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Düngung und intensive Beweidung fördern nicht-heimische Pflanzenarten auf Grasländern

19.08.2015 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Weidetiere: Ein Schafherde grast auf einer Weide. (Bildquelle: © cmfotoworks - Fotolia.com)

Weidetiere: Ein Schafherde grast auf einer Weide. (Bildquelle: © cmfotoworks - Fotolia.com)

Forscher untersuchen das Verhalten heimischer und fremder Arten auf Wiesen und Weideflächen. Vor allem die Reaktion der Pflanzen auf Düngung und eine intensive Nutzung standen im Fokus der Forschung.

Vom Menschen in ein Ökosystem eingeführte Arten können die Artzusammensetzung stark verändern. Durch den globalen Handel haben sich fremde Pflanzenarten in Ökosystemen auf der ganzen Welt angesiedelt und verdrängen oftmals die heimische Flora und Fauna. Schätzungen für die USA kalkulieren für die durch fremde Arten verursachten Kosten von über 100 Milliarden Dollar pro Jahr. Damit wird deutlich, dass es sich nicht nur um ein ökologisches, sondern vielmehr auch um ein ökonomisches Problem handelt. Ungeklärt bleibt dabei, warum fremde Arten sich überall auf der Welt erfolgreich gegen einheimische, etablierte Arten durchsetzen können. In einer neuen Studie verglichen Wissenschaftler daher das Verhalten von eingeschleppten und einheimischen Arten auf Wiesen und Weideflächen auf sechs Kontinenten.

Düngung als Selektionsfaktor

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Gräser und einjährige Pflanzen werden durch intensive Beweidung und Düngung besonders gefördert.

Gräser und einjährige Pflanzen werden durch intensive Beweidung und Düngung besonders gefördert.

Bildquelle: © Kristian Peters - Fabelfroh/ wikimedia.org; CC BY-SA 3.0

Um die Verbreitung von einheimischen und fremden Pflanzen zu untersuchen, verglichen die Forscher Daten von 64 Grasländereien in 13 Ländern auf sechs Kontinenten. Auf einigen dieser Flächen veränderten sie zusätzlich bewusst die beiden wichtigsten Faktoren, die Pflanzenwachstum und Artenreichtum beeinflussen: Durch zusätzliche Düngergaben sowie durch Beweidung bzw. Begrenzung der Beweidung.

Erfasst wurden 1305 einheimische und 193 fremde Arten. Die Forscher stellten fest, dass fremde Arten global betrachtet sechsmal häufiger eine Graslandschaft mit 80 Prozent oder mehr dominieren als einheimische Arten. Zudem waren fremde Arten wesentlich häufiger einjährige Pflanzen (56 Prozent) oder Gräser (31 Prozent) im Gegensatz zu einheimischen Pflanzen (21 Prozent Einjährige und 19 Prozent Gräser). Eine Untersuchung auf 34 Grasflächen die mit NPK-Dünger versorgt wurden ergab, dass durch die zusätzlichen Düngergaben die einheimischen Pflanzenarten zurückgedrängt wurden und der Artenreichtum abnahm, während bei den fremden Pflanzenarten der Artenreichtum unbeeinflusst blieb, die vorhandenen Arten aber mehr Fläche erobern konnten. Düngung wirkte sich also zugunsten der Exoten aus.

In einem weiteren Experiment auf 37 Grasflächen wurden Stickstoff und Phosphat als Einzelgaben und in Kombination ausgebracht. Besonders reine Stickstoffgaben förderten den Artenreichtum fremder Arten und führten zu einer Abnahme einheimischer Arten.

Selektion durch Beweidung

Eine Begrenzung der Beweidung führte zu einer Zunahme der Bedeckung durch einheimische Arten, während die fremden Arten flächenmäßig zurück gedrängt wurden. Auch die Artenvielfalt nahm bei den Exoten durch die Begrenzung der Beweidung und den dadurch bewirkten Zuwachs an Biomasse ab. Die Artenvielfalt bei den einheimischen Arten konnte hingegen durch Beweidung gefördert werden, wenn dadurch mehr Licht in bodennahe Bereiche kam. Eine Begrenzung der Beweidung förderte also die Bedeckung mit einheimischen Arten, begrenzte aber gleichzeitig den einheimischen Artenreichtum, wenn das Licht in Bodennähe dadurch abnahm. Um Grasländer mit vorherrschender Bedeckung mit einheimischen Arten und einheimischem Artenreichtum gleichzeitig zu erhalten, wäre hier eine Abstimmung in der Intensität der Beweidung nötig.

In einer zweiten Studie kamen Forscher zu einem ähnlichen Ergebnis: Sie untersuchten weltweit Grasflächen im Hinblick auf das Verhältnis von Artenreichtum und Biomasseproduktion. Im Ergebnis zeigte sich, dass der höchste Artenreichtum bei mittlerer Produktivität eines Ökosystems vorkommt und bei zunehmender Biomasseproduktion abnimmt. Eine Erklärung dafür liefert das „Humped-back-Modell“ (HBM), das zwei gegensätzliche Prozesse annimmt: Bei geringer Produktivität eines Ökosystems gibt es einen geringen Artenreichtum, da viele Arten mit Stressfaktoren wie Wasser- oder Nährstoffmangel nicht zurechtkommen. Bei hoher Produktivität verschwinden viele Arten, da sich jetzt einige wenige sehr konkurrenzstarke Arten durchsetzen. Eine hohe Biomasseproduktion führt also oftmals zu einer Abnahme der Artenvielfalt.

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Stickstoff ist ein essentieller Pflanzennährstoff und ein wachstumsbegrenzender Faktor. Daher wird Stickstoffdünger häufig eingesetzt.

Stickstoff ist ein essentieller Pflanzennährstoff und ein wachstumsbegrenzender Faktor. Daher wird Stickstoffdünger häufig eingesetzt.

Bildquelle: © Qiang Fu/iStock/Thinkstock

Co-Evolution zwischen Mensch und eingewanderten Arten

Die Forscher betonen, dass das ähnliche Verhalten von fremden Arten auf sechs Kontinenten in Bezug auf Dünger und Beweidung besonders auffällig ist. Die Ähnlichkeit im Verhalten liegt nach ihrer Meinung nicht daran, dass immer die gleichen Arten untersucht worden waren, da die am weitesten verbreitete Art nur auf 18 Prozent der Flächen auftrat. Ansonsten tauchten 92 der untersuchten einheimischen und 74 der fremden Arten nur auf einer oder zwei der untersuchten Flächen auf.

Die Forscher vermuten hier einen anderen Grund: Die fremden Arten waren in der Regel in ihren heimischen Gefilden weit verbreitete Arten. Das legt die Vermutung nahe, dass ihre Fähigkeit, sich auch in der Fremde erfolgreich auszubreiten, eher an arttypischen Eigenschaften liegt als am Wegfall von Fressfeinden und Konkurrenten, der häufig als Grund für die Ausbreitung gebietsfremder Arten angeführt wird.

Diese Pflanzen haben offenbar Eigenschaften, die es ihnen ermöglichen, sich gut an neue Bedingungen anzupassen. Hierzu zählen auch die vom Menschen bewirkten Bedingungen, wie etwa eine hohe Düngefracht oder eine intensive Beweidung. Dazu kommt, dass viele dieser Exoten entweder einjährige Pflanzen oder Gräser sind, die durch diese Bedingungen besonders gefördert werden. Im Hinblick auf die zunehmende intensive Landwirtschaft mit nach wie vor stetig ansteigenden Düngergaben sowie weltweit zunehmende Beweidung mit nicht einheimischen Pflanzenfressern wird somit auch in Zukunft eine Ausbreitung von gebietsfremden Arten gefördert werden. Das wird auch weiterhin zum Verlust einheimischer Arten führen, hin zu global immer einheitlicheren Pflanzengesellschaften. Die eingangs erwähnten Kosten, die durch fremde Arten verursacht werden, zeigen somit in eine Richtung – nach Oben.


Quellen:

  • Seabloom, E. W. et al. (2015): Plant species' origin predicts dominance and response to nutrient enrichment and herbivores in global grasslands. In: Nature communications 6, (15. Juli 2015), doi: 10.1038/ncomms8710.
  • Fraser, L. H. et al. (2015): Worldwide evidence of a unimodal relationship between productivity and plant species richness. In: Science Vol 349, (17. Juli 2015), doi: 10.1126/science.aab3916.

Zum Weiterlesen:

Titelbild: Weidetiere: Ein Schafherde grast auf einer Weide. (Bildquelle: © cmfotoworks - Fotolia.com)