Ultra-Hochdurchsatz-Sequenziermethoden

im Überblick

15.04.2010 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

(Quelle: © iStockphoto.com/ dra_schwartz)

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Der Einsatz von bioinformatorischen Hilfsmitteln ist in der Auswertung von durch Sequenzier-Methoden erhaltenen Rohdaten unumgänglich. Immer höhere Datenmengen verlangen nach neuartigen DNA-Sequenziergeräten. Ein Überblick über ausgewählte, kommerzielle Ultra-Hochdurchsatz-Sequenziergeräte liefert einen Einblick in modernste Technik.

454 Sequencer von Roche

Die zu sequenzierende DNA wird zunächst fein zerstäubt. Dabei entstehen doppelsträngige DNA-Fragmente zwischen 300 und 800 Basenpaaren Länge, die der Größe nach sortiert werden. Dann werden zwei verschiedene Oligonukleotid-Adapter an die Fragmente gebunden, die den Primern als Andockstellen für die Strangverlängerung dienen. Einer der Adapter ist biotinyliert, wodurch das Aussortieren einzelsträngiger Fragmente für die weitere Sequenzierung ermöglicht wird. Die Fragmente werden amplifiziert, indem die Matrizen-DNA in einzelne Fragmente aufgeteilt und an 28 µm großen sog. DNA-Capture-Beads in Tröpfchen einer Emulsion immobilisiert wird.

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Sequenziergerät Genome Sequencer FLX.

Sequenziergerät Genome Sequencer FLX.

Bildquelle: © Roche

Die PCR-Reaktionen finden in den Tröpfchen statt. Komplementäre Primer, die kovalent an die DNA-Cature-Beads gebunden sind, immobilisieren die PCR-Produkte auf der Oberfläche der Beads. Die mit Matrizen-DNA überzogenen DNA-Capture-Beads werden anschließend in einzelne Wells, die in die Oberfläche eines Lichtleitfaser-Trägers geätzt wurden, geladen. Die Sequenziermethode basiert auf der Pyrosequenzierung, bei der nach dem Einbau eines passenden Nukleotids durch die DNA-Polymerase über eine Enzymkaskase Licht aus anorganischem Pyrophospaht (PPi) erzeugt wird. Dabei werden die einzelnen Nukleotide über die offenen Wells gespült. Die Anzahl der erzeugten Lichtsignale ist der Anzahl der eingebauten Nukleotide proportional.

Genome Analyzer (Solexa) von Illumina

Die Sequenziertecknik von Illumina basiert auf der Anheftung zufällig fragmentierter, genomischer DNA-Stücke an eine planare, optische Oberfläche (sog. Flow Cell) und einer anschließenden Festphasen-PCR. Die Adapter bestehen aus Primern für die Amplifikation und aus Sequenzen, die komplementär zu den „Capture Oligos“ auf den Flow Cells sind. Die Länge der Fragmente bestimmt die Grösse der Cluster, die bei der Amplifikation entstehen. Je kleiner desto besser, weil dann mehr Cluster auf der Flow Cell Platz finden und mehr Sequenzen generiert werden können.

Die zu sequenzierenden DNA-Stücke werden in einem ersten Schritt in der Flow Cell mittels Hybridisierung der komplementären Sequenzen eingefangen. In einem zweiten Schritt wird ein antiparalleler Strang des zu sequenzierenden DNA-Moleküls synthetisiert, wobei das Capture Oligo als Primer dient.  Die erste Kopie dieser Sequenz dient als Matrize für die weiteren Amplifikationsschritte. Diese erste Kopie hybridisiert wieder an ein komplementäres Oligo auf der Flow-Cell-Oberfläche, welches wiederum als Primer für die nächste Synthese dient. Zu diesem Zeitpunkt liegen zwei komplementäre Kopien der ursprünglichen Sequenz vor, die im Anschluss weiter amplifiziert werden, bis ca. 1000 Kopien des ersten Moleküls erreicht sind. Für eine optimale Cluster Amplification sind Fragmentlängen von 100-500 bp ideal. Im Prinzip mache ich eine Festphasen-PCR.

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HeliScope Sequencer (Quelle: HeliScope - Die Abbildung darf nur mit Genehmigung der Helicos BioSciences Corporation genutzt werden.)

HeliScope Sequencer (Quelle: HeliScope - Die Abbildung darf nur mit Genehmigung der Helicos BioSciences Corporation genutzt werden.)

Nach Abschneiden des komplementären Strangs und Cappen der freien Enden, beginnt der eigentliche Sequenziervorgang einer sehr genauen DNA-Polymerase und in vier verschiedenen Farben markierten Nukleotiden. Dabei fungieren die vier Farben als 3‘-Terminatoren. Pro Zyklus kann nur eine Base von der DNA-Polymerase eingebaut werden. Mittels Fluroeszenz-Mikroskopie wird die eingebaute Base für jeden Cluster bestimmt. Dann wird der Farbstoff abgetrennt, was die Base für den nächsten Synthesezyklus wieder zugänglich macht. Die max. Leselänge hängt ab von der Qualität des Templates, der Effizienz der Polymerase und der Abtrennungs des Farbstoffes ab. Mit der Zeit akkumulieren Fehler, die grössere Leselängen verunmöglichen.

