Lockstoff im Boden

21.03.2012 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

An der Petunie erforschten Wissenschaftler die Rolle des Hormons Strigolakton für die Symbiose von Pflanzen mit Bodenpilzen. (Quelle: © S.Thomas/pixelio.de)

An der Petunie erforschten Wissenschaftler die Rolle des Hormons Strigolakton für die Symbiose von Pflanzen mit Bodenpilzen. (Quelle: © S.Thomas/pixelio.de)

Das bisher wenig untersuchte Pflanzenhormon Strigolakton lockt sowohl nützliche Bodenpilze, als auch schädliche Unkräuter an. Wissenschaftler entdeckten das erste Transportmolekül, das die Abgabe des Hormons reguliert. Durch eine Steuerung der Hormonsekretion lassen sich möglicherweise auch Erträge steigern oder parasitische Unkräuter von Nutzpflanzen fernhalten.

Mehr als 80% aller Landpflanzen leben in einer Symbiose mit sogenannten Mykorrhiza-Bodenpilzen. Diese Pilze, zu denen beispielsweise auch Schlauchpilze wie die Trüffel gehören, liefern den Pflanzen Wasser und wichtige Nährstoffe, wie Phosphat, Nitrat und Spurenelemente. Im Gegenzug dafür erhalten die Pilze Kohlenhydrate aus der pflanzlichen Photosynthese. Kulturpflanzen liefern durch die Symbiose mit den Pilzen bessere Erträge und sind aus bisher ungeklärten Gründen auch widerstandsfähiger gegenüber Krankheiten. Besonders in der ökologischen Landwirtschaft versucht man daher, Mykorrhiza-Pilze als Alternative zu Pflanzenschutzmitteln und Düngern in Ackerböden zu kultivieren.

Bei tiefem Nährstoffgehalt leitet die Pflanze die Bildung der Pilzsymbiose durch die Produktion eines Lockstoffes ein. Über die Wurzeln gibt sie das Pflanzenhormon  Strigolakton in den Boden ab. Die Pilzhyphen wachsen daraufhin auf die Wurzeln der Pflanze zu, durchstoßen die Epidermis und wachsen durch spezialisierte Durchlasszellen in den Wurzelcortex hinein. Dort verzweigen sich die Hyphen zu baumartigen (arbusculum) Strukturen, die der Symbiose den Namen arbuskuläre Mykorrhiza gaben.

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Innerhalb der Wurzel verzweigen sich die Hyphen arbuskulärer Mykorrhiza-Pilze zu bäumchenartigen Strukten. Über diese findet der Stoffaustausch mit der Pflanze statt. (Quelle: ©T. Fester / UFZ Leipzig)

Innerhalb der Wurzel verzweigen sich die Hyphen arbuskulärer Mykorrhiza-Pilze zu bäumchenartigen Strukten. Über diese findet der Stoffaustausch mit der Pflanze statt. (Quelle: ©T. Fester / UFZ Leipzig)

Niedrige Phosphorkonzentrationen im Boden leiten den Strigolakton-Export ein

Wie genau das Hormon aus den Wurzeln in den Boden gelangt und wie die Pilze die spezialisierten Durchlasszellen in die Wurzel finden, war bisher jedoch unbekannt. In der Petunie (Petunia hybrida) entdeckten Wissenschaftler ein Transportmolekül, das für die Absonderung des Hormons in den Boden verantwortlich ist. Das Protein PDR1 gehört zu den ABC Transportern, eine Familie von Membranproteinen, die auch in Bakterien und Säugetieren für den aktiven Stofftransport durch Zellmenbranen verantwortlich ist.

Wie die Studie zeigte, kurbeln die Pflanzen die Produktion von PDR1 besonders bei niedrigen Phosphorkonzentrationen im Boden an.  Ohne das Protein konnten die Pflanzen Strigolakton zwar in den Wurzeln produzieren, jedoch nicht mehr über die Zellmembran in den Boden abgeben. Pflanzen, die das Membranprotein PDR1 nicht mehr herstellen konnten, wurden außerdem von nur halb so vielen Mykhorriza-Pilzen besiedelt, wie die Wildtyp-Petunien. Die Wissenschaftler vermuten, dass die Hauptaufgabe des PDR1-Proteins darin besteht, an den Eintrittsstellen der Wurzel einen Hormongradienten aufzubauen. Durch dieses Signal würden die Pilzhyphen zu den Durchlasszellen gelockt, durch die sie in das Innere der Wurzel gelangen.  

Ohne PDR1 bleibt Strigolakton in der Wurzel

Bis vor wenigen Jahren war die Funktion von Strigolakton noch ein Rätsel. Man wusste nur, dass es die Samen einiger parasitisch lebende Unkräuter zum Keimen bringt und deren wurzelartigen Saugorgane zu den Wurzeln der Wirte lockt. Mittlerweile ist klar, dass es sich dabei nur um eine unerwünschte Nebenwirkung des Pflanzenhormons handelt. Dieser für die Pflanze schädliche Nebeneffekt kann jedoch durch eine Blockade der PDR1-Produktion verhindert werden. Experimente der Forscher zeigten, dass die Samen des parasitischen Unkrautes Orobanche (Phelipanche ramosa) neben PDR1-Mutanten schlechter auskeimen, als neben PDR1-produzierenden Wildtyp-Pflanzen.

Alternative zum chemischen Pflanzenschutz?

Möglicherweise könnte dieser Mechanismus auch beim Pflanzenschutz zur Anwendung kommen. Schädliche Unkräuter, wie beispielsweise das sogenannte Hexenkraut  Striga hermonthica, das in vielen Regionen Afrikas auf wichtigen Getreidearten parasitiert und große Teile der Ernten vernichtet, könnten möglicherweise durch eine Blockade der Strigolakton-Sekretion bekämpft werden.  Darüber hinaus wollen die Forscher durch Hochregulieren der Strigolakton-Konzentration im Boden die Mykorrhizierung in Böden verbessern, in denen sie wegen Trockenheit oder Überflutung gehemmt ist.
Eine gezielte Kultivierung der Bodenpilze findet in der konventionellen Landwirtschaft bisher noch wenig Beachtung, da die Pilze auf große Mengen mineralischen Dünger und bestimmte Fruchtfolgen empfindlich reagieren. Für die zukünftige Landwirtschaft, die mit weniger Ressourcen weiterhin hohe Erträge erzielen muss, könnte die gezielte Nutzung symbiontischer Pilze wichtig sein.


Quelle:
T. Kretzschmar et al. (2012): A petunia ABC protein controls strigolactone-dependent symbiotic signalling and branching. In: Nature. Online Publikation, März 2012, DOI: 10.1016/j.cub.2012.01.054.

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Titelbild: An der Petunie erforschten Wissenschaftler die Rolle des Hormons Strigolakton für die Symbiose von Pflanzen mit Bodenpilzen. (Quelle: © S.Thomas/pixelio.de)