Ungenutztes Energiepotenzial

16.07.2010 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Hier versteckt sich viel ungenutzte Energie (Quelle: © iStockphoto.com/ Chun Heng Yeoh)

Hier versteckt sich viel ungenutzte Energie (Quelle: © iStockphoto.com/ Chun Heng Yeoh)

Lebewesen können den Hauptbestandteil von Pflanzen, die Cellulose in der Zellwand, energetisch nicht bzw. nur schwer verwerten. Wissenschaftlicher am Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie in Potsdam-Golm suchen nach einem Weg, das Energiepotenzial besser nutzbar zu machen.

Pflanzen produzieren jedes Jahr 180 Milliarden Tonnen Zellulose – eine gewaltige erneuerbare Rohstoff- und Energiequelle. Denn Pflanzen bestehen zu 35 bis 50% ihres Trockengewichts aus Cellulose. Diese stabilisiert die Pflanze und schützt sie vor Krankheitserregern. Direkt an der Zellmembran setzen verschiedene Proteine die Einzelbausteine, wie z.B. verschiedene Zuckermoleküle, zu Cellulose zusammen. Das einzig bislang bekannte Element dieses Protein-Komplexes zur Synthese der Zellwände, sind die Cellulose-Synthasen (CESA’s). Diese existieren in verschiedenen Formen die unterschiedliche Aufgaben beim Aufbau der primären und der sekundären Zellwand übernehmen.

Als weiteres am Komplex der Cellulosesynthese-Maschinerie beteiligte Eiweiß haben die Forscher nun das Cellulose Synthase-Interactive Protein - CSI1 - identifiziert. Dieses ist an der Synthese der Cellulose bei der Herausbildung der primären Zellwände beteiligt. Bei dieser übernimmt das Protein scheinbar eine Schlüsselfunktion. Fehlt CSI1 produzieren die Pfanzen weniger Cellulose. Folgen eines solchen Defekts zeigen sich z.B. in verkürzten und geschwollenen Wurzeln und in zusammengefallenen Pollenkörnern.

Die Zellwandexperten um den Wissenschaftler Staffan Persson am Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie in Potsdam-Golm wollen nun die genaue Funktion des neu identifizierten Proteins ergründen. Aktuell vermutet das Team, dass das Protein die Ausrichtung der einzelnen Elemente der Cellulose und die Geschwindigkeit des Cellulose-Aufbaus beeinflusst.

Praxisrelevant sind diese grundlegenden Arbeiten allemal. Das bessere Wissen um die Zellwände schafft die Möglichkeit, diese gezielt zu modifizieren. Einerseits müssen Zellwände ihre volle Funktion in der Pflanze ausfüllen, um diese stand- und wehrhaft zu halten. Von einer besseren Verdaulichkeit könnten jedoch Mensch und Tier profitieren. Effizienter erzeugte Biokraftstoffe auf der einen und eine bessere Verdaulichkeit in der Tierfütterung auf der anderen Seite, sind die Visionen der Forscher. Denn eine bessere Verdaulichkeit bedeutet eine effizientere Umsetzung der Cellulose in Milch und Fleisch.

Nicht zuletzt kämen solche optimierten Zellwände dem Klima zugute. Der CO2- und Methanausstoß durch die Landwirtschaft bzw. der Weiterverarbeitung landwirtschaftlicher Produkte, würde sich reduzieren. Die zentrale Frage hierfür ist, welche Variationen der Cellulose und damit der Zellwände möglich sind, um benötigte Eigenschaften der Zellwände zu erhalen und gleichzeitig den Weg für neue Eigenschaften zu öffnen. Diese Fragen zu beantworten, sind die Forscher nun ein Stück näher gekommen. 


Originalveröffentlichung:
Ying Gu et al. Identification of a cellulose synthase-associated protein required for cellulose biosynthesis. DOI: 10.1073/pnas.1007092107 (abstract)

Zum Weiterlesen auf Pflanzenforschung.de:

  • Artikel über das Projekt GABI-CELLWALL „Ethanol aus pflanzlichen Zellwänden“
  • Interview mit dem Projektleiter von GABI-CELLWALL Dr. Staffan Persson: „Zellwandsynthese verstehen, um Bioethanol zu gewinnen“
  • Artikel "Fehlendes Puzzleteil bei Celluloseproduktion entdeckt" auf Biotechnologie.de