SOLiD System von Applied Biosystems

Das SOLiD System ähnelt dem 454-Sequenziersystem in der Matrizen-Aufarbeitung und der Sequenzierung. Die Matrizen-DNA wird zunächst fragmentiert und zu ein einem emulsionsartigen PCR-System gegeben. Wie beim 454-Verfahren werden die Matrizen amplifiziert und an sog. DNA-Capture-Beads immobilisiert. Beads mit amplifizierter Matrizen-DNA werden mit Hilfe größerer Polystyren-Beads angereichert, die durch einen Glycerol-Puffer geleitet und anschließend kovalent mit der Oberfläche eines Glasträgers verknüpft werden.

Das SOLiD-System unterscheidet sich maßgeblich von den 454- und vom Genome-Analyzer-Sequenziergeräten, indem es auf der Sequenzierung durch Ligation beruht. Dabei werden 8-basige, mit Fluoreszenzfarbstoffen markierte Oligonukleotide nacheinander mit dem Sequenzierprimer ligiert. Jede der vier Sonden-Typen trägt einen anderen Fluoreszenzfarbstoff, der an das 3`-Ende gekoppelt ist. Dieser repräsentiert die Matrizensequenz, die komplementär zur vierten und fünften Base der Oligonukleotid-Sonde ist. Hybridisiert die Sonde mit der Matrize, entsteht ein Fluoreszenzsignal, das von einem Laser erfasst wird.

Im Anschluss wird die ligierte Sonde zwischen der fünften und sechsten Base gespalten, wodurch der fluoreszierende Teil entfernt wird. Dieser Prozess wird so lange wiederholt, bis eine Leselänge von 35 bis 100 Basenpaaren erreicht ist.

HeliScope von Helicos Bioscience

Das Heliscope-Sequenziergerät ist in der Lage, einzelne DNA-Moleküle zu sequenzieren. Es unterscheidet sich hauptsächlich dadurch von den bisher vorgestellten Sequenziermethoden, dass die DNA vor der Sequenzierung nicht amplifiziert wird.
An jeden DNA-Strang wird eine Poly-Adenosin-Sequenz gekoppelt, von der das letzte Adenosin mit einem Fluoreszenzfarbstoff markiert ist. Diese markierten DNA-Stränge bilden die Matrizen für die spätere Sequenzierreaktion. In der Flow-Cell hybridisieren diese mit den Poly-Thymin-Oligos, die auf der Oberfläche gebunden sind.

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Sequenziergerät SMRT (Single Molecule Real Time).

Sequenziergerät SMRT (Single Molecule Real Time).

Bildquelle: © Pacific Biosciences

Auf einem cm2 der Flow Cell können so bis zu 100 Mio DNA-Matrizen immobilisiert werden. Durch einen Laser und einer Kamera wird die Position jeder einzelnen fluoreszenzmarkierten Matrize genau bestimmt. Im Anschluss wird das die Fluoreszenzmarkierung der Matrizen entfernt und ausgespült. Nun beginnt der eigentliche Sequenzierungsprozess durch die Zugabe einer DNA-Polymerase und einer Sorte (A, C, T oder G) fluoreszenzmarkierter Nukleotide. Alle Matrizen, bei denen das betreffende Nukleotid eingebaut wurde, werden nun wieder von Laser und Kamera erfasst.

Im Anschluss wird der Fluoreszenzfarbstoff entfernt und ausgewaschen und der Prozess mit einer anderen fluoreszenzmarkierten Base wiederholt bis die gewünschte Leselänge erreicht ist. Dabei ist jede Matrize einzigartig und wird individuell sequenziert.

MRT (Single Molecule Real Time) - DNA Sequezer von Pacific Biosciences

Pacific Biosciences entwickelt gerade ein neuartiges Sequenziergerät, das ebenfalls in der Lage sein soll, einzelne DNA-Moleküle während der Replikation durch die DNA-Polymerase zu sequenzieren, ohne diese vorher durch einen PCR-Schritt zu amplifizieren. Das neuartige Gerät soll sämtliche Konkurrenzmodelle an Schnelligkeit und Kostenersparnissen übertreffen. Die Markteinführung ist noch für dieses Jahr geplant.


  • Zum Weiterlesen finden Sie auf Pflanzenforschung.de einen Artikel zu DNA-Sequenzierungsmethoden und eine Zusammenstellung der wichtigsten klassischen Sequenzierungsmethoden.
  • Ein Interview mit Dr. Kerstin Stangier, Director Business Development, der GATC Biotech AG über maßgeschneiderte DNA-Sequenzierung finden Sie hier.