Schnitt für Schnitt zu mehr Ertrag

Mit CRISPR die „Ertragsbarriere“ überwinden

02.10.2017 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Die winzigen Wildtomaten kamen einst aus den Anden. Heute werden die Pflanzen sogar auf Dachgärten angebaut. Große rote Früchte sind ein wichtiges Ziel der Züchter. (Bildquelle: © sphole/Pixabay.com/CC0)

Die winzigen Wildtomaten kamen einst aus den Anden. Heute werden die Pflanzen sogar auf Dachgärten angebaut. Große rote Früchte sind ein wichtiges Ziel der Züchter. (Bildquelle: © sphole/Pixabay.com/CC0)

Mit der „Genschere“ CRISPR/Cas9 lassen sich auf einfache Weise Mutationen in regulatorische Abschnitte von Genen einführen. In einer neuen Studie wurde jetzt in Tomaten auf diese Weise die Aktivität von Genen variiert, die für Fruchtgröße oder Pflanzenwuchs entscheidend sind. Die Methode zeigt einen neuen Weg auf, eine Vielzahl von genetischen Variationen bei solchen Ertragsgenen zu erzeugen und damit die gegenwärtige Ertragsbarriere zu überspringen. Laut Forscher lässt sich diese Methode auf alle Kulturpflanzen übertragen.

Die Menschheit wächst und hungert nach Nahrung und Energie. Beides stellt Pflanzenzüchter vor die Herausforderung, immer ertragreichere Pflanzen zu züchten. Nur so kann in Zukunft auf den gleichen Anbauflächen mehr geerntet werden. Bei vielen Nutzpflanzen ist inzwischen jedoch eine Art Barriere erreicht. Weitere Ertragssteigerungen sind nur in Trippelschritten zu erreichen. Das liegt u. a. daran, dass Züchter auf die natürliche Variation von Genen angewiesen sind, die sie zunächst mühsam aufspüren und dann durch geschickte Kreuzung in bewährte Sorten einbringen müssen.

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Bei Tomaten lässt sich mit Hilfe von CRISPR/Cas der Ertrag steigern. Dieses Prinzip ist auch auf andere wichtige Nahrungspflanzen übertragbar, wie zum Beispiel Reis, Mais oder Weizen. 

Bei Tomaten lässt sich mit Hilfe von CRISPR/Cas der Ertrag steigern. Dieses Prinzip ist auch auf andere wichtige Nahrungspflanzen übertragbar, wie zum Beispiel Reis, Mais oder Weizen. 

Bildquelle: © Wolk9/Pixabay.com/CC0

#QTLs entscheiden gemeinschaftlich

Erschwerend kommt hinzu, dass die Eigenschaft Ertrag nicht von einer Chromosomenregion allein reguliert wird, sondern von einem komplexen Zusammenspiel verschiedener Chromosomenregionen. Diese werden QTLs (Quantitativen Trait Loci) genannt und enthalten jeweils ein oder mehrere dafür verantwortliche Gene. Schaltet man einen solchen QTL aus, zeigt sich mitunter nicht der gewünschte Effekt, sondern gar ein ganz anderer. Daher ist es schwierig, QTLs züchterisch zu nutzen.

Jetzt haben Wissenschaftler um Zachary Lippmann vom Cold Spring Harbor Laboratory in New York die Genschere CRISPR/Cas9 dazu genutzt, um auf schonende Art und Weise mehr Variabilität im Genom zu generieren. Dabei konzentrierten sie sich auf drei QTLs, die mit über Fruchtgröße, Verzweigung und Wuchs der Pflanze entscheiden.

Veränderungen am Promotor wirken

Mithilfe von CRISPR/Cas9 schnitten sie die DNA in den entsprechenden regulatorischen Bereichen des QTLs. Diese DNA-Bereiche steuern, wann, wo und wie viel von einem Gen exprimiert wird. Die Gene wurden dabei nicht komplett ausgeschaltet, lediglich die Aktivität durch Deletionen, Inversionen oder Punktmutationen verändert. Dadurch entstandenen Pflanzen, bei denen die Eigenschaften mal mehr, mal weniger stark ausgeprägt waren.

Das Besondere an ihrer Methode ist, dass allein die Veränderung regulatorischer Bereiche bewirkt, dass ein QTL mehr oder weniger Einfluss auf den Phänotyp der Pflanze nimmt.

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Für den Ertrag ist nicht nur die Fruchtgröße allein relevant. Mit Blick auf die Gesamtpflanze zählt auch die Zahl der Verzweigungen.

Für den Ertrag ist nicht nur die Fruchtgröße allein relevant. Mit Blick auf die Gesamtpflanze zählt auch die Zahl der Verzweigungen.

Bildquelle: © congerdesign/Pixabay.com/CC0

Eigenschaften lassen sich stufenlos regulieren

"Wir haben hier bei jeder der drei Eigenschaften gezeigt, dass CRISPR dazu genutzt werden kann, neue genetische Variationen hervorzubringen", erklärt Lippmann. "Die Züchter können das nutzen, um Pflanzen passgenau zu züchten. Jeder QTL lässt sich stufenlos hoch- und runterregulieren, genau wie ein Dimmer die Lichtstärke einer Lampe reguliert." Diese Methode lässt sich auch auf andere wichtige Nahrungspflanzen wie Reis (Oryza sativa), Mais (Zea mays) oder Weizen (Triticum aestivum) übertragen.

Die Wissenschaftler brachten dafür zunächst CRISPR/Cas9-Konstrukte mit jeweils acht gRNAs in Tomatenpflanzen (Solanum lycopersicum) ein. Für die weiteren Experimente nutzten sie nur die Pflanzen, bei denen der jeweilige regulatorische Bereich erfolgreich verändert worden war, sich also eine deutliche Veränderung im Phänotyp zeigte. Als nächstes kreuzten sie diese Pflanzen mit Wildtyp-Pflanzen. Dabei wurde (zumindest bei knapp der Hälfte der Pflanzen) auch das CRISPR/Cas9-Transgen auf die nächste Generation übertragen und bewirkte dort die gleichen Veränderungen.

"Bei der konventionellen Züchtung verwendet man viel Zeit und Mühe darauf, positive Genvarianten von einer Sorte auf eine andere zu übertragen, die dann auch noch jedes Jahr verbessert werden muss", sagt Lippmann. "Mit unserem Ansatz können wir das umgehen."


Quelle: Rodríguez-Leal, D. et al. (2017): Engineering Quantitative Trait Variation for Crop Improvement by Genome Editing. In: Cell (5. Oktober 2017), doi: 10.1016/j.cell.2017.08.030

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Titelbild:Die winzigen Wildtomaten kamen einst aus den Anden. Heute werden die Pflanzen sogar auf Dachgärten angebaut. Große rote Früchte sind ein wichtiges Ziel der Züchter. (Bildquelle: © sphole/Pixabay.com/CC0)