Hummeln auf der Sonnenbank

Infrarotstrahlung kann die Wirkung des Neonicotinoides Imidacloprid auf Bienen mindern

05.12.2016 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Hummeln (Bombus) leisten durch ihre Arbeit als Bestäuber von Kulturpflanzen eine wichtige Aufgabe für die Ernährung des Menschen. (Bildquelle: © Franziska Abeer / Pixelio.de)

Hummeln (Bombus) leisten durch ihre Arbeit als Bestäuber von Kulturpflanzen eine wichtige Aufgabe für die Ernährung des Menschen. (Bildquelle: © Franziska Abeer / Pixelio.de)

Bestäuberinsekten wie Bienen sind wichtig für die Landwirtschaft. Seit Anfang des Jahrtausends wird in weiten Teilen der Welt jedoch ein Bienensterben verzeichnet. Schuld daran sind unter anderem Pflanzenschutmittel. Infrarotbestrahlung kann die negative Wirkung des Insektizids auf Hummeln abschwächen, wie Wissenschafter herausfanden.

Honigbienen (Apis) und Hummeln (Bombus), die ebenfalls zur Familie der Bienen (Apidae) gehören, leisten durch ihre Arbeit als Bestäuber von vielen verschiedenen Kulturpflanzen eine wichtige Aufgabe für die Ernährung des Menschen. Weltweit hängt die Bestäubung von schätzungsweise 75 Prozent der angebauten Nutzpflanzen von Bienen ab. Zwar nahm die Zahl der Bienenstöcke weltweit zwischen 1961 und 2008 um 49 Prozent zu, jedoch bezog sich diese Steigerung auf einige wenige Länder. Schlimmer noch: Seit Anfang des Jahrtausends wird in weiten Teilen der Welt ein Bienensterben beobachtet. Gleichzeitig hat sich in der globalen Landwirtschaft der Bedarf an Bestäubern verdreifacht.

Neonicotinoide als Pflanzenschutzmittel

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Imidacloprid ist ein Insektizid aus der Gruppe der Neonicotinoide.

Imidacloprid ist ein Insektizid aus der Gruppe der Neonicotinoide.

Bildquelle: © NEUROtiker/wikimedia.org; CC0

Als einen Grund für den Rückgang der Bienenpolulation werden seit längerem Pflanzenschutzmittel, wie zum Beispiel die Neonicotinoide vermutet. Unter Neonicotinoiden fasst man eine Gruppe von Wirkstoffen mit insektizider Wirkung zusammen. Sie werden entweder direkt auf die Pflanzen gesprüht oder auf den Boden appliziert. Darüber hinaus kann das Saatgut von Pflanzen mit den Pestiziden behandelt werden (Saatgutbeize). Die drei wirschaftlich erfolgreichsten Neonicotinoide sind Imidacloprid, Thiamethoxam und Clothianidin.

Neonicotinoide wirken auf Insekten indem sie die Funktion der Mitochondrien, die Kraftwerke der Zelle, schwächen. Dies geschieht indem Neuronen überstimuliert und die Mitochondiren depolarisiert werden. Daraus resultiert eine Beeinträchtigung der Bildung des Energiespeichermoleküls ATP (Adenosintriphosphat). Die Folge sind eingeschränkte Mobilität, Orientierungsverlust und auch der Tod der Insekten durch Verhungern. Obwohl auf Schädlinge ausgerichtet können auch Nützlinge direkt oder indirekt durch Pflanzenschutzmittel betroffen werden. Zwar unterliegen diese aufwendigen Tests bei der Zulassung, trotzdem kann es vorkommen, dass nicht alle Effekte erkannt werden. Vor allem, wenn diese Mittel eine unterschwellige Wirkung auf Nützlinge haben und diese nicht töten, sondern nur schwächen. So wurde zum Beispiel bei Hummeln ein Rückgang der Königinnen-Produktion um bis zu 85 Prozent nach dem Einsatz von Neonicotinoiden beobachtet.

