Pflügen oder nicht pflügen

Das Direktsaatverfahren speichert weniger Kohlenstoff im Boden als angenommen

11.08.2014 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Direktsaatverfahren: Auf der Bodenoberfläche hat sich eine Mulchschicht aus alten Pflanzenresten gebildet. (Bildquelle: © USDA NRCS South Dakota/Flickr;CC BY-SA 2.0)

Direktsaatverfahren: Auf der Bodenoberfläche hat sich eine Mulchschicht aus alten Pflanzenresten gebildet. (Bildquelle: © USDA NRCS South Dakota/Flickr;CC BY-SA 2.0)

Forscher untersuchen die Effekte, die das Direktsaatverfahren auf die Kohlenstoffspeicher im Boden wirklich hat.

Die Landwirtschaft gilt als eine der Hauptquellen für die Emission anthropogener, also vom Menschen gemachter Klimagase. Um die Emissionen einzuschränken, steht seit einiger Zeit auch eine veränderte ackerbauliche Praxis zur Diskussion. Die sogenannte „Direktsaat“ verzichtet weitgehend auf ein Umbrechen des Bodens und bewirkt dadurch langfristig eine Anreicherung von in der organischen Substanz gebundenem Kohlenstoff. Der „Emissions Gap Report 2013“ der UNEP (United Nations Environment Programme) erhofft sich durch diese Praxis eine langfristige Speicherung von Kohlenstoff im Boden, der sonst als klimaschädliches CO2 durch die Atmosphäre geistert. Stimmt das tatsächlich? In einer neuen Studie haben Wissenschaftler die Aussage des Berichts genauer unter die Lupe genommen.

Zwei verschiedene Verfahren

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Bodenbearbeitung mit dem Pflug: Die Pflanzenreste, die nach der Ernte auf dem Boden liegen, werden dabei eingearbeitet.

Bodenbearbeitung mit dem Pflug: Die Pflanzenreste, die nach der Ernte auf dem Boden liegen, werden dabei eingearbeitet.

Bildquelle: © José 16 - Fotolia.com

In Deutschland dominiert bisher noch die konventionelle, „wendende“ Bodenbearbeitung: Dazu gehört in der Regel das Pflügen des Ackers, um den Boden zu lockern und zu belüften. Dabei werden Pflanzenreste, die auf dem Boden liegen, eingearbeitet. Die Belüftung sorgt dafür, dass sie schneller zersetzt werden und den Pflanzen zur Verfügung stehen. Durch das Pflügen werden auch Schädlinge wie zum Beispiel Schnecken oder die an den Pflanzenresten anhaftenden Bakterien oder Pilze in tiefere Bodenschichten gebracht und dadurch bekämpft. Nachteile des Pflügens sind die massive Störung des Bodengefüges und des Bodenlebens in den oberen Schichten, der sogenannten Ackerkrume.

Bei der Direktsaat wird der Boden nicht umgebrochen, sondern er wird nur beim Säen oberflächlich angeritzt. Dadurch bleiben das Bodengefüge und die Lebewesen im Boden weitgehend ungestört, die Fruchtbarkeit des Bodens wird langfristig erhöht. Nachteile sind hoher Schädlingsbefall sowie eine Verdichtung und damit schlechtere Belüftung der Böden. Das Direktsaatverfahren wird vor allem in Amerika sowie in Australien bereits häufig angewandt. Als besonders klimafreundlich gilt es, weil sich in der oberen Bodenschicht der Kohlenstoffgehalt durch einen erhöhten Anteil organischer Substanz anreichert und so der Atmosphäre entzogen wird, während beim Pflügen durch die Belüftung des Bodens Pflanzenreste schneller abgebaut und als CO2 in die Atmosphäre abgegeben werden.

Großes CO2-Einsparpotential?

Die UNEP benennt in ihrem Report die Direktsaat als eine Möglichkeit, durch die verminderte Freisetzung von Treibhausgasen den Klimawandel zu bremsen. Es könnten bis zu 4,3 Gigatonnen (Gt) CO2e pro Jahr im landwirtschaftlichen Sektor eingespart werden, 89 Prozent durch die Umstellung auf Direktsaatverfahren. Tatsächlich befindet sich in der oberen Bodenschicht (bis einen Meter) etwa dreimal mehr Kohlenstoff als die Atmosphäre Kohlenstoff in Form von CO2 enthält. Durch Landnutzungsänderungen (zum Beispiel Umwidmung von Grünland in Acker) wird dieser gespeicherte Kohlenstoff aus dem Boden vermehrt freigesetzt. Eine Verminderung dieser Freisetzung bzw. eine Erhöhung des Kohlenstoffgehaltes der oberen Bodenschicht durch Direktsaatverfahren könnte daher einen positiven Effekt auf die Reduzierung von Treibhausgasen haben. Eine Erhöhung des bodeneigenen Kohlenstoffgehaltes um 10 Prozent könnte theoretisch 30 Jahre menschengemachte CO2-Emissionen aufwiegen.

