Pflanzen schwitzen besser

US-amerikanische Forscher berechnen den globalen Anteil pflanzlicher Transpiration neu

16.04.2013 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Auch Pflanzen können schwitzen: Sie geben Wasser in Gasform über Spaltöffnungen in den Blättern ab. (Quelle: © Torsten Klemm / pixelio.de)

Auch Pflanzen können schwitzen: Sie geben Wasser in Gasform über Spaltöffnungen in den Blättern ab. (Quelle: © Torsten Klemm / pixelio.de)

Pflanzliche Transpiration hat einen deutlich größeren Anteil am globalen Wasserkreislauf als bisher angenommen.

Wasser verdunstet über Land und Meeren, gelangt gasförmig in die Atmosphäre, wo es wieder kondensiert und als Regen oder Schnee zur Erde zurückkehrt. Dort wird es von Pflanzen aufgenommen, sickert ins Grundwasser oder gelangt über Flüsse zurück ins Meer. Forscher schätzen, dass die gesamte jährliche Verdunstungsrate über Wasser und Land bei etwa einer halben Million Kubikkilometern liegt. Bislang nahm man an, dass der größte Teil der Niederschläge über Land direkt verdunstet (Evaporation). Forscher fanden jetzt heraus, dass die Pflanzen einen wesentlich größeren Beitrag zur gesamten an die Atmosphäre abgegebenen Wassermenge (Evapotranspiration) beitragen als bislang angenommen.

Transpiration und CO2-Gaswechsel bei Pflanzen

Pflanzen geben Wasser in Gasform über ihre Spaltöffnungen (Stomata) ab. Diese Transpiration hat zwei Funktionen: Einerseits einen Kühleffekt, denn das Verdunsten des Wassers benötigt eine bestimmte Menge an Wärme, die dem Blatt entzogen wird, so dass es abkühlt. Andererseits bewirkt das beständige Abgeben von Wasser einen Unterdruck in der Pflanze, durch den Wasser und in diesem gelöste Nährstoffe aus dem Boden angesaugt werden (Transpirationssog). Die abgegebene Wassermenge wird dabei über die Größe der Spaltöffnungen reguliert. Bei hoher Luftfeuchtigkeit sind die Stomata beispielsweise weit und bei Trockenheit kaum geöffnet oder sie sind ganz geschlossen.

Gleichzeitig wird über die Stomata auch die CO2-Aufnahme für die Photosynthese geregelt: Je nach Öffnungsweite der Stomata können Pflanzen eine bestimmte Menge an CO2 in die Pflanze  aufnehmen. Wassermangel sorgt für ein Schließen der Stomata und setzt dadurch auch die CO2-Zufuhr für die Photosynthese herab. Setzt man CO2-Aufnahme und Wasserdampfabgabe in Beziehung, erhält man die Wassernutzungseffizienz (Water-Use-Efficiency oder WUE):

WUEPh = Photosynthese/Transpiration

#####1#####
Schema des Wasserkreislaufs.

Schema des Wasserkreislaufs.

Bildquelle: © USGS

Vereinfacht gesagt gibt sie an, wie effektiv Pflanzen bei Wassermangel CO2 fixieren und Photosynthese betreiben können.

Isotopenverhältnisse zeigen den Weg des Wassers

Um die Höhe der pflanzlichen Transpiration sowie der Evaporation zu berechnen, untersuchten die Wissenschaftler Wasserproben aus verschiedenen Gewässern rund um die Erde. Um zu unterscheiden, welchen Weg das untersuchte Wasser gegangen war, nutzten sie das Verhältnis der Sauerstoffisotope O16 und O18. Das Besondere dabei ist: Das mit dem leichteren O16 bestückte Wasser verdunstet schneller als Wassermoleküle mit dem schwereren O18. Diese Trennung verschiedener Isotope tritt nur bei direkter Verdunstung auf, da die leichteren O16-Isotope schneller in die Gasphase übergehen, die schwereren O18-Isotope bleiben eher in der flüssigen Phase. Das Gleiche passiert bei der Kondensation in der Wolke: Wasser mit O18 kondensiert früher und regnet aus, während Wasser mit O16 länger in der Gasphase bleibt. Daher sammelt sich in Gewässern durch Verdunstung das schwerere O18 an. Bei der Transpiration durch Pflanzen entsteht dieser Unterschied nicht: Sie nehmen Wasser mit einem bestimmten Isotopenverhältnis auf und geben dieses unselektiert wieder ab.

