Fliegende Sensibelchen

Das Genom der Hummeln enthüllt schwaches Immunsystem

07.05.2015 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben den genetischen Code der Europäische Erdhummel (Bombus terrestris) vollständig entschlüsselt. (Bildquelle: © Dave Young, flickr.com, Creative Commons, CC BY 2.0)

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben den genetischen Code der Europäische Erdhummel (Bombus terrestris) vollständig entschlüsselt. (Bildquelle: © Dave Young, flickr.com, Creative Commons, CC BY 2.0)

Forscher haben das Erbgut von zwei Hummelarten sequenziert und liefern neben den Genomdaten auch Einblicke in die Evolution der Insekten. Besonderes Augenmerk legten die Forscher auf das Immunsystem der nützlichen Bestäuber. Sie entdeckten, dass nur rund 150 Gene in der Immunantwort involviert sind – das ist nur ein geringer Teil der rund 20.000 Gene. Sie besitzen zudem wenige Gene, die sie vor Umweltgiften bewahren und macht deutlich, warum Hummeln gefährdet sind.

Hummeln haben ein Markenzeichen: Sie brummen sehr laut und sind dadurch gut von anderen fliegenden Insekten zu unterscheiden. Auch wenn die Honigbiene medial viel mehr Aufmerksamkeit erfährt, sind Hummeln sehr wichtige und nützliche Tiere, die ebenfalls vielerorts zu einer Seltenheit werden. Auf Pflanzenforschung.de räumen wir den Hummeln aufgrund der großen Bedeutung, die sie für Pflanzen haben, etwas Raum ein.  

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Die amerikanische Hummel Bombus impatiens ist imm Osten der USA weit verbreitet. Ihr Erbgut wurde von Forschern entschlüssselt.

Die amerikanische Hummel Bombus impatiens ist imm Osten der USA weit verbreitet. Ihr Erbgut wurde von Forschern entschlüssselt.

Bildquelle: © Mary Kelm, flickr.com, CC BY-NC-SA 2.0

Dem Erbgut der Hummel auf der Spur

Wissenschaftler initiierten vor acht Jahren das Hummel-Genom-Projekt und arbeiteten in einem internationalen Konsortium aus über 80 Wissenschaftlern daran, die Genomdaten der Hummel zu entschlüsseln. Sie sequenzierten dabei das Erbgut der Europäischen Erdhummel, (Bombus terrestris), und der amerikanischen Hummel (Bombus impatiens). Die Europäische Erdhummel, ist bei uns die am weitesten verbreitete und kommerziell wichtigste Hummelart.   

Das Erbgut der Arten ist, den Ergebnissen der Forscher zufolge, trotz ihrer geografischen Entfernung sehr ähnlich: Es enthält rund 20.000 verschiedene Gene auf 18 Chromosomen (jeweils rund 240 Megabasenpaare). Da man bereits das Genom der Honigbiene Apis mellifera kennt, konnten die Forscher das Genom der Hummeln auch mit dem der relativ nah verwandten Biene und mit den Genomen weiteren Insekten vergleichen. Zum Beispiel mit dem der Essigfliege Drosophila melanogaster, die für Wissenschaftler in aller Welt als das Modellsystem gilt.

Hummeln haben ein schwaches Immunsystem 

Nur rund 150 Gene der beiden Hummelarten sind den Analysen zufolge in Immunantworten involviert. Das ist ein ähnlich spärliches Genrepertoire für das Immunsystem wie das der Honigbiene. Hummeln zählen wie auch die Honigbienen zur Familie der Echten Bienen. Die dicken Brummer sind zwar ebenfalls staatenbildende Insekten, jedoch nicht so stark sozial organisiert. Daher verwunderte es die Forscher, dass das Immunsystem bei den Hummeln ebenfalls so schwach ausgebildet ist wie bei ihren hoch sozial organisierten Verwandten. Bisher ging man davon aus, dass sich Insekten mit hoher sozialer Organisation ein schwächeres Immunsystem leisten können und ein schwach ausgebildetes System eine stärkere Abwehr erfordern würde.  

Einer der Initiatoren des Projektes, Prof. Paul Schmid-Hempel, vermutet, dass die Nahrungsquelle ein möglicher Grund für das schwach ausgebildete Immunsystem der Hummeln sein könnte. Die Essigfliege beispielsweise hat ein ungefähr doppelt so großes Repertoire an Immun-Genen aufzuweisen. Diese wird jedoch von faulenden und gärenden Pflanzen, z. B. von älterem Obst, angezogen auf dem die Fliege ihre Eier ablegt. Zu Beginn ihres Lebens ernähren sie sich sogar von Mikroorganismen. Im Gegensatz zur Essigfliege nutzt die Hummel eher „saubere“ Nahrung – Pollen und Nektar der Blüten.