Zu schön, um wahr zu sein

Eine massive Einsparung von 4,3 Gt CO2e pro Jahr einfach durch die weltweite Umstellung auf das wesentlich preiswertere Direktsaatverfahren? Zu schön, um wahr zu sein, meinten die Forscher und untersuchten in ihrer neuen Studie die Daten verschiedener grundlegender Arbeiten zum Thema. Sie fanden heraus, dass sich in vielen Studien zwar ein erhöhter Kohlenstoffvorrat bei der Direktsaat in Oberflächennähe anreichert, dafür aber der Gehalt in tieferen Schichten abnimmt. Zudem zeigte sich bei nicht mehr gepflügten Böden nur in den ersten Jahren eine Anreicherung an Kohlenstoff, die mit den Jahren aber kontinuierlich abnahm, bis der Boden ein neues Gleichgewicht erreicht hatte. In einer französischen Langzeitstudie konnte auch nach 41 Jahren kein Zuwachs an Kohlenstoff im Boden nachgewiesen werden.

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Wird der Boden vor der Direktsaat noch oberflächlich und pfluglos bearbeitet, spricht man von modifizierter Direktsaat.

Wird der Boden vor der Direktsaat noch oberflächlich und pfluglos bearbeitet, spricht man von modifizierter Direktsaat.

Bildquelle: © Alupus/wikimedia.org; CC BY-SA 3.0

Zudem dürfte ein Boden, wenn er denn auf lange Zeit CO2 der Atmosphäre entziehen soll, mindestens für 100 Jahre nicht umgebrochen werden. Gelegentliches Pflügen wird aber auch bei der Direktsaat bei Bedarf praktiziert, zum Beispiel um Schädlinge oder Bodenverdichtungen und Staunässe zu bekämpfen. Besonders Staunässe kann zudem zu einem Anstieg der im Boden stattfindenden Denitrifikation beitragen. Hierbei wird auch Lachgas (N2O) frei, ein 298-mal stärkeres Treibhausgas als CO2. Das Direktsaatverfahren könnte auf ungeeigneten Böden daher die Vorteile der CO2-Einsparungen schnell wieder zunichte machen, geben die Forscher zu bedenken.

Direktsaat ist gut, aber kein Klimaschutz-Rezept

Unter dem Strich fällt die Bewertung des Direktsaatverfahrens im Bericht der UNEP daher viel zu positiv aus, stellten die Wissenschaftler fest. Nach ihren eigenen Berechnungen könnten höchstens 0,4 Gt CO2e pro Jahr eingespart werden und auch diese seien sehr optimistisch. Die Forscher betonen aber, dass die Direktsaat im Hinblick auf die globale Lebensmittelproduktion und eine nachhaltige Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit eine wichtige Rolle spielt und auf den dafür geeigneten Böden auch praktiziert werden sollte. Auch kann sie das Klima in den betreffenden Regionen positiv beeinflussen: Nach der Ernte nicht umgepflügte Felder mit hellen Strohresten heizen sich weniger auf als dunkle, gepflügte Äcker und beeinflussen so das Mikro-Klima in der Umgebung günstig. Auch die Bodenerosion durch Wind und Wasser, die weltweit für einen massiven Verlust an fruchtbarem Ackerland verantwortlich ist, wird durch die längere Bodenbedeckung reduziert.

Im Hinblick auf die Kohlenstoff-Speicherung und Verringerung von Treibhausgasen bietet die Direktsaat aber keine Lösung, sondern kann höchstens unterstützend wirken. Um die Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft sinnvoll zu bekämpfen, wären eher ein verbesserter Umgang mit stickstoffhaltigen Düngern sowie eine optimierte Fütterung von Wiederkäuern wichtig, betonen die Forscher.


Quelle:
Powlson, D. S. et al. (2014): Limited potential of no-till agriculture for climate change mitigation. In: Nature Climate Change Vol 4, (August 2014), doi:10.1038/nclimate2292.

Zum Weiterlesen:

Titelbild: Direktsaatverfahren: Auf der Bodenoberfläche hat sich eine Mulchschicht aus alten Pflanzenresten gebildet. (Bildquelle: © USDA NRCS South Dakota/Flickr; CC BY-SA 2.0)