Nie mehr von Geranien niesen? Pollenfreie Blumen durch Gentechnik

07.09.2012 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Geranien heißen botanisch korrekt Pelargonien. (Quelle: © Fabian Forban / pixelio.de)

Geranien heißen botanisch korrekt Pelargonien. (Quelle: © Fabian Forban / pixelio.de)

Gute Neuigkeiten für Allergiker: Forschern gelang es pollenfreie und zudem langlebigere Geranien zu erzeugen. Nicht durch konventionelle Züchtung, sondern durch einen Gentransfer. Dabei schleuste das Forscherteam zwei neue Gene bei den beliebten Gartenpflanzen ein – mit Hilfe von Bodenbakterien.

Geranien sind sehr beliebte Zier- und Gartenpflanzen, die auf vielen Balkonen und Beeten anzutreffen sind. Botanisch gehören die verschiedenen Arten der Gattung der Pelargonien an und werden nur umgangssprachlich Geranien genannt.

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Paradoxerweise ist die umgangssprachliche Bezeichnung „Geranien“ der botanisch korrekte Name für eine andere Gattung: Geranium, die auch als Storchschnäbel bezeichnet werden. Wie Pelargonien gehören auch sie zur Familie der Storchschnabelgewächse (Geraniaceae).

Männliche Samenpflanzen bilden Pollen, um ihre Erbanlagen sicher zu den weiblichen Blütenteilen zu transportieren, damit diese bestäubt und anschließend befruchtet werden können. In der Natur spielen die Pollenkörner daher eine große Rolle. Für Allergiker allerdings, ist Pollenflug eine Qual. Allergische Reaktionen werden vor allem durch den Blütenstaub von Gräsern oder Bäumen hervorgerufen. Es gibt jedoch auch einige, die auf den Pollen von Geranien allergisch reagieren. Symptomatisches Niesen könnte neuesten Forschungsergebnissen zufolge zumindest für Geranienallergiker bald Geschichte sein.

Gentechnische Methoden verhelfen zu neuen Eigenschaften

Seit dem 17. Jahrhundert pflanzen Europäer die beliebten Pflanzen nun schon an. Durch Kreuzungen wurden bereits viele Sorten mit neuen Eigenschaften gezüchtet. So entstand u.a. eine breite Palette von Blattformen, Blumen und Düften. Dennoch ist die Einführung von neuen Merkmalen ein langwieriger Prozess und manche Eigenschaften lassen sich überhaupt nicht einkreuzen. Um neue, noch verbesserte Sorten zu erzeugen, griffen die Forscher der vorliegenden Studie auf Methoden der Gentechnik zurück. Getreu dem Motto „Gentechnik setzt da an, wo konventionelle Züchtung an ihre Grenzen stößt“, setzten die Forscher daher auf artfremde Gene. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Forscher im Open Access Fachmagazin "BMC Plant Biology".

Um die Geranien mit spezifischen Eigenschaften auszustatten, modifizierten die Wissenschaftler zwei bakterielle Gene. Sie stellten den Genen pflanzliche Nukleotid-Sequenzen voran (sogenannte Promotoren), welche die Genexpression regulieren. Das heißt, durch diese pflanzliche Komponente wird geregelt, wo und wann das Gen abgelesen wird. Das erste modifizierte Gen (pSAG12::ipt) stammte dabei vom Agrobacterium tumefaciens und wurde mit einem pflanzlichen Promotor ausgestatte, der ursprünglich zu einem Gen der Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) gehört. Das zweite Gen (PsEND1::barnase) stammt vom Bakterium Bacillus amyloliquefaciens, der pflanzliche Promotor wurde Erbsen entnommen.

Mit Hilfe des Bakteriums Agrobacterium tumefaciens gelangten diese Gene dann durch einen Gentransfers in das Erbgut (Genom) der Geranienpflanzen. Die artfremde DNA wurde daraufhin von den Pflanzenzellen in ihr eigenes Genom integriert. Von diesen Zellen zogen die Forscher daraufhin Pflanzen, die in der Tat veränderte Eigenschaften vorzuweisen hatten.

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Eines der neuen Gene (PsEND1::barnase) sorgt dafür, dass in den Staubblättern kein Pollen mehr produziert wird. (Quelle: © bagal / pixelio.de)

Eines der neuen Gene (PsEND1::barnase) sorgt dafür, dass in den Staubblättern kein Pollen mehr produziert wird. (Quelle: © bagal / pixelio.de)

Geranien, an denen wir uns noch länger erfreuen können?

Eines der Gene, die dabei transferiert wurden, codiert ein Enzym, welches die Menge an Cytokininen erhöht. Cytokinine sind eine Gruppe von Pflanzenhormonen, die das Wachstum und die Entwicklung von Pflanzen steuern. Der Alterungsprozess in den Blättern der so modifizierten, d.h. transgenen Pflanzen wurde durch einen erhöhten Gehalt an diesen wachstumsfördernden Phytohormonen verlangsamt. Als sichtbares Zeichen dafür, waren die Blätter länger grün, als in der Kontrollgruppe. Verglichen mit der Kontrollgruppe änderte sich auch das Wachstumsverhalten, wodurch die veränderten Pflanzen kompakter wurden: Die Blüten und Blätter waren bei den veränderten Pflanzen kleiner, die Stängel kürzer. Die Pflanzen wiesen jedoch mehr Verzweigungen auf und deren Blüten hatten eine intensivere Farbe.

Zudem ohne Pollen!

Das zweite Gen wurde so verändert, dass dadurch die Produktion von Pollen gestoppt wird. Besser gesagt veränderten sich in den transgenen Pflanzen die Staubbeutel (Anthere) im Staubblatt, welches das Pollen erzeugende Organ der Pflanzen ist. Diese bildeten daraufhin keinen Pollen mehr aus. Dies macht die Pflanzen unfruchtbar. Ein Vorteil wäre, dass sich dadurch die vegetative Phase der Pflanzen verlängert, d.h. sie wachsen länger. Das Forscherteam sieht jedoch einen weiteren Vorteil: Wenn die Geranien keinen Pollen ausbilden, dann können sie ihre gentechnisch veränderten Erbanlagen auch nicht an umliegende Pflanzen weitertragen, so die Argumentation der Forscher.

Sollte die gentechnisch veränderte Pflanze auf den Markt kommen, wäre sie aufgrund der neuen Eigenschaften nicht nur für Hobbygärtner und Blumenfreunde mit Allergien, sondern durch die längere Lebensdauer auch wirtschaftlich interessant.


Quelle:
García-Sogo, B. et al. (2012): Production of engineered long-life and male sterile Pelargonium plants. In: BMC Plant Biology 2012, 12:156, online 31. August 2012, doi: 10.1186/1471-2229-12-156.

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Titelbild: Geranien heißen botanisch korrekt Pelargonien. (Quelle: © Fabian Forban / pixelio.de)