Mehr Rapsöl durch Hormonveränderungen

28.06.2010 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Raps - Deutschlands wichtigste Ölpflanze (Quelle: © Volker Kraus / pixelio.de)

Raps - Deutschlands wichtigste Ölpflanze (Quelle: © Volker Kraus / pixelio.de)

Raps ist Deutschlands wichtigste Ölpflanze. Das Projekt GABI-GROWTH verfolgt gleich drei Ansätze, um durch Eingriffe in den Cytokinin-Stoffwechsel den Ertrag zu steigern.

Cytokinin ist ein Schlüsselhormon für verschiedene Entwicklungsschritte der Pflanze. Gleichzeitig lässt sich der Cytokinin-Haushalt einer Pflanze sehr gezielt in einzelnen Geweben oder während bestimmten Entwicklungsphasen verändern. Das konnte Projektleiter Thomas Schmülling mit seiner Arbeitsgruppe in der Angewandten Genetik des Dahlem Centre of Plant Sciences der FU Berlin bereits an der Modellpflanze Ackerschmalwand zeigen. Sieben Gene haben die Forscher identifiziert, die den Abbau von Cytokinin steuern. Bei einer Studie von Knockout-Mutanten dieser Gene stellten die Wissenschaftler überraschenderweise fest, dass infolge des Ausschaltens mehrerer dieser Gene der Samenertrag der Pflanzen erhöht war. Gemeinsam mit dem Projektpartner Norddeutsche Pflanzenzucht Hans-Georg Lembke KG soll diese Erkenntnis von Ackerschmalwand nun in GABI-GROWTH auf die recht eng verwandte Nutzpflanze Raps übertragen werden.

Raps hat vier Allele jeder Genkopie

Zunächst müssen die Forscher dazu die entsprechenden Gene im Raps identifizieren. Dann gilt es zu testen, ob deren Funktion in Raps und Ackerschmalwand identisch ist. Das ist beim Raps dadurch erschwert, dass die Pflanze allopolyploid ist, also aus einer natürlichen Kreuzung aus Kohl (B. oleraceae) und Rübsen (B. rapa) entstanden ist. Somit trägt Raps (B. napus) bis zu vier Allele jeder Genkopie von zwei verschiedenen Elternpflanzen in sich. Die Forscher haben deshalb die Gene beider Elternpflanzen isoliert und sequenziert.

Inzwischen sind erste transgene Rapslinien mit einer veränderten Expression dieser Gene in Arbeit. Denn natürlich wollen die Wissenschaftler auch beim Raps die relevanten Cytokinin-Gene ausschalten, um einen erhöhten Samenertrag zu erzielen. Dazu nutzen die Forscher vor allem die Methode der RNA-Interferenz, bei der ein RNA-Molekül die Expression bestimmter Gene blockiert. Alternativ kann das so genannte TILLING-Verfahren verwendet werden, bei dem durch Punktmutationen Gene ausgeschaltet wurden.

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Das Team von GABI-GROWTH in der Angewandten Genetik des Dahlem Centre of Plant Sciences (FU Berlin). Von links nach rechts: Elisabeth Otto, Andrea Arbeiter, Isabel Bartrina, Thomas Schmülling

Das Team von GABI-GROWTH in der Angewandten Genetik des Dahlem Centre of Plant Sciences (FU Berlin). Von links nach rechts: Elisabeth Otto, Andrea Arbeiter, Isabel Bartrina, Thomas Schmülling

Bildquelle: © GABI-GROWTH

Unbewusst die gleiche Strategie schon früher verfolgt?

Noch liegen keine Ergebnisse mit den transgenen Linien vor. Es wird sich zeigen, ob die gewählte Strategie weiter verfeinert werden muss. Beispielsweise könnten die Forscher andere Moleküle für die RNA-Interferenz wählen oder andere regulatorische Elemente des Cytokinin-Stoffwechsels beeinflussen. Spannend ist auch die Frage, ob womöglich schon ein Züchter unbewusst den Weg gegangen ist, den GABI-GROWTH beschreiten will: Denkbar wäre, dass bestimmte Rapslinien bereits durch natürliche oder züchterisch induzierte Mutation modifizierte Cytokinin-Gene aufweisen. Da dies zu mehr Samenertrag führt, könnten Züchter genau darauf selektiert haben, ohne die biochemischen Hintergründe zu kennen. In diesem Fall wäre durch die Experimente möglicherweise keine weitere Ertragssteigerung zu erzielen.

Rechnet sich ein größeres Wurzelwerk?

Zur Verbesserung von Raps untersucht GABI-GROWTH noch zwei weitere Ansätze, die ebenfalls auf einer gezielten Veränderung des Cytokinin-Stoffwechsels beruhen. Zum einen hemmt Cytokinin das Wurzelwachstum. Verringern die Forscher den Cytokiningehalt in den Wurzeln, so führt dies zu einem verbesserten Wurzelwachstum. Dies könnte unter bestimmten Umständen die Versorgung der Pflanze mit Nährstoffen oder Wasser verbessern und damit den Ertrag sichern. Ein Ansatz also der in Zeiten des Klimawandels, aber auch für eine ressourcensparsame Landwirtschaft inklusive der extensiven Bio-Landwirtschaft von  Interesse sein kann. Unklar ist allerdings, ob sich die zusätzlichen Wurzeln für die Pflanze rechnen werden. Wurzeln machen selbst keine Photosynthese, benötigen aber Energie; Energie, die möglicherweise bei den Samen fehlen könnte. Zudem leidet die Pflanze bestenfalls zeitweise unter Trockenstress. In der übrigen Zeit ist das Mehr an Wurzelwerk womöglich schnell überflüssig.

Frühere Blattalterung für mehr Ernte und weniger Dünger

Der dritte Ansatz betrachtet die Blattalterung, die Seneszenz. Höhere Cytokinin-Konzentrationen verzögern die Blattalterung, geringe Konzentrationen lassen sie früher beginnen. Weil die Substanzen im absterbenden Blatt von der Pflanze wiederverwertet werden, könnte es den Samen zugutekommen, wenn die Blattalterung früher einsetzt. Vor allem Stickstoff geht bislang über jene Blätter verloren, die nach der Ernte am Raps hängenbleiben. Bezögen die Pflanzen den Stickstoff für ihre Früchte aus den alternden Blättern, könnten Landwirte erheblich bei der Stickstoffdüngung sparen. Davon profitierte auch die Umwelt, die weniger belastet würde.

Am Ende des Projekts erhoffen sich beide Partner, dass aus allen drei Ansätzen Rapslinien hervorgegangen sein werden, die in der kommerziellen Züchtung verwendet werden. Und nicht nur die Rapsproduktion soll gewinnen: Für die Wissenschaftler ist GABI-GROWTH zugleich ein Machbarkeitsbeweis ihrer Cytokinin-basierten Ansätze Pflanzenwachstum gezielt zu verändern. Stellen sich diese als erfolgreich heraus, so ist diese Technologie auch für andere Nutzpflanzen interessant.


Zum Weiterlesen:

Titelbild: Raps - Deutschlands wichtigste Ölpflanze (Quelle: © Volker Kraus / pixelio.de)