Partnerschaftstest für gezielte Hybridzüchtung

18.12.2009 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Quelle: © R. Krause / PIXELIO - www.pixelio.de

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Gezielte Hybridzüchtung bringt viele Vorteile. Aber wie können leistungsfähige Mischlingspflanzen rechtzeitig erkannt und entsprechend weitergezüchtet werden?

Eine deutsche Forschergruppe um Prof. Dr. Albrecht Melchinger von der Universität Hohenheim hat herausgefunden, wie die Gene bei dem Heterosis-Phänomen wirken, damit sich kräftige und ertragsreiche Hybridpflanzen aus degenerierten Eltern entwickeln können. Außerdem konnten die Wissenschaftler Strategien entwickeln, wie leistungsfähige Mischlingspflanzen rechtzeitig erkannt und entsprechend weitergezüchtet werden können. „Bei vielen Kulturpflanzen können wir mit diesem Wissen Ertragssteigerungen von bis zu siebzig Prozent erzielen - ganz ohne Gentechnik“, sagt Melchinger. Laut Dr. Thomas Altmann vom Leibniz-Institut für Pflanzenforschung in Gatersleben müssen für extrem leistungsfähige Mischlinge ganz bestimmte Variationen von väterlichen und mütterlichen Genen im Nachwuchs kombiniert werden.

Bereits vor über hundert Jahren legte der amerikanische Genetiker George Shull den Grundstein für die Hybridzüchtung. Er hatte mehrere Maispflanzenfamilien stets nur untereinander bestäubt, sodass schwachwüchsige Inzuchtpflanzen mit geringen Erträgen entstanden waren. Als er diese Inzuchtfamilien dann miteinander kreuzte, entstanden besonders kräftige, ertragsreiche Hybriden. Dieses Phänomen wird als Heterosis bezeichnet und wurde von Pflanzenforschern zur Züchtung zahlreicher leistungsstarker Hybriden genutzt. Neben Mais ist konzentriert sich die Züchtung auch auf weitere Pflanzen, beispielsweise Tomaten, Roggen, Raps und Reis.

An dem aktuellen Heterosis-Projekt, das von der Deutschen Forschungs-gemeinschaft finanziert wurde, waren neben Melchinger und Altmann 14 weitere Teams beteiligt. Im Genom der Laborpflanze Aradopsis thaliana fanden die Forscher zehn Bereiche, die über Wachstum und Fruchtproduktion bestimmen. Altmann erklärt, dass die Größe der Pflanze und deren Früchte vom Zusammenspiel all dieser Erbanlagen abhängen würde. Väterliche und mütterliche Pflanzen zeigen dabei unterschiedliche Genvarianten (Allele). „In der richtigen Kombination harmonieren die Allele miteinander und lösen einen Heterosis-Effekt aus“, sagt Altmann. 

Bisher werden die kräftigsten Hybridsorten nur gefunden, indem Saatgutfirmen möglichst viele Inzuchtfamilien herstellen und kreuzen. Von den pro Jahr auf diese Weise erzeugten rund hundert Millionen Hybridpflanzen eignen sich nur wenige für den Anbau. Würden dagegen aussichtsreiche Mischlinge frühzeitig erkannt, könnte laut Melchinger viel Geld und Zeit gespart werden.

Gemeinsam mit Forschern aus Gießen und Hamburg wollte der Hohenheimer Wissenschaftler daher eine Art Partnerschaftstest für Maispflanzen entwickeln. Dafür wurde untersucht, welche der Gene der degenerierten Eltern in den ertragsreichen Nachkommen aktiv sind. Von den etwa 40.000 untersuchten Genen der Elternpflanzen können etwa 2.000 für die zukünftige Ertragsleistung der Hybriden Auskunft geben.

Bereits jetzt können anhand der Genomanalysen frühzeitig erfolgsversprechende Nachkommen aussortiert und gezielt vermehrt werden. Computersimulationen könnten in wenigen Jahren die Vorhersage noch verbessern.

Melchinger hofft, dass das verbesserte Verständnis der Heterosis in Zukunft zur Ernährung der Weltbevölkerung beitragen kann. „Angesichts des zunehmenden Bedarfs an Nahrungsmitteln sind Ertragssteigerungen in der Landwirtschaft aber dringend notwendig", betont der Wissenschaftler. Um die Nachfrage der wachsenden Weltbevölkerung und der zurzeit unterernährten Menschen decken zu können, müssen Melchinger zufolge in den kommenden fünfzig Jahren die Ernteerträge verdoppelt werden. Hybridpflanzen könnten dichter angebaut werden und seien widerstandsfähiger gegen Trockenheit, sodass sie auch bei Klimawandel und begrenzten Anbauflächen noch gute Erträge liefern könnten. 

Obwohl Melchinger die Gentechnik sehr kritisch betrachtet und von deren Nutzen keineswegs überzeug ist,  hält er sowohl die Forschung der gezielten Erbgutveränderung als auch der Hybridzüchtung für unerlässlich, um die Menschheit in Zukunft ernähren zu können.


Quelle:

  • Biedrzycki/ Jilany/ Dudley/ Bais (2010): Root exudates mediate kin recognition in plants. (abstract)

Titelbild: Quelle: © R. Krause / PIXELIO - www.pixelio.de