Neue Funktionen eines Pflanzenhormons entdeckt

Brassinosteroide bauen Pestizide ab

25.03.2015 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Chemische Mittel werden eingesetzt, um unsere Nutzpflanzen vor schädlichen Tieren, Pilzen oder Pflanzen zu schützen. Doch ihr Einsatz hat auch Kehrseiten. (Bildquelle: © iStock.com/fotokostic)

Chemische Mittel werden eingesetzt, um unsere Nutzpflanzen vor schädlichen Tieren, Pilzen oder Pflanzen zu schützen. Doch ihr Einsatz hat auch Kehrseiten. (Bildquelle: © iStock.com/fotokostic)

Brassinosteroide steuern wichtige Reaktionen beim Wachstum und der Stresstoleranz von Pflanzen. Nun konnten Wissenschaftler zeigen, dass die Phytohormone auch beim Abbau von chemischen Pflanzenschutzmitteln mitwirken.

Aus der modernen, großflächigen Landwirtschaft sind Pestizide nicht mehr wegzudenken. Bis zu 80 Prozent der Ernten könnten ohne den Schutz unserer Nutzpflanzen vor Schädlingen und Unkraut verloren gehen, schätzen Forscher. Doch der Einsatz dieser Mittel hat auch Kehrseiten. So können Rückstände der Chemikalien sich in unseren Nahrung und der Umwelt ansammeln und die Gesundheit beeinträchtigen. Einige Pestizide und deren Abbauprodukte wirken nicht nur unmittelbar toxisch, sondern können auch unbemerkt auf Stoffwechselprozesse wie zum Beispiel den Hormonhaushalt Einfluss nehmen. Das wiederum kann die Reproduktionsfähigkeit anderer Organismen beeinträchtigen.

Abbau von Pestiziden in Säugerzellen bekannt

Wie Pestizide in Säugetierzellen abgebaut werden, ist im Rahmen von Sicherheitsbewertungen bei Zulassungsprozessen umfangreich untersucht worden. Der Prozess lässt sich grob in drei Phasen einteilen: 1. Die Oxidation der Pestizidrückstände durch Cytochrom P450 oder einer Peroxidase, 2. Der Zusammenschluss der Stoffe mit Gluthation und Glukose durch das Enzym Gluthation S-Transferase oder Glykosyl-Transferase und 3. Der Abtransport der Verbindungen aus der Zelle mit Hilfe verschiedener membrangebundener Transporter wie beispielsweise den ABC-Transportern.

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Wie genau Pflanzen Pestizide abbauen ist noch nicht geklärt. Eine neue Studie zeigt, dass am Prozess Wachstumshormone aus der Familie der Brassinosteroide maßgeblich beteiligt sind. Dafür untersuchten Forscher den Abbau eines Pflanzenschutzmittels in Tomaten.

Wie genau Pflanzen Pestizide abbauen ist noch nicht geklärt. Eine neue Studie zeigt, dass am Prozess Wachstumshormone aus der Familie der Brassinosteroide maßgeblich beteiligt sind. Dafür untersuchten Forscher den Abbau eines Pflanzenschutzmittels in Tomaten.

Bildquelle: © iStock.com/TreeofLife99

Brassinosteroide als Hauptakteure identifiziert

Wie Pflanzen Pestizide in ihren Zellen abbauen, ist hingegen noch nicht im Detail geklärt. In einer aktuellen Studie konnten Wissenschaftler zeigen, dass am Entgiftungsprozess pflanzlicher Zellen Hormone aus der Familie der Brassinosteroide maßgeblich beteiligt sind. Diese Pflanzenhormone wirken in kleinsten Konzentrationen, regulieren Zellstreckung und Zellteilung und sind über die gesamte Lebensspanne der Pflanze hinweg aktiv. Auch bei der Stresstoleranz einer Pflanze spielen Brassinosteroide eine wichtige Rolle.

In ihren Versuchen testeten die Wissenschaftler den Abbau von Chlorothalonil (CHT), einem häufig verwendeten Pestizid in der Nutzpflanzenproduktion, in Tomaten. Es zeigte sich, dass bereits natürlich vorkommende Konzentrationen eines aktiven Brassinosteroides ausreichen, um die Pestizid-Abbaumaschinerie ordentlich anzukurbeln. Auch bei anderen wichtigen Kulturpflanzen wie Reis, Tee, Gurke, Brokkoli, Spargel, Erdbeeren, Sellerie und Knoblauch halfen Brassinosteroide beim Abbau von verschiedenen Pestiziden.

Genexpressionsanalysen zeigten, dass Brassinosteroide „Entgiftungsgene“ ankurbeln, die den Pflanzenzellen helfen, die schädlichen Stoffe wieder loszuwerden. Wie bei Säugerzellen sind auch bei Pflanzen die Enzyme Cytochrom P450, Gluthation S-Transferase, die Glykosyl-Transferase und verschiedene Transporter am Abbau der Substanzen beteiligt. Wie ein Pestizid von der pflanzlichen Zelle erkannt und das Signal zum Abbau weitergegeben wird, müssen weitere Untersuchungen aber erst noch zeigen.

Schutz vor Pestizidrückständen durch Brassinosteroide?

Die Forscher sehen in ihrer Arbeit einen alternativen Ansatzpunkt, wie sich die Umwelt, Mensch und Tier vor Pestizidrückständen schützen lassen. Denn bisher konzentrieren sich die Maßnahmen lediglich darauf, potentiell gefährliche Mittel mengenmäßig zu reduzieren oder ganz vom Markt zu nehmen. Nur wenige Studien hätten sich bisher mit den Mechanismen auseinandergesetzt, wie Pestizidrückstände innerhalb der Pflanze abgebaut werden.

Hauptsächlich in den Ländern der sogenannten dritten Welt seien Umwelt, Mensch und Tier dem teilweise unreglementierten Einsatz von meist nicht mehr zeitgemäßen Pestiziden ausgesetzt, schreiben die Wissenschaftler. Sie schlagen folgende Vorgehensweise vor: Brassinosteroide könnten entweder direkt auf den Blättern der Nutzpflanzen ausgebracht werden oder die Biosynthese dieser Phytohormone gentechnisch so verändert werden, dass die Pflanzen die Pestizide rasch wieder abbauen. Auf diese Weise könnte man vor den negativen Auswirkungen vieler Pestizide geschützt und gleichzeitig stabile Ernteerträge erzeugt werden. Ob dieser Ansatz jedoch tatsächlich biologischen oder sogenannten integrierten Anbaupraktiken überlegen ist, die von vornherein darauf setzen, keine oder so wenig wie möglich Pestizide einzusetzen, wurde bei diesen Überlegungen nicht berücksichtigt.


Quelle:
Zhou, Y. et al. (2015): Brassinosteroids play a critical role in the regulation of pesticide metabolism in crop plants. In: Sci Rep., 5:9018, (12. März 2015), doi: 10.1038/srep09018.

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Titelbild: Chemische Mittel werden eingesetzt, um unsere Nutzpflanzen vor schädlichen Tieren, Pilzen oder Pflanzen zu schützen. Doch ihr Einsatz hat auch Kehrseiten. (Bildquelle: © iStock.com/fotokostic)