Pilzresistenz mit Nebenwirkungen

05.08.2010 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Weichweizen - die wirtschaftlich bedeutendste Weizenart (Quelle: © GABI Geschäftstelle)

Weichweizen - die wirtschaftlich bedeutendste Weizenart (Quelle: © GABI Geschäftstelle)

Die genetische Veränderung von Pflanzen kann unerwartete Nebenwirkungen haben, wie Züricher Forscher durch Experimente mit pilzresistentem Weizen feststellten.

Weichweizen (Triticum aestivum)  ist die wirtschaftlich bedeutendste Weizenart. Er wird zur Herstellung von Brot und anderen Backwaren, zur Stärkegewinnung und als Futtermittel verwendet. Der echte Mehltau-Pilz Blumeria graminis f.sp. tritici befällt Weizen – zunächst werden die Blätter mit einem mehlartigen Belag überzogen, später verfärben sie sich braun und vertrocknen. Die Pflanzenkrankheit kann zu erheblichen Ernteeinbußen führen. Wissenschaftler der Universität Zürich untersuchten daher Möglichkeiten Weizenlinien gegen den Mehltau-Pilz mit Hilfe gentechnischer Methoden resistent zu machen.

Ein einzelnes Gen aus einer alten asiatischen Weizensorte wurde zusätzlich in das Erbgut des Weizens eingebracht. Diese Veränderungen mit Hilfe gentechnischer Methoden innerhalb einer Art werden als cisgener-Ansatz bezeichnet. Die Forscher erzeugten vier verschiedene gentechnisch veränderte Weizenlinien und verglichen diese mit unveränderten Kontrollpflanzen - zuerst im Gewächshaus, dann im freien Feld. Variiert wurden zudem der Nährstoffgehalt des Bodens sowie die Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln.

Hinsichtlich des Ernteertrages zeigte sich Unerwartetes: Im Gewächshaus konnte das Resistenzgen den Weizen widerstandsfähiger gegen den Mehltau machen. Ohne zusätzliche  Fungizidbehandlung erbrachten die Gentech-Pflanzen einen doppelt so hohen Ertrag wie die Kontrollpflanzen.

Im Feldversuch hingegen war das Resultat umgekehrt. Zwar war auch hier das Resistenzgen wirksam, die Ernte fiel jedoch bei drei von vier gentechnisch veränderten Weizenlinien kleiner aus als bei den Kontrollpflanzen. In zwei Linien betrug der Ernteausfall sogar mehr als 50 Prozent. Zudem erkrankten im Vergleich zur Kontrollgruppe 40% mehr Gentech-Pflanzen am Mutterkornpilz (Claviceps purpurea).

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Experimente am Weichweizen - sowohl auf dem Feld, als auch im Gewächshaus.

Experimente am Weichweizen - sowohl auf dem Feld, als auch im Gewächshaus.

Bildquelle: © iStockphoto.com/ Noam Armonn

Dass ein einzelnes Gen, noch dazu aus der gleichen Pflanzenart, so große Nebeneffekte haben könne, überraschte die Züricher Wissenschaftler. Warum sich die Genveränderung des Weizens je nach Umweltbedingung so unterschiedlich auswirkte, können die Wissenschaftler bislang nur vermuten. Bisher gibt es nur wenige wissenschaftliche Arbeiten, die den Einfluss von Umweltfaktoren auf mögliche unbeabsichtigte Effekte gentechnisch veränderter Pflanzen untersuchen.

Ein Erklärungsversuch: Neben Positionseffekten der Integration des Transgens sowie somaklonale Veränderungen während der Gewebekultur bei der Erzeugung transgener Pflanzen, könnte das Resistenzgen auch die Widerstandskraft der Pflanze gegen Stressfaktoren verringert haben. Da es kontinuierlich  Moleküle gegen den Mehltau produziert, bleibt der Pflanze weniger Energie für andere Aufgaben, die bei den schwierigen Umweltbedingungen im Freien wichtig sind.

Die Mehltauresistenz scheint daher im Gewächshaus ein Vorteil, denn dort fallen besonders viele Pflanzen dem Mehltau zum Opfer, wenn sie nicht mit Fungiziden behandelt werden. Am Feld hat es der Pilz schwerer als im Gewächshaus. Dort setzen dem Weizen dafür Trockenheit, Insektenbefall und die Konkurrenz mit den Nachbarpflanzen zu. Die unterschiedlich starken Ertragseinbußen der einzelnen gentechnisch veränderten Weizenlinien führen die Forscher auf eine unterschiedlich starke Aktivität des Resistenzgens zurück. Die beiden Linien mit der stärksten Resistenz hatten im Feld die größten Ernteverluste.

Das Experiment zeigt, dass Feldversuche mit gentechnisch veränderten Pflanzen wichtig und absolut notwendig sind, um die Wirkung der Genmodifikation unter naturnahen Bedingungen erforschen zu können. Der Effekt des Transgens kann im Gewächshaus und im Freiland variieren. In der geschützten und genau regulierbaren Umgebung des Gewächshauses sei es nicht immer möglich, Pflanzen zu identifizieren, die sich auch in einer natürlichen Umwelt behaupteten. Erkenntnisse hierzu lieferten allein die Feldversuche, betonen die Wissenschaftler.


Quelle:

Simon L. Zeller et al. (2010): Transgene × Environment Interactions in Genetically Modified Wheat. In: PLoS ONE 5(7): e11405. doi:10.1371/journal.pone.0011405 (link).

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