Regenwälder helfen sich selbst

Stickstoff-Fixierungsrate wird bei Bedarf erhöht

25.09.2013 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Tropischer Regenwald: Unberührte Regenwälder können mehrere Millionen Jahre alt sein. (Quelle: © iStockphoto.com/STILLFX)

Tropischer Regenwald: Unberührte Regenwälder können mehrere Millionen Jahre alt sein. (Quelle: © iStockphoto.com/STILLFX)

Nachwachsende tropische Regenwälder erhöhen die Stickstoff-Fixierungsrate, um das Nährstoffdefizit der ausgelaugten Böden auszugleichen. Durch eine flexible Anpassungsstrategie gleichen sie die Verfügbarkeit an die Bedürfnisse an. Die stabilisierende Wirkung auf das Klima ist demnach sogar höher als bisher schon bekannt.

Tropische Regenwälder sind die artenreichsten Ökosysteme der Erde. Sie haben einen unschätzbaren Wert im Wasserkreislauf der Tropen, als CO2-Senke, als Heim unzähliger Tier- und Pflanzenarten und auch als mögliche Quelle der Medizin von morgen. Trotzdem werden immer noch etwa 408 Quadratkilometer pro Tag gerodet: Für Plantagen, Ackerbau oder zur Holzgewinnung. Die nährstoffarmen Böden verlieren nach der Rodung sehr schnell ihre Fruchtbarkeit, nach 10 Jahren sind sie ausgelaugt. Forscher haben jetzt herausgefunden, wie die Pflanzengesellschaften tropischer Regenwälder es schaffen, auf diesen Böden trotzdem neuen Regenwald aufzubauen.

Nährstoffkreislauf im tropischen Regenwald

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Bananenplantage auf ehemaliger Regenwaldfläche: Nach der Rodung bricht der Nährstoffhaushalt des Bodens in kurzer Zeit zusammen.

Bananenplantage auf ehemaliger Regenwaldfläche: Nach der Rodung bricht der Nährstoffhaushalt des Bodens in kurzer Zeit zusammen.

Bildquelle: © iStockphoto.com/ Atelopus

Tropischer Regenwald ist im Gegensatz zu unseren sommergrünen Laubwäldern, die in ihrer jetzigen Form erst nach der letzten Eiszeit vor etwa 10.000 Jahren entstanden sind, sehr alt. Man schätzt, dass es Regenwälder gibt, die seit mehreren Millionen Jahren existieren. Die Böden der tropischen Regenwälder sind sehr tiefgründig verwittert und können nur wenige Nährstoffe halten. Diese Funktion wird stattdessen von den im Boden lebenden Mykorrhizapilzen übernommen, die mit verschiedenen Baumarten in Symbiose leben. Totes organisches Material wie Blätter und Holz liefern Mineralstoffe, die durch die Pilze aufgenommen und wieder an die Bäume abgegeben werden. Dadurch hat sich ein Nährstoffkreislauf entwickelt, an dem der Boden als Nährstofflieferant nur noch wenig beteiligt ist. Zudem haben viele Pflanzenarten die Möglichkeit, über die Verbindung mit Stickstoff-fixierenden Knöllchenbakterien (Rhizobien) an zusätzlichen Stickstoff aus der Luft zu gelangen. Wird der Wald gerodet, bricht dieser sensible Nährstoffkreislauf in kürzester Zeit zusammen, der Boden ist für die landwirtschaftliche Nutzung nach wenigen Jahren unbrauchbar.

Hilfe aus der Luft

Der Hauptnährstoff Stickstoff, ein Grundbaustein aller Eiweißverbindungen, ist ein begrenzender Faktor für das Pflanzenwachstum. Ein Mangel an Stickstoff lässt Pflanzen verkümmern. Die Wissenschaftler untersuchten daher, wie ein Regenwald, der auf einer brachliegenden Fläche entsteht, an genügend Stickstoff kommt, um sich erfolgreich zu entwickeln. Für ihre Untersuchungen wählten die Wissenschaftler 12 Flächen aus, die 5, 12 und 30 Jahre aus der landwirtschaftlichen Nutzung genommen worden waren, dazu je zwei Flächen, die seit 80 und zwei Flächen, die seit 300 Jahren sich selbst überlassen waren. Sie fanden heraus, dass die zur symbiotischen Fixierung von Di-Stickstoff (N2) aus der Luft befähigten Pflanzen während der Wiederbesiedlung ihre Fixierungsrate erhöhten und so auch dem gesamten System mehr Stickstoff zukommen ließen. Die Fixierungsraten waren in jüngeren Wäldern (12 Jahre alt) am höchsten (29 kg N/ha pro Jahr), dann sanken sie langsam ab, bis sie 80jährig einen Tiefpunkt erreichten (0,3 kg N/ha pro Jahr). Die 300 Jahre alten Wälder hatten mit 2,2 kg N/ha und Jahr wiederum eine leicht ansteigende Fixierungsrate. Parallel zu diesen Werten war der höchste Biomassezuwachs in den jungen Wäldern zu beobachten, während er in älteren Wäldern deutlich abnahm.

