Unterschätzte Eiweiße

Aquaporine sind die Schaltzentralen des hormonellen Wasserhaushalts

09.09.2015 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Stomata sind Spaltöffnungen der pflanzlichen Epidermis. Über sie kontrolliert die Pflanze ihren Wasserhaushalt. (Bildquelle: © iStock.com/ Nancy Nehring)

Stomata sind Spaltöffnungen der pflanzlichen Epidermis. Über sie kontrolliert die Pflanze ihren Wasserhaushalt. (Bildquelle: © iStock.com/ Nancy Nehring)

Ein Membranprotein aus der Gruppe der Aquaporine bildet nicht nur Transportkanäle für Wasser, sondern greift aktiv in die Regulierung beim Öffnen und Schließen der Spaltöffnungen ein. Damit übernehmen die Aquaporine wichtige Aufgaben bei der Regulierung des Wasserhaushalts von Pflanzen. Die Komplexität der Regulation durch Aquaporine wurde bisher unterschätzt.

Pflanzen regulieren über die Schließzellen an der Blattunterseite ihren Wasserhaushalt. Das Stresshormon ABA (Abscisinsäure bzw. Abscic acid), spielt dabei als Initiator eine entscheidende Rolle. Das ist seit mehreren Jahren unumstrittenes Lehrbuchwissen. Ein Forscherteam erhielt jetzt Einblicke in die hormonelle Initiierung der Schließung der Stomata. Ihr Ergebnis: Wenn bestimmte Transportkanäle für Wasser, die Aquaporine, nicht funktionieren, funktioniert auch die ABA-Signalkaskade nicht. Die Wissenschaftler postulieren deshalb, dass das Membranprotein eine übergeordnete Rolle bei der Regulierung der Stomata hat. Da Aquaporine in vielfältigen Formen vorkommen, eröffnet sich nach Ansicht der Forscher ein breites Forschungsfeld. Es bedarf intensiverer Forschung, um die komplexen strukturellen und funktionellen Abläufe und Zusammenhänge besser zu verstehen.  

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Bei Trockenstress wird das Stresshormon Abscicinsäure (ABA) verstärkt produziert. Es sorgt dafür, dass sich die Spaltöffnungen schließen, um einen Wasserverlust zu verhindern. Wenn spezielle Aquaporine nicht funktionieren, funktioniert auch die ABA-Signalkaskade nicht, wie Forscher herausfanden.

Bei Trockenstress wird das Stresshormon Abscicinsäure (ABA) verstärkt produziert. Es sorgt dafür, dass sich die Spaltöffnungen schließen, um einen Wasserverlust zu verhindern. Wenn spezielle Aquaporine nicht funktionieren, funktioniert auch die ABA-Signalkaskade nicht, wie Forscher herausfanden.

Bildquelle: © iStock.com/ HotDuckZ

Allgegenwärtig und doch übersehen?

Aquaporine ermöglichen den Transport von Wasser und anderen neutralen Molekülen durch die Membranen, die eine Zelle umschließen. In jedem lebenden Organismus, egal ob Mensch, Frosch oder Sonnenblume. Sie haben unzählige Erscheinungsformen, und dementsprechend unzählige verschiedene Funktionsweisen. In Pflanzen sind sie sehr häufige Komponenten der äußeren Zellmembran (Plasmamembran) und der intrazellulären Membranen (z. B. der Vakuolmembran). Hier sitzen sie inmitten der Lipiddoppelschicht, die aufgrund ihrer Ladungseigenschaften für Wasser und alle anderen Moleküle, die für eine Zelle überlebensnotwendig sind, undurchlässig ist. Manche Formen baut die Pflanze von vorn herein in ihre Zellwand ein, andere wiederum stellt die Pflanze als Reaktion auf sich verändernde Umweltfaktoren erst her.

Sie können enorm große Mengen Wasser transportieren, bis zu 3 Milliarden Wassermoleküle pro Sekunde und Kanal. Obwohl die Bedeutung der Aquaporine allgegenwärtig ist, haben ihre Mechanismen in der Erforschung der Regulation des Wasserhaushalts von Pflanzen bisher kaum Berücksichtigung gefunden.