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Hummeln sind nicht nur in der freien Natur nützliche Bestäuber, sie werden auch vom Menschen gezielt zur Bestäubung von Obst und Gemüse eingesetzt. Sie werden kommerziell gezüchtet und als landwirtschaftliche Nutztiere betrachtet. Man nutzt sie in Gewächshäusern z. B. bei Erdbeeren. 

Hummeln sind nicht nur in der freien Natur nützliche Bestäuber, sie werden auch vom Menschen gezielt zur Bestäubung von Obst und Gemüse eingesetzt. Sie werden kommerziell gezüchtet und als landwirtschaftliche Nutztiere betrachtet. Man nutzt sie in Gewächshäusern z. B. bei Erdbeeren. 

Bildquelle: © Kenishirotie - Fotolia.com

Wenig Schutz von Umweltgiften

Darüber hinaus besitzen Hummeln auch sehr wenige Gene, die die Entgiftung des Körpers steuern. Dies macht sie empfindlich gegenüber Umweltgiften wie Pestiziden. Auch hierfür vermuten die Forscher die Ursachen in der Nahrung der Hummeln. Pollen und Nektar enthalten weniger Sekundärmetaboliten wie diese in anderen Pflanzenorganen zu finden sind. Verglichen mit Tiere, die Pflanzen fressen sind Hummeln somit weniger mit der Fülle giftig wirkender Pflanzeninhaltsstoffe konfrontiert, die andere Pflanzenfresser zur Abwehr zu spüren bekommen. Dies könnte der Grund sein, warum evolutionär gesehen die Entgiftung einen geringeren Stellenwert bei den Hummeln hatte, so die Forscher. Damit wird jedoch die Gefahr größer, dass chemische Fremdstoffen, wie in Pflanzenschutzmittel, die Hummeln schädigen.

Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede zwischen den Bienenarten

Während sich die Honigbienen und Hummeln beim Immunsystem sehr ähneln, sind die Sinne unterschiedlich stark ausgeprägt. Hummeln verfügen über einen guten Geschmackssinn, dies macht auch der Blick in die Gene deutlich. Sie besitzen viele Gene, um Geschmack zu bilden. Im Gegenzug besitzen Hummeln im Vergleich zu den Honigbienen deutlich weniger Gene für die Ausprägung des Geruchssinns. Die Honigbienen benötigen diesen Sinn, weil sie bei der Nahrungssuche mit dem Rüssel geeignete Nahrung „erschnüffeln“. Die Hummeln vertrauen da eher auf den Geschmack und testen sich quasi bei den Blüten durch.  

Auch bei der Regulation von Genen fanden die Forscher Unterschiede. Es gab abweichende MicroRNA-Muster. MiRNAs sind kleine RNA-Schnipsel, die das Ablesen (Translation) von Genen blockieren können. Man geht davon aus, dass etwa 30 Prozent der Gene in Tieren von miRNAs reguliert werden. Die kleinen miRNAs können hunderte von Genen kontrollieren und spielen daher bei vielen biologischen Prozessen eine Rolle. Sie sind auch bei der Regulation von sozialem Verhalten involviert, wie man aus anderen Studien weiß. Die miRNA-Analyse der Forscher zeigte, dass es zwar einen konservierten Kernsatz an miRNAs zwischen Hummeln und Honigbienen gibt, dennoch wichtige Unterschiede zwischen den Bienenarten bestehen, die wahrscheinlich Auswirkungen auf die miRNA-Funktionalität haben. Sie könnten die Basis des biologischen Unterschieds zwischen fortgeschrittenen sozialen Honigbienen und den eher primitiv sozial lebenden Hummeln sein, schreiben die Wissenschaftler.

Die etwas anderen Nutztiere

Man beschäftigt sich intensiv mit den Hummeln, weil sie ökologisch und wirtschaftlich von Bedeutung sind. Sie werden kommerziell gezüchtet und als landwirtschaftliche Nutztiere betrachtet. Eingesetzt werden sie in Gewächshäusern, um Pflanzen zu bestäuben, die auf Fremdbestäubung durch Insekten angewiesen sind oder dadurch höhere Erträge liefern.


Quellen:

  • Barribeau, S.M. et al. (2015): A depauperate immune repertoire precedes evolution of sociality in bees. In: Genome Biology 2015, 16:83, (24. April 2015), doi: 10.1186/s13059-015-0628-y.
  • Sadd, B.M. et al. (2015): The genomes of two key bumblebee species with primitive eusocial organization. In: Genome Biology 2015, 16:76, (24. April 2015), doi: 10.1186/s13059-015-3.

Zum Weiterlesen:

Titelbild: Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben den genetischen Code der Europäische Erdhummel (Bombus terrestris) vollständig entschlüsselt. (Bildquelle: © Dave Young, flickr.com, Creative Commons, CC BY 2.0)