Pilzresistenz der Gerste verstehen und ausbauen

09.03.2010 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Dr. Patrick Schweizer ist Projektleiter von GABI-PHENOME (Quelle: © Dr. Patrick Schweizer).

Dr. Patrick Schweizer ist Projektleiter von GABI-PHENOME (Quelle: © Dr. Patrick Schweizer).

Dr. Patrick Schweizer ist Pflanzenforscher am Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung in Gatersleben und Projektleiter von GABI-PHENOME. Das Projekt erforscht die Genaktivität von Gerste bei Pilzbefall, um letztlich resistente Sorten zu ermöglichen. Im Gespräch mit Pflanzenforscherung.de erklärt er, was das Besondere an den Ansätzen des Projekts ist. 

Ziel des Projekts ist es, in einem komplementären Versuchsansatz Gene auf Pflanzenseite als auch auf Pathologenseite zu identifizieren, welche die Interaktion der Gerste mit verschiedenen phytopathogenen Pilzen beeinflussen. Eine Vorstellung des Projekts finden Sie hier.

Pflanzenforschung.de: GABI-PHENOME hat das Ziel, Gerste resistenter gegen Pilzinfektionen zu machen. Wie soll das geschehen?

Dr. Schweizer: Zum Ersten müssen wir mehr über die Aktivität von tausenden Genen in der Pflanzen aber auch in den Pilzen erfahren. Dies geschieht durch so genannte Transkriptprofilierung mittels Genchips als auch durch das gezielte Stillegen einzelner Gene der Gerste oder der ausgewählten Schadpilze. Haben wir dann heiße Kandidatengene entdeckt, sollen diese in transgenen Pflanzen funktionell getestet werden.

#####bild1#####
Dr. Patrick Schweizer im Interview.

Dr. Patrick Schweizer im Interview.

Bildquelle: © Dr. Patrick Schweizer

Pflanzenforschung.de: Jede zweite Gerstensorte ist inzwischen resistent gegen Mehltau, außerdem gibt es zahlreiche Fungizide. Weshalb wird GABI-PHENOME dennoch benötigt?

Dr. Schweizer: Das Gerste-Mehltau-System ist für unser Projekt nicht zuletzt auch ein Modellsystem, an dem wir effizient Ideen und Strategien testen können. Zudem gibt es Grund zu der Annahme, dass sich grundlegende Prinzipien der Pilzresistenz oder auch -anfälligkeit auf weitere, agronomisch problematischere Pilzkrankheiten wie Rost oder Blattfleckenkrankheiten übertragen lassen.

Pflanzenforschung.de: Einer der Ansätze des Projekts besteht darin, dass Gerstenpflanzen in die Lage versetzt werden sollen, für die Infektion essenzielle Gene der Pilze stillzulegen. Wie soll das funktionieren?

Dr. Schweizer: Dieser Ansatz basiert auf einer ganz neuen Entdeckung am IPK Gatersleben, dass kleine RNA-Moleküle von der Pflanze in Pilze gelangen können, wo sie zur Abschaltung der entsprechenden Zielgene führen. Obwohl dieses Prinzip der RNA-Interferenz seit mehreren Jahren bekannt ist und 2006 zum Nobelpreis für die Entdecker Graig Mello und Andrew Fire geführt hat, war es bis vor kurzem nicht bekannt, dass kleine interferierende RNAs auch zwischen Organismen ausgetauscht werden können. Hier tasten wir uns also auf absolutes Neuland vor. Allerdings möchte ich betonen, dass dieser Ansatz nicht den Hauptteil von GABI-PHENOME ausmacht.

Pflanzenforschung.de: Lassen sich die Erkenntnisse aus dem Projekt auch auf andere Getreidepflanzen übertragen?

Dr. Schweizer: Die in der Gerste gewonnenen Erkenntnisse werden mit guter Wahrscheinlichkeit auch auf den agronomisch wichtigeren Weizen, eines sehr nahen Verwandten der Gerste, anwendbar sein. Weizen teilt mit der Gerste eine Reihe wichtiger Pilzkrankheiten.
 
Pflanzenforschung.de: Bei so ehrgeizigen Zielen: Wie lange wird es dauern, bis die ersten resistenten Hochleistungssorten auf den Markt kommen, die auf GABI-PHENOME zurückgehen?

Dr. Schweizer: Optimistisch gesehen in 15-20 Jahren.

Pflanzenforschung.de: Wird es sich dabei zwangsläufig um transgene Sorten handeln, oder ist es auch möglich, die Erkenntnisse aus GABI-PHENOME mit in der Öffentlichkeit besser akzeptierten Methoden wie der Marker-gestützten Selektion zu verwerten?

Dr. Schweizer: Nein, es kann sich auch um neue Sorten handeln, die mittels des neuen Genom-unterstützten "breeding by design"-Ansatzes entstanden sind. Darunter versteht man eine Methode welche die Pflanzenzüchtung revolutionieren wird und welche darauf beruht, dass Züchter viele positive Allele wichtiger Gene wissensbasiert einkreuzen und pyramidisieren, unter Verwendung molekularer Allelmarker.

Pflanzenforschung.de: Vielen Dank für das Gespräch!


Anregungen zum Weiterlesen: