Stromsparen mit leuchtenden Pflanzen

Haben auch Energiesparlampen bald ausgedient?

12.06.2013 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Fluoreszierende Proteine. (Quelle: © iStockphoto.com/ Markus Schieder)

Fluoreszierende Proteine. (Quelle: © iStockphoto.com/ Markus Schieder)

Fundraisingportale sind in aller Munde. Mit wenig Geld kann man dort innovative Projekte unterstützen und im besten Fall einer der ersten sein, der davon profitiert. Derzeit im Angebot: Selbst-leuchtende Pflanzen – als Lampenersatz oder für die Liebste.

Noch vor 30 Jahren hätte sicher kaum jemand zu glauben gewagt, dass wir bald alle mit mobilen Telefonen, ja kleinen Computern immer und (fast) überall miteinander in Verbindung treten können. Nun wollen Pflanzenforscher in San Francisco in einem „Garagen-Laborprojekt“ die Welt auf andere Weise revolutionieren: „Langfristig wollen wir elektrisches Licht durch natürliches Licht von Pflanzen ersetzen“, lautet das Statement der „Glowing Plant“ Initiatoren – einem Biochemiker, einem Mathematiker und einem Molekularbiologen.

Europa steigt aus, Amerika erst richtig ein

Jährlich steigen die Anbauzahlen gentechnisch optimierter Agrarpflanzen in der Welt. Gleichzeitig vollzieht Europa – bis auf wenige Ausnahmeländer – den Ausstieg aus der kommerziellen Anwendung der Technologie, die ihre Anfänge in Europa nahm. Wissenschaftler in den USA starten nun mit „Glowing Plant“ ein absurd klingendes, aber äußerst öffentlichkeitswirksames Projekt. Und das könnte in der Wirklichkeit etwa so aussehen: Stellen Sie sich vor, sie schlendern am Abend durch eine Stadt. Vielleicht ist es leiser als heute, weil die meisten Autos bereits von Elektromotoren angetrieben werden. Eine Sache hat sich jedoch dramatisch verändert: Ihr Weg wird nicht mehr von Straßenlaternen erhellt, sondern von leuchtenden Bäumen, Büschen und Blumen. Ein Hirngespinst? Keineswegs!

Für Pflanzenforscher fast schon ein alter Schuh, wenn man bedenkt, dass die erste Pflanze bereits in den 1980ern zum Leuchten gebracht wurde. Damals hatten Wissenschaftler das Glühwürmchengen für die „Luziferase“ in Tabakpflanzen transferiert. Wurden diese mit der Chemikalie Luziferin besprüht, leuchteten sie kurzzeitig (D. W. Ow et al. Science 234, 856–859; 1986). 2010 erzeugte ein anderes Forscherteam mit Hilfe von bakteriellen Genen die erste schwach-, aber selbstleuchtende Tabakpflanze (A. Krichevsky et al. PLoS ONE 5, e15461; 2010).

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Wissenschaftler wollen die Leuchtfähigkeit des Glühwürmchens auf Pflanzen übertragen und sie so zu natürlichen Straßenlaternen umfunktionieren.

Wissenschaftler wollen die Leuchtfähigkeit des Glühwürmchens auf Pflanzen übertragen und sie so zu natürlichen Straßenlaternen umfunktionieren.

Bildquelle: © Wofl/wikimedia.org; CC BY-SA 2.0 DE

Im selben Jahr gelang es einem britischen Team aus Wissenschaftlern, Bakterien genetisch sowohl mit Luziferase als auch mit Luziferin auszustatten, sodass die Einzeller kontinuierlich leuchteten. An dieses System wollen die Wissenschaftler des „Glowing Plant“ Projektes anknüpfen, um ihre Pflanzen zum Leuchten zu bringen.

Die Leuchtpflanze boomt

Am 7. Juni endete das nicht kommerzielle Fundraising Projekt der amerikanischen Pflanzenforscher auf der Webseite Kickstarter. Dort hatten die Initiatoren Geld zur Umsetzung ihrer ersten Leuchtpflanze gesammelt. 65.000 US$ waren das ursprüngliche Ziel. Am 11. Juni hatte das Team bereits 8.433 Unterstützer, die zusammen sage und schreibe 484.013 US$ in den großen Labortopf geworfen hatten. Wer mindestens 40 US$ eingezahlt hat, wird – sofern die Tüftler erfolgreich sind – mit Samen leuchtender Arabidopsis Pflanzen belohnt. Eine leuchtende Rose versprechen die Wissenschaftler all denjenigen, die sie mit mindestens 150 US$ unterstützt haben. Dafür will das Team aus Wissenschaftlern sogar auf sein Gehalt verzichten. Das gesammelte Geld werde lediglich für Labormaterialen und Miete für Arbeitsräume und Gewächshäuser ausgegeben, versprechen die Forscher.

Bei ihrem Projekt geht es den Wissenschaftlern nämlich um mehr als nur um leuchtende Pflanzen. „Unser zentrales Ziel ist es, Menschen zu inspirieren und ihnen diese neue Technologie nahezubringen“, so der Unternehmer und Mitgründer Antony Evans. Damit meint er das innovative Feld der synthetischen Biologie. In diesem Fachgebiet arbeiten meist Biologen, Chemiker und Ingenieure zusammen, um biologische Systeme zu erzeugen, die in der Natur nicht vorkommen. Der Biologe wird so zum Designer von einzelnen Molekülen, Zellen und Organismen, mit dem Ziel, biologische Systeme mit neuen Eigenschaften zu erzeugen. In diesem Fall sollen Pflanzen zu Lampen umfunktioniert werden, die lediglich das Sonnenlicht als Energiequelle benötigen.

Reicht die Helligkeit aus?

Projekte der synthetischen Biologie sind nicht unumstritten. Auch in diesem Fall gibt es Bedenken – zunächst ganz einfacher Natur. So äußerte sich beispielsweise der Biologe Drew Endy der Stanford Universität besorgt über das Versprechen der Wissenschaftler, ganze Straßen mit ihren Pflanzen zu beleuchten: „Ist das Projekt nicht bereits durch physikalische Gegebenheiten begrenzt?“, wirft Endy auf. Das ausgestrahlte Licht der Pflanzen sei natürlicherweise begrenzt, da Pflanzen nur eine begrenzte Menge Energie durch die Sonne aufnehmen und diese in Licht umwandeln könnten. Ein Statement des „Glowing Pant“ Teams gibt es bisher dazu nicht.

Verbreitung transgener Samen legal?

„Ist das überhaupt legal?“, äußerte sich auch die Projektseite „Kickstarter“ und beantwortete die Frage, die sich sicherlich auch viele der Interessenten stellten, mit „Yes it is!“. Immerhin sollen am Projektende die Samen der Leuchtpflanzen an alle Unterstützer verteilt werden und gelangen so unkontrolliert in die Umwelt.

Doch Evans und sein Team scheinen sich bereits abgesichert zu haben. Die US-amerikanische Behörde Animal and Plant Health Inspection Service (APHIS) des Landwirtschaftsministeriums reguliert die Freigabe gentechnisch veränderter Pflanzen, wenn Pflanzenpathogene involviert sind. Die Behörde sei hauptsächlich an der Übertragung der fremden Gene durch Agrobakterium tumefaciens, das oft bei solchen Prozessen benutzt wird, interessiert gewesen, so Evans. Stellt der gesamte Prozess kein Risiko für Pflanzen dar, fühlt sich die Behörde nicht zuständig.

So haben die Wissenschaftler relativ leichtes Spiel, der Behördenaufsicht zu entgehen: Sie werden Agrobakterium nur in der Anfangsphase einsetzen, um den genetischen Kreislauf der Luziferase zu generieren. Wenn es darum geht, die Pflanzen zur späteren Verbreitung zu erzeugen, wollen die Forscher auf sog. Genkanonen zurückgreifen, für welche sich die Behörde nicht zuständig fühlt (Nature 475, 274–275; 2011). Ob das allerdings für positive Publicity sorgt, bleibt zweifelhaft.

Ähnliche Bedenken äußerte auch Allison Snow von der Ohio State Universität in Columbus. Der Ökologe beschäftigt sich vor allem mit dem Risiko, das von gentechnisch veränderten Pflanzen ausgeht. „Das ist eine äußerst leichtsinnige Anwendung der synthetischen Biologie“, so Snow. Wenn derartige Pflanzen in die Wildnis gelangten, wäre das alles andere als positive PR für die synthetische Biologie, befürchtet der Ökologe.

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Video (englisch): Eine leuchtende Arabidopsis-Pflanze im Weltall - auf der International Space Station (ISS). (Quelle: © NASA / youtube.com)

Leuchtende Fische fürs Aquarium

Das „Glowing Plant“ Projekt ist nicht der erste Streifzug der synthetischen Biologie in die breite Öffentlichkeit. Bereits seit 2003 gibt es in den USA transgene Zebrafische (Danio rerio) zu kaufen, die ein fluoreszierendes Protein erzeugen. Ihr Verkauf ist in der EU, Kanada, Australien und Kalifornien allerdings verboten.

Sind leuchtende Pflanzen gefährlich?

Trotz der großen Akzeptanz gentechnisch veränderter Pflanzen in den USA, rief das Projekt „Glowing Plant“ auf Gentechnikgegner auf den Plan. Eine kanadische Gruppe gründete bereits eine „Kickstopper“- Kampagne gegen das Projekt und versucht dieses parallel mit legalen Mitteln zu stoppen. Doch Evans und sein Team haben bereits auf ihre Kritiker reagiert. Die Wissenschaftler arbeiteten an einer Pflanze, die in freier Wildbahn nicht überleben könne und auf zusätzliche Nährstoffe angewiesen sei, äußerte Evans gegenüber dem Fachmagazin Nature. Bevor transgene Samen verschickt würden, wolle das Team außerdem in einen öffentlichen Dialog zu ethischen, gesetzlichen und umweltbedingten Bedenken treten.

Die eigene Leuchtpflanze basteln

Wer die Fundraising-Kampagne, die am 7. Juni erfolgreich endete, verpasst hat, kann das Projekt nach wie vor mit Spenden unterstützen. Im eigens eingerichteten Onlineshop können Fans des Projekts außerdem T-Shirts, Sticker, originelle Blumenvasen und Pflanzgefäßen erwerben. Und wer es gar nicht abwarten kann, eine leuchtende Pflanze sein Eigen zu nennen, dem haben die Wissenschaftler ein Buch mit einer detaillierten Anleitung zur Erzeugung einer leuchtenden Pflanze zusammengestellt, das es ebenfalls im Onlineshop zu kaufen gibt. Also, raus mit dem Auto aus der Garage, Ärmel hochkrempeln und bald ordentlich Strom sparen!


Webseite zum Projekt:

Wie die Leuchtpflanze generiert wird (englisch):

  • Video: www.youtube.com/watch?v=Dc7QBPfX6sY

Interview mit dem „Glowing Plant“ Team (englisch):

Fundraising Projekt auf Kickstarter:

Leuchtende Pflanzen auf Pflanzenforschung.de:

Titelbild: Fluoreszierende Proteine. (Quelle: © iStockphoto.com/ Markus Schieder)