Reaktion auf Trockenstress

Die physiologischen und genetischen Grundlagen ihrer Funktionsweise sind bis heute alles andere als klar. Vor allem im Zusammenhang mit der Steuerung der Schließzellenbewegung wusste man bisher nicht, ob Aquaporine überhaupt eine Rolle spielen. Ein Forscherteam entdeckte nun, dass sie im Signalweg des Stresshormons Abscicinsäure (ABA) unerlässlich sind. ABA hat hier unumstritten eine zentrale Bedeutung und reguliert als Hormon die Reaktion der Pflanze auf ihre Umgebung. Bei Trockenheit wird es verstärkt produziert und es initiiert dann, dass die Stomata sich schließen. Doch viele Proteine und Enzyme kommen im Signalweg von ABA zum Einsatz und ihre Funktionsweise zu verstehen ist deshalb ebenso wichtig. Eines davon: das Aquaporin in der Form PIP2;1.

PIP

PIP (Plasma membrane intrinsic protein) ist das häufigste Aquaporin in pflanzlichen Plasmamembranen. Seit 2004 gibt es Hinweise darauf, dass PIP in den Stomata der Modellpflanze Ackerschmalwand, Arabidopsis thaliana, produziert und in die Zellwand eingebaut wird. Der Bedarf am Protein scheint tagsüber größer zu sein als nachts. So beobachtete man z. B. in der Maispflanze, dass tagsüber mehr PIP produziert wurde als nachts.

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Seit 2004 gibt es Hinweise darauf, dass das Aquaporin PIP in den Stomata der Modellpflanze Ackerschmalwand produziert und in die Zellwand eingebaut wird. Mehr Informationen zur Pflanze finden Sie unter: Arabidopsis thaliana.

Seit 2004 gibt es Hinweise darauf, dass das Aquaporin PIP in den Stomata der Modellpflanze Ackerschmalwand produziert und in die Zellwand eingebaut wird. Mehr Informationen zur Pflanze finden Sie unter: Arabidopsis thaliana.

Bildquelle: © Pflanzenforschung.de

Im Jahr 2006 konnten Experimente zeigen, dass die Schließzellen von Pflanzen, deren Aquaporine aufgrund genetischer Veränderungen anders funktionierten als üblich, auch eine andere Leitfähigkeit hatten. Es wurde deshalb schon damals ein Zusammenhang zwischen der Aktivität der Schließzellen und der Funktionalität von Aquaporinen vermutet.

ABA kann nicht ohne PIP

Auf der Basis dieser (und vieler mehr) Forschungsergebnisse machten sich die Wissenschaftler nun auf die Suche nach den genetischen und physiologischen Grundlagen hinter der Funktion des Aquaporins PIP2;1. Sie maßen die Aktivität der Schließzellen in Pflanzen, deren PIP2;1 genetisch deaktiviert worden war und untersuchten in den gleichen Pflanzen, wie durchlässig die Plasmamembran ihrer Schließzellen noch sind. Außerdem maßen sie den Gehalt an bestimmten anderen Molekülen, die bekannter Weise von PIP2;1 transportiert werden, in der Zelle.

Die Experimente zeigten, dass PIP2;1 für die Schließung der Stomata unerlässlich ist, sofern sie sich aufgrund von Trockenstress schließen, also das Stresshormon ABA die Schließung initiiert. Schließt die Pflanze nicht aufgrund von Trockenheit, sondern aufgrund anderer Umweltfaktoren wie CO2-Mangel oder einer Verringerung der Lichtintensität ihre Stomata, spielt PIP2;1 jedoch keine Rolle im Prozess.

Ihre Ergebnisse geben der großen Proteingruppe der Aquaporine im Zusammenhang mit der integrierten Pflanzenforschung eine neue Bedeutung, so die Wissenschaftler. Denn sie lassen den Transportkanal als ein Protein verstehen, das entscheidend dafür ist, ob ein komplizierter Hormonsignalweg und das Zusammenspiel mit anderen Hormonen funktioniert. Ein Anstoß dafür, das Protein und seine vielen Varietäten intensiver zu erforschen.


Quelle:
Grondin, A. et al. (2015): Aquaporins Contribute to ABA-Triggered Stomatal Closure through OST1-Mediated Phosphorylation. In: The Plant Cell, Vol. 27: 1945-1954, (Epub, 10. Juli 2015), doi: 10.1105/tpc.15.00421.

Zum Weiterlesen:

Titelbild: Stomata sind Spaltöffnungen der pflanzlichen Epidermis. Über sie kontrolliert die Pflanze ihren Wasserhaushalt. (Bildquelle: © iStock.com/ Nancy Nehring)