zusammenhang zwischen Nahrungsmittelkosten und Ernährungsgewohnheiten auseinandersetzten. Die Studien stammten aus 10 verschiedenen Ländern mit hohem Durchschnittseinkommen, darunter beispielsweise die USA, Japan oder Frankreich.

Bei ihrer Metaanalyse gingen sie folgendermassen vor: Zwei Forscher extrahierten und analysierten unabhängig voneinander die kompletten 27 Datensätze. Das Kriterium ‚gesund/ungesund‘ wurde für die Analyse neu definiert: Mahlzeiten mit einem hohen Anteil an ballaststoff- und vitaminreichen Nahrungsmitteln wie Gemüse, Früchte, Fisch und Nüsse wurden als ‚gesund‘ eingestuft. Mahlzeiten die hauptsächlich aus industriell verarbeiteten, fettreichen Lebensmitteln und Weissmehlprodukte bestanden, galten dagegen als ‚ungesund‘.

Da sich die 27 Studien hinsichtlich ihrer Analysemethoden wesentlich voneinander unterschieden, evaluierten die Forscher nicht nur den Preis verschieden eingestufter Mahlzeiten, sondern auch den Preis verschiedener Nahrungsmittelgruppen. Einerseits wurde der durchschnittliche Preis für eine Portion von 200 Kilokalorien (kcal) beispielsweise für Fleisch und andere Protein, Getreide, Snacks/Süssigkeiten oder Milchprodukten ermittelt, und andererseits der Preis einer gesamten, gesunden oder ungesunden Mahlzeit bei einer Kalorienaufnahme von 2000 kcal pro Tag berechnet.

Für gesundes Fleisch greift man besonders tief in die Tasche

Das Resultat dieser umfassenden Metaanalyse ist, trotz großer Heterogenität der Daten und Vernachlässigung der länderspezifischen Unterschiede der Nahrungsmittelpreise, eindeutig: Eine gesunde Ernährung kostet den Konsumenten pro Tag durchschnittlich 1 Euro mehr als eine ungesunde Ernährungsweise. Für eine 4-köpfige Familie entstehen dadurch jährliche Mehrkosten, welche für ein Familienbudget nicht unbedeutend sein können.

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Zu einer gesunden Ernährung zählen frische Zutaten und eine ausgewogene Mischung an gesunden Inhaltsstoffen. Soll nur Gesundes in die Tüte, kann dies jedoch teurer werden: Eine gesunde Ernährung kostet den Konsumenten pro Tag durchschnittlich 1 Euro mehr als eine ungesunde Ernährungsweise.

Zu einer gesunden Ernährung zählen frische Zutaten und eine ausgewogene Mischung an gesunden Inhaltsstoffen. Soll nur Gesundes in die Tüte, kann dies jedoch teurer werden: Eine gesunde Ernährung kostet den Konsumenten pro Tag durchschnittlich 1 Euro mehr als eine ungesunde Ernährungsweise.

Bildquelle: © iStockphoto.com/ maceofoto

Die Preisunterschiede zwischen dem gesunden und ungesunden Produkt desselben Nahrungsmittels variierten stark, je nach Nahrungsmittelgruppe. Während es praktisch keinen Preisunterschied zwischen gesunden und ungesunden Milchprodukten gab, betrug er bei Getreideprodukten aus gesundem Vollkorn- oder ungesundem Weissmehl 3 Cent pro 200 kcal. Bei Fleisch und anderen Proteinen war der Unterschied mit bis zu 30 Cent für eine Portion sogar beträchtlich. Angesichts des weltweit steigenden Fleischkonsums, welcher kürzlich in einer Studie von Bonhommeaua und Kollegen in PNAS durch wissenschaftliche Daten bestätigt wurde, werden die Preisunterschiede zwischen gesunder und ungesunder Ernährung in Zukunft voraussichtlich noch größer werden. Dennoch stehen diese Mehrkosten in keinem Vergleich zu den Kosten, welche durch ernährungsbedingte Krankheiten für jeden Einzelnen und die Gesellschaft entstehen.

Neue Handelsstrukturen sind nötig

Die niedrigeren Preise von industriell verarbeiteten Nahrungsmitteln, erklären sich die Forscher durch das Vorhandensein komplexer Netzwerkstrukturen. Diese umfassen Bereiche wie die landwirtschaftliche Produktion, die Lagerung, der Transport, die Verarbeitung bzw. Veredlung und den Verkauf. Die Abläufe und Strukturen zwischen diesen Partnern sind zentral organisiert und damit hoch optimiert. Das Nahrungsmittel kann somit als Massenware sehr kostengünstig produziert werden. Im Gegensatz zu kleineren Produktionsstrukturen können diese Lebensmittel deshalb quasi zu Schleuderpreisen verkauft werden, wodurch auch generell deren Wertigkeit reduziert wird.

Gesunde Nahrungsmittel werden hingegen oft weitgehend unverarbeitet verbraucht. Die Interessensnetzwerke und komplexen Wertschöpfungsketten fehlen hier, was sich im höheren Preis wiederspiegelt. Um letztendlich mehr Menschen einen Zugang zu gesunder Ernährung zu ermöglichen und damit gleichzeitig das Problem der steigenden Krankheitskosten zu entschärfen, müssten ähnlich effiziente Handelsstrukturen wie bei den Massenprodukten auch für gesunde Nahrungsmittel geschaffen werden.

Alternative könnten ungesunde Nahrungsmittel zusätzlich besteuert werden, so dass diese nicht mehr verramscht werden können. Eine Trendwende lässt sich auch im Einzelhandel seit einigen Jahren beobachten. Mehr und mehr Handelshäuser versuchen qualitativ hochwertige und gesunde Prämiumproduktlinien zu etablieren. Ob diese sich durchsetzen können, liegt letztendlich beim Verbraucher und dessen Bereitschaft etwas tiefer in die Tasche zu greifen. Durch die Studie wurde klar: Es gibt zwar einen Preisunterschied zwischen „Junk“ und „Gesund“. Unüberbrückbar ist dieser nicht.


Quellen:

  • Rao, M. et al. (2013): Do healthier foods and diet patterns cost more than less healthy options? A systematic review and meta-analysi. In: BMJ Open 3:e004277, (5. Dezember 2013), doi: 10.1136/bmjopen-2013-004277.
  • Bonhommeau, S. et al. (2013): Eating up the world’s food web and the human trophic level. In: PNAS, (published ahead of print, 2. Dezember 2013), doi: 10.1073/pnas.1305827110.

Zum Weiterlesen:

Titelbild: Döner, Burger, Pommes und Co. zählen nicht gerade zu den gesunden Mahlzeiten und dennoch werden sie häufig gegessen. (Quelle: © iStockphoto.com/clemarca)