Jung und aufstrebend

Unterstützt wurden diese Ergebnisse durch Untersuchungen an einzelnen Bäumen. Die meisten Stickstoff-Fixierer traten in den 12 Jahre alten Wäldern auf, danach sanken die Zahlen langsam ab. Untersuchungen an Einzelbäumen zeigten, dass die Fixierer in den ganz jungen (fünf Jahre alten) Wäldern mit der neunfach höheren Zuwachsrate an Biomasse gegenüber den nicht-fixierenden Kollegen glänzen konnten und dass dieser Wachstumsvorteil mit zunehmendem Alter der Wälder langsam dahin schwand. In 30 Jahre alten Wäldern hatten sich die Biomasse-Zuwachsraten von fixierenden und nicht-fixierenden Pflanzen angeglichen.

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Knöllchenbakterien dringen in die Wurzelhaare von Pflanzen ein und lagern sich in Wurzelknöllchen an. Die Bakterien sind in der Lage Stickstoff aus der Luft zu fixieren.

Knöllchenbakterien dringen in die Wurzelhaare von Pflanzen ein und lagern sich in Wurzelknöllchen an. Die Bakterien sind in der Lage Stickstoff aus der Luft zu fixieren.

Bildquelle: © Ninjatacoshell / Wikimedia.org; CC BY-SA 3.0

Junge Wälder hatten zudem eine andere Artenzusammensetzung als ältere. In den jungen Wäldern dominierte die Art Inga cocleensis, in den 30 Jahre alten Wäldern die Art Inga pezizifera und in den 300 Jahre alten Wäldern die Art Tachigali versicolor. Auch die Menge der Knöllchenbakterien bei verschiedenen Baumarten änderte sich mit dem Alter der Wälder. In den 12jährigen Wäldern war die Menge an Knöllchenbakterien am höchsten. In diesen wurden auch der höchste Biomassezuwachs und die höchsten Stickstoff-Fixierungsraten beobachtet. In älteren Wäldern sank sie ebenso wie die Menge der Knöllchenbakterien ab. Die Forscher schlossen daraus, dass die Wälder ihre Fixierungsraten über die Menge an Knöllchenbakterien je nach Bedarf regulieren können. Wie manche Pflanzenarten ihre symbiotische Aktivität ein- und ausschalten ist bisher noch kaum erforscht.

Klimarelevante Fähigkeiten

Die Fähigkeit sich erholender Waldstandorte, ihre Fixierungsraten dem Bedarf anzupassen und damit ein erhöhtes Wachstum zu ermöglichen, ist auch wichtig im Hinblick auf die Klimaentwicklung. Die Wissenschaftler sehen darin eine Möglichkeit, wie tropische Regenwälder sich in Zeiten höherer CO2-Konzentrationen verhalten könnten. In manchen Modellen wird befürchtet, dass die Regenwälder durch ein höheres CO2-Angebot bei gleichbleibender Stickstoff-Verfügbarkeit quasi in einen Stickstoff-Mangel hineinwachsen könnten und dadurch nicht mehr ihrer Funktion als CO2-Senke nachkommen würden. Die vorliegenden Untersuchungen geben erste Hinweise darauf, dass die Wälder sich bei höherem Bedarf einfach mehr Stickstoff holen – aus der Luft. Sollten sich diese Hinweise verdichten, kommt den Regenwäldern eine noch größere Bedeutung als CO2-Senke und als Stabilisatoren des Weltklimas zu, als bisher angenommen.


Quelle:
Batterman, S. A. et al (2013): Key role of symbiotic dinitrogen fixation in tropical forest secondary succession. In: Nature (online 15. September 2013), doi:10.1038/nature12525.

Zum Weiterlesen:

Titelbild: Tropischer Regenwald: Unberührte Regenwälder können mehrere Millionen Jahre alt sein. (Quelle: © iStockphoto.com/STILLFX)