Gegeneinander ausgespielt

Wie Raupen mit ihrem Kot die pflanzliche Abwehr austricksen

30.09.2015 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Der Kot von Raupen der Falterart Spodoptera frugiperda sammelt sich in den Blattachseln von Maispflanzen. (Bildquelle: © Penn State)

Der Kot von Raupen der Falterart Spodoptera frugiperda sammelt sich in den Blattachseln von Maispflanzen. (Bildquelle: © Penn State)

In einer neuen Studie untersuchen Forscher, auf welchem Weg Raupen eine Pflanze dazu bringen, ihre Verteidigung auszuschalten.

Futtern wie die Raupe Nimmersatt: Die Raupen vieler Falterarten sind mit ihrem extremen Appetit in Land- und Forstwirtschaft gefürchtete Schädlinge. Allerdings haben Pflanzen auch ihre Abwehrmechanismen gegen die kleinen Vielfraße. Bestimmte Stoffe im Speichel der Raupen können beispielsweise diese Mechanismen auslösen. Natürlich haben auch die Raupen Mittel und Wege gefunden, um diese pflanzliche Verteidigung zu umgehen. Inwieweit dabei der Kot der Raupen eine Rolle spielt, untersuchten Forscher in einer neuen Studie.

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Die Raupen der Falterart Spodoptera frugiperda fressen bevorzugt an den Blättern vom Mais. Sie hinterlassen dort auch Kot, der die Abwehr der Pflanzen austrickst und das Verteidigungsprogramm gegen die gefräßigen Raupen lahmlegt.

Die Raupen der Falterart Spodoptera frugiperda fressen bevorzugt an den Blättern vom Mais. Sie hinterlassen dort auch Kot, der die Abwehr der Pflanzen austrickst und das Verteidigungsprogramm gegen die gefräßigen Raupen lahmlegt.

Bildquelle: © Penn State

Pflanze gegen Schädling

Die Raupen der Falterart Spodoptera frugiperda fressen bevorzugt an den Blättern vom Mais (Zea mays). Dabei sammelt sich Raupenkot in auffälligen Haufen in den Blattachseln, wo Blätter und Stängel aufeinandertreffen, an und bleibt über Tage und Wochen liegen. Aufgrund dieser Beobachtung kamen die Forscher auf die Idee, dass der Kot möglicherweise eine Hilfe für die Raupen darstelle könnte.

Bekannt ist, dass Bestandteile des Speichels von Raupen bei Pflanzen eine spezifische Abwehr auslösen können. Diese sogenannten Elicitoren oder HAMPS (Herbivore Associated Molecular Patterns) setzen einen Signalweg in Gang, wodurch die Pflanze zum Beispiel mit schlecht schmeckenden Stoffen den Raupen das Futter vermiesen kann. Diese Signalwege werden dabei in der Regel über das Phytohormon Jasmonsäure gesteuert. Gleichzeitig sind aber auch gegenteilige Effekte bekannt: Bestimmte Substanzen, die die Schädlinge abgeben, können die Verteidigung der Pflanze austricksen. Beschrieben wurden solche Effekte zum Beispiel für die Tabakmottenschildlaus (Bemisia tabaci).

Zwei Abwehrprogramme im Wettstreit

Für ihre Untersuchungen sammelten die Forscher Kot der Raupen von Spodoptera frugiperda und strichen den Extrakt auf frisch angeknabberte Maisblätter. Anschließend untersuchten sie die Reaktion der Pflanzen nach einer Zeit von 4, 8, 24 und 48 Stunden.

Kurz nach der mechanischen Beschädigung eines Blattes durch die Raupen stieg der Jasmonsäuregehalt stark an. Die Pflanze fuhr ihr Herbivoren-Abwehrprogramm hoch, um die knabbernden Raupen zu bekämpfen. Bei mit Raupenkot behandelten Pflanzen drangen aber nach und nach Komponenten aus dem Kot über diese Verletzungen in die Blätter ein und begannen offenbar, die Verteidigungsmechanismen außer Kraft zu setzen.

In der Folge sank der Jasmonsäurespiegel wieder ab, während der Salicylsäurespiegel anstieg. Das werteten die Forscher als Hinweis darauf, dass die Pflanzen jetzt ihr Abwehrprogramm gegen Pathogene starteten, das vom Phytohormon Salicylsäure gesteuert wird. Die höchste Konzentration an Salicylsäure trat 24 Stunden nach der Behandlung auf, während zu dieser Zeit der Jasmonsäurespiegel stark abgesunken war. Bei den Blättern der Kontrollpflanzen konnte diese Veränderung nicht beobachtet werden.

In einem weiteren Versuch entdeckten die Forscher, dass die Raupen auf den mit Kot behandelten Pflanzen wesentlich besser gediehen als die Raupen auf den Kontrollpflanzen ohne Kot. Untersucht wurde auch, wie ein bekannter Pathogen, der Pilz Cochliobolus heterostrophus auf den behandelten Blättern wachsen konnte, nachdem die ihre Pathogenabwehr begonnen hatten. Es war klar erkennbar, dass seine Ausbreitung 24 Stunden nach der Behandlung deutlich nachließ, im Gegensatz zu unbehandelten Blättern.

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Mehr Informationen zu Mais unter: Zea mays

Mehr Informationen zu Mais unter: Zea mays

Bildquelle: © Pflanzenforschung.de

Raupenkot unterdrückt die pflanzliche Abwehr

Das zeigt nach Meinung der Forscher, dass tatsächlich über den Raupenkot der Pathogene-Abwehrmechanismus aktiviert wird, der seinerseits den Herbivoren-Abwehrmechanismus, also den der gegen die Raupen gerichtet ist, blockiert. Dafür spricht, dass es den Raupen auf den behandelten Blättern richtig gut geht, während der Pilz Schwierigkeiten bekommt.

Diese Blockade führen die Forscher darauf zurück, dass in vielen Pflanzen nicht beide Abwehrmechanismen gleichzeitig ablaufen können. Salicylsäure kann Jasmonsäure blockieren, so dass die Abwehr gegen Herbivore zugunsten der Abwehr gegen Pathogene heruntergefahren wird.

Die Forscher vermuten, dass bestimmte Stoffe im Raupenkot, vermutlich Proteine oder Proteingruppen, in diese Steuerung eingreifen und die Pflanze dazu bringen, gegen nicht vorhandene Pathogene zu kämpfen. Dadurch wird die Herbivoren-Abwehr ausgeschaltet und die Pflanze wird für die Raupen „gastlicher“.

Die Raupen spielen also die beiden Abwehrmechanismen gegeneinander aus. Die Forscher hoffen, dass aus diesen Ergebnissen ein organisches Pilzbekämpfungsmittel entwickelt werden könnte, das auf demselben Mechanismus, also einer Aktivierung der pflanzlichen Abwehr durch einen von außen aufgebrachten Stoff, basiert. Als nächstes müssen die einzelnen Wirkstoffe identifiziert und der genaue Ablauf des Mechanismus abgeklärt werden. Die Forschung steht hier also noch ganz am Anfang. 


Quelle:
Ray, S. et al. (2015): Maize plants recognize herbivore-associated cues from caterpillar frass. In: Journal of chemical ecology, (26. August 2015), doi:10.1007/s10886-015-0619-1.

Zum Weiterlesen:

Titelbild: Der Kot von Raupen der Falterart Spodoptera frugiperda sammelt sich in den Blattachseln von Maispflanzen. (Bildquelle: © Penn State)