Springende Gene unter Kontrolle – Neue epigenetische Regulationsmechanismen entdeckt

18.12.2009 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

(Quelle: © iStockphoto.com/Sandra Cunningham)

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Eine internationale Forschergruppe aus der Schweiz, Deutschland und Frankreich konnten bei der Modellpflanze Arabidobsis nachweisen, dass die sogenannten "springenden Gene" unter Kontrolle gebracht werden können. Dies bringt große Vorteile im Züchtungserfolg mit sich.

Eine internationale Forschergruppe aus der Schweiz, Deutschland und Frankreich konnten bei der Modellpflanze Arabidobsis nachweisen, dass die Abschaltung transposabler Genelemente nicht nur durch chemische Veränderung der DNA sondern zusätzlich auch posttranslational auf RNA-Ebene kontrolliert wird. Pflanzenzüchter stehen immer wieder vor der Herausforderung, dass solche „springenden Gene“ bei der Vererbung erwünschter Eigenschaften während der Züchtung neuer Sorten reaktiviert werden. Durch den unkontrollierbaren Einbau der transposablen Elemente können andere wichtige Gene inaktiviert werden, was den Züchtungserfolg gefährdet. Auf Basis ihrer vor kurzem in Nature veröffentlichten Erkenntnisse erwarten die Forscher in Zukunft die Entwicklung selektiver epigenetischer Methoden zur Kontrolle transposabler Genelemente. Dies könnte die Züchtung neuer Sorten erheblich beschleunigen.

In nahezu allen Lebewesen enthält die Erbinformation größere Anteile transposabler Elemente. Diese sind in der Lage, ihre Position auf den Chromosomen zu verändern oder sich über verschiedene Mechanismen an andere Genpositionen zu kopieren. Dieses Verhalten ähnelt der Taktik mancher Viren, sich temporär im Genom ihres Wirts zu „verstecken“. Forscher gehen deshalb davon aus, dass diese Transposons und Viren gemeinsame Vorfahren haben. Pflanzliche und tierische Zellen kontrollieren die Aktivität springender Gene in der Regel durch chemische Veränderung der DNA, dabei wird eine Transkription durch zusätzliche Methylgruppen verhindert. Bereits seit längerem war bekannt, dass auch in met1-Mutanten, die kein Enzym zum Methyl-Transfer ausbilden können, dieses „gene silencing“ zum Tragen kommt, was einen weiteren, posttranslationalen Mechanismus wahrscheinlich macht. Die Forschergruppe aus den Universitäten von Genf und Aubière sowie vom Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie in Tübingen konnte den Mechanismus nun aufklären.

Kontrollmechanismen setzen an vielen Stellen an und sind selektiv

Beim untersuchten Retrotransposon EVD („Évadé, frz. „flüchtig“) wird ein im Genom eingebauter Abschnitt transkribiert und die entstandene RNA anschließend wieder in DNA zurückgeschrieben. Diese kann sich an anderen Stellen wieder ins Genom integrieren. Durch die Unterbrechung von Genen am Einbauort können vielfältige Mutationen auftreten. Die Forscher konnten nun nachweisen, dass an der posttranslationalen Unterdrückung transposabler Elemente verschiedene Enzyme, darunter die DNA-Polymerasen IV und Vsowie die Histon Methyltransferase KRYPTONITE, kurz KYP beteiligt sind. Diese Enzyme setzen an verschiedenen Stellen des Transposon-Lebenszyklus an. Durch Analyse von Kreuzungsexperimenten mit weiteren transposablen Elementen wurde klar, dass die entdeckten epigenetischen Kontrollmechanismen Transposon-spezifisch wirken. Im untersuchten genetischen Material war EVD mobil, während andere potentiell mobilen Genelemente abgeschaltet blieben. 

Mehrere Anwendungen in Zukunft denkbar

Die beteiligten Forscher gehen davon aus, dass sich der genaue Mechanismus der selektiven Kontrolle in späteren Experimenten klären lässt. Dadurch können zukünftig in der Züchtung unerwünschte Effekte durch reaktivierte Transposons möglicherweise selektiv verhindert werden. Alternativ wäre auch die Nutzung einzelner, bekannter Transposons zu selektiven Mutagenese denkbar.


Quelle:

Mirouze/ Reinders/ Bucher/ Nishimura/ Schneeberger/ Ossowski/ Cao/ Weigel/ Paszkowski/ Mathieu (2009): Selective epigenetic control of retrotransposition in Arabidopsis. In: Nature, Vol 461, 17.9.2009, (abstract).