Aufgrund solcher nachweislichen negativen Effekte für Nicht-Zielorganismen, wie z. B. Bienen, schränkte die EU-Kommission im Jahr 2013 die Nutzung für einige Neonicotinoide stark ein oder verbot bestimmte Anwendungen ganz. Auch in Deutschland ist die Anwendung von Neonicotinoiden nur noch eingeschränkt möglich. Beispielsweise sind noch fünf Produkte mit Imidacloprid hierzulande zugelassen. Seit 2015 ist außerdem die Einfuhr, das Inverkehrbringen und die Aussaat von mit Clothianidin, Imidacloprid oder Thiamethoxam behandeltem Saatgut in einigen Fällen verboten.

Anwendung der Lichttherapie

Wissenschaftler veröffentlichten kürzlich eine Studie in der Fachzeitschrift Public Library of Science, die eine Methode beschreibt, die die Wirkung von Neonicotinoide auf Nicht-Zielorganismen mindern soll. Nach Aussage der Forscher steigt die Überlebenschance der durch das Neonicotinoid Imidacloprid vergifteten Hummeln durch eine Lichttherapie mit Infrarotlicht an. Demnach kann die mitochondriale Funktion durch nahes Infrarotlicht erhöht werden, indem das Licht durch Cytochrom-c-Oxidase absorbiert wird. Der negative Effekt des Neonicotinoids wird dadurch abgeschwächt.

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Unter anderem können Neonicotinoide durch die Beizung von Saatgut in Umlauf gebracht werden.

Unter anderem können Neonicotinoide durch die Beizung von Saatgut in Umlauf gebracht werden.

Bildquelle: © Blonder1984/wikimedia.org; CC BY 3.0

Versuche mit vier Völkern

Die Wissenschaftler überprüften ihre Methode an vier Völkern der Dunklen Erdhummel (Bombus terrestris audax), mit je mehr als 400 Hummeln pro Kolonie. Zwei Völker wurden zehn Tage lang dem Neonicotinoid Imidacloprid ausgesetzt. In der Folge wurde eines der belasteten Völker zwei Mal täglich für 15 Minuten ebenfalls über 10 Tage mit Infrarotlicht - mit einer Wellenlänge von 670 nm - bestrahlt. Zur Kontrolle wurde ein Volk nicht vergiftet und trotzdem bestrahlt. Eine Kolonie wurde gänzlich sich selbst überlassen.

Die Beweglichkeit und das mit dem Neonicotinoid in Verbindung gebrachte ATP-Level fiel bei den nicht Licht-therapierten Bienen um 25% ab. Entsprechend sank ihr Überlebensrate. Die vergifteten, aber bestrahlten Bienen zeigten eine deutlich stärkere Mobilität und hatten eine größere Überlebenschance. Die Kolonie, die ohne Imidacloprid-Kontakt bestrahlt wurde hatte nochmals bessere Überlebenswerte. Die Lichttherapie wurde mithilfe eines kleinen Gerätes, das in einen Bienestock plaziert wurde, angewendet. Die Bienen selbst können Licht dieser Wellenlänge nicht wahrnehmen.

Neonicotinoide wie Imidacloprid sind nur ein Faktor

Die beschrieben Methode scheint eine einfache Möglichkeit zu sein, die negative Wirkung von Imidacloprid auf Nicht-Zielorganismen, wie die Hummel, zu minimieren. Allerdings ist die Verwendung des Neonicotinoid Imidacloprid bei Weitem nicht für das gesamte Bienensterben verantwortlich zu machen. Auch andere Pflanzenschutzmittel, aber auch Parasiten wie die Varroamilbe und die Vernichtung ihres natürlichen Lebensraumes setzen die Bienen unter Stress und führen zu einer Minderung ihrer Population. Die von den Forschern vorgestellte Lichttherapie wird das Bienensterben demzufolge nicht stoppen, kann aber helfen, die Lage der wichtigen Bestäuber etwas zu verbessern. Der Ansatz zeigt auch, dass technische Möglichkeiten zur Verbesserung der Gesundheit von Bestäubern möglich sind.


Quelle:
Powner, M. B. et al. (2016): Improving Mitochondrial Function Protects Bumblebees from Neonicotinoid Pesticides. In: Public Library of Science, (15. November 2016), doi: 10.1371/journal.pone.0166531.

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Titelbild: Hummeln (Bombus) leisten durch ihre Arbeit als Bestäuber von Kulturpflanzen eine wichtige Aufgabe für die Ernährung des Menschen. (Bildquelle: © Franziska Abeer / Pixelio.de)