Klimagipfel in Cancún weist nur die Richtung

20.12.2010 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Gipfel in Cancún beriet über den Klimaschutz (Quelle: © iStockphoto.com/ Jan Will)

Gipfel in Cancún beriet über den Klimaschutz (Quelle: © iStockphoto.com/ Jan Will)

Die Ergebnisse der zweiwöchigen Verhandlungen zum globalen Kimaschutz sind ein größerer Fortschritt, als es der letztjährige Gipfel in Kopenhagen war. Doch der Weg zu den vereinbarten Zielen bleibt wenig konkret.

Erst in den letzten Verhandlungsstunden einigten sich die Vertreter von rund 193 Staaten auf einen Kompromiss, dem sich nur Bolivien enthielt. Sie erklärten die Begrenzung der Klimaerwärmung auf zwei Grad zum offiziellen Ziel. Angesichts der Tatsache, dass der Weltklimarat alles darüber längst als nicht mehr beherrschbar bezeichnet hat, wirkt das Verhandlungsergebnis mager. Dass es trotzdem selbst aus Umweltschutzkreisen positive Stimmen gibt, liegt zum einen daran, dass der letzte Gipfel in Kopenhagen die Erwartungen so weit herab gesetzt hat. Zum anderen ist es aber durchaus so, dass der Gipfel in Cancún einige Fortschritte im internationalen Klimaschutz vorweisen kann.

Die Industrieländer haben das Ziel anerkannt, bis 2020 25 bis 40 Prozent weniger Treibhausgase auszustoßen als 1990. Ihre konkreten Zusagen aus Kopenhagen sind bislang jedoch nur halb so groß. Nun sind die Industrieländer „angehalten“, diese Lücke zu schließen. Sogar die USA und auch die Schwellenländer akzeptieren ihre im Kopenhagen-Akkord freiwillig zugesagten Einsparziele als verbindlich.

Waldflächen angerechnet

Für das Erreichen der Reduktionsziele dürfen Zuwächse an Waldflächen angerechnet werden, da diese als Kohlendioxidsenkengelten. Das dürfte vor allem Russland freuen. Gleichzeitig fordert diese Regelung die Pflanzenforschung heraus, denn endgültige Sicherheit, welche Art Wald in welchem Ausmaß zum Klimaschutz beiträgt, gibt es noch immer nicht.

#####bild1#####
Waldflächen gelten als Kohlendioxidsenken. Zuwächse an Waldflächen können neuerdings für das Erreichen der CO²-Reduktionsziele angerechnet werden. 

Waldflächen gelten als Kohlendioxidsenken. Zuwächse an Waldflächen können neuerdings für das Erreichen der CO²-Reduktionsziele angerechnet werden. 

Bildquelle: © iStockphoto.com/TT

Überhaupt haben die Delegierten den Waldschutz als klares Ziel festgelegt und das Waldschutzprogramm der Vereinten Nationen für Entwicklungsländer (United Nations Collaborative Programme on Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degradation in Developing CountriesREDD) ausgebaut (REDD+). Weil dabei vor allem die Regenwälder im Fokus stehen, bedeutet dies auch eine Maßnahme des Artenschutzes. Es ist schwierig, den Wert der Artenvielfalt zu beziffern, doch die damit verbundene genetische Vielfalt ist eine wichtige Quelle in der Pflanzenzüchtung und auch in anderen Disziplinen wie der Pharmaforschung.

Neu ist die Option, das nun akzeptierte Zwei-Grad-Ziel angesichts aktueller Forschungserkenntnisse gegebenenfalls auf 1,5 Grad zu verschärfen. Außerdem soll ein Zeitpunkt definiert werden, wann die globalen Emissionen ihr Maximum erreicht haben müssen.

Auch über Geld wurde in Cancún gesprochen. So sollen wie schon zuvor beschlossen von 2010 bis 2012 jährlich zehn Millionen US-Dollar als Hilfen für besonders vom Klimawandel betroffene Länder fließen. Danach will die Staatengemeinschaft ab 2020 jährlich 100 Milliarden US-Dollar für den Klimaschutz in Entwicklungsländern bereitstellen. Woher das Geld kommen soll, ist noch unklar. Sicher ist, dass öffentliche wie private Mittel angerechnet werden, und dass das Geld in einen neu gegründeten UN-Fond fließen soll. Verwaltet wird dieser von einem Gremium aus jeweils zwölf Vertretern der Industrie- und der Entwicklungsländer.

Klimatechnologiezentrum als Akzelerator 

Ein kleiner, aber nicht zu unterschätzender Entschluss ist der, ein Klimatechnologiezentrum zu errichten. Es soll unter Leitung der UNO den Transfer von Klimaschutztechnologien beschleunigen. Inwiefern diese auch Methoden der Pflanzenforschung und des Ackerbaus beinhalten sollen, ist noch unklar. Wie jüngere Forschungsarbeiten zeigen, können geeignete Agrarsysteme dazu beitragen, dass derAckerbau weniger Treibhausgase emittiert. Das beginnt bei verringertem Düngemittelbedarf und endet bei weniger erforderlichen Fahrten mit dem Traktor.

Pflanzenforschung gefragter denn je

Weil der Klimawandel in jedem Fall zu einer Verschiebung der Klimazonen und zu mehr Wetterextremen führt, ist die Pflanzenforschung zudem gefragt, auch unter veränderten Bedingungen die Welternährung zu sichern. Bislang feuchte Regionen sehen sich plötzlich mit langen Trockenperioden konfrontiert, bislang kühle Regionen werden von Schädlingen heimgesucht, denen es früher zu kalt war. Zudem können geeignete Pflanzen dazu beitragen, verödete und erosionsgefährdete Flächen zurückzugewinnen. Und gäbe es nicht all diese Anforderungen, so wäre schon die Versorgung einer noch immer wachsenden Weltbevölkerung eine anspruchsvolle Aufgabe. Die Verbreiterung der Diversität genutzter Pflanzen inklusive der Inkulturnahme bisher nicht genutzter bzw. „vergessener“ Ackerpflanzen kommen wichtige Rollen zu, um auf diese Herausforderungen Antworten zu finden. 

Das größte Manko des Gipfels in Cancún ist wohl das erneute Scheitern, einen Nachfolger für das Kyoto-Protokoll zu beschließen. Selbst wenn viele Beobachter Chancen sehen, dass das beim nächsten Gipfel 2011 in Durban gelingen könnte: Bis alle wichtigen Staaten das Nachfolgeprotokoll ratifiziert haben, wird es in jedem Fall eine mehrjährige Lücke ab 2012 ohne konkrete Reduktionsverpflichtungen der einzelnen Länder geben. Für den Klimawandel bedeutet das ein weiteres Voranschreiten, oder, mit Blick auf die Pflanzenforschung gesprochen: noch größere Herausforderungen.