Die Forscher nutzten diesen Zusammenhang für ihre Verdunstungsberechnungen: In einem offenen Gewässer bleibt durch reine Verdunstung mehr O18 zurück als O16, es hat also eine für die Region typische Signatur, die die jeweiligen Klimabedingungen widerspiegelt. Wasser, das in den See fließt, dessen Weg aber nicht über direkte Verdunstung und Niederschlag lief, sondern über die Transpiration, hat eine andere Signatur. Dieselben Berechnungen stellten sie für die Wasserstoff-Isotope H1 und H2 (Deuterium) an, die ebenfalls beide in Wassermolekülen vorkommen.

Ergebnisse und Korrelation mit globaler Photosyntheseleistung

Für ihre Untersuchungen betrachteten die Wissenschaftler die Isotopenverhältnisse  verschiedener Gewässer und ihrer jeweiligen Einzugsgebiete und bezogen diese Ergebnisse auf den globalen Wasserhaushalt. Aus den unterschiedlichen Werten konnten sie ersehen, wie viel des als Niederschlag eingetragenen Wassers (global etwa 110.000 Kubikkilometer pro Jahr über Land) direkt verdunstete und wie viel über Pflanzen an die Atmosphäre abgegeben wurde. Überraschenderweise gehen 80 bis 90 Prozent des über Landflächen niedergegangenen Wassers durch pflanzliche Transpiration zurück an die Atmosphäre, lediglich 10 bis 20 Prozent über direkte Verdunstung. Einer der Gründe liegt vermutlich an der Tatsache, dass Pflanzen in der Lage sind, über ihre Wurzeln Wasser aus tieferen Bodenschichten zu erreichen, während die Evaporation nur die oberflächennahen Schichten und die Flächen von Seen und Flüssen betrifft. Die Vegetation führt dementsprechend etwa 62.000 Kubikkilometer pro Jahr an Wasser zurück in die Atmosphäre.

Nutzt man die Transpirationsraten zur Berechnung der globalen Wassernutzungseffizienz, ergibt sich eine ähnlich hohe globale Primärproduktion der Photosynthese (etwa 129 Gigatonnen Kohlenstoff pro Jahr) wie sie in jüngsten Schätzungen angegeben wurde (etwa 123 Gt C/a), ein Zeichen, dass die Berechnungen in etwa die Realität widerspiegeln. Die Wissenschaftler betonen, dass Klimaberechnungen bisher die Transpirationsleistung der Pflanzen unterschätzt haben. Die neue Berechnungsmethode kann daher eine große Hilfe für zukünftige Klimamodelle sein, denn steigende Temperaturen sowie eine erhöhte CO2-Konzentration im Zuge des Klimawandels beeinflussen die Transpiration der Pflanzen direkt und haben somit einen deutlich höheren Einfluss auf den globalen Wasserhaushalt als bisher angenommen.


Quelle:
Jasechko, S. et al. (2013): Terrestrial water fluxes dominated by transpiration. In: Nature Earth and Environmental Sciences, 3. April 2013. DOI: 10.1038/nature11983.

Zum Weiterlesen:

Titelbild: Auch Pflanzen können schwitzen: Sie geben Wasser in Gasform über Spaltöffnungen in den Blättern ab. (Quelle: © Torsten Klemm / pixelio.de)