Was dem Auto die Inspektion, ist den Nutzpflanzen die Erhaltungszüchtung

08.12.2010 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Pflanzen wachsen im Gewächshaus heran. (Quelle: © iStockphoto.com/Sura Nualpradid)

Pflanzen wachsen im Gewächshaus heran. (Quelle: © iStockphoto.com/Sura Nualpradid)

Ohne regelmäßige "Wartung" verlieren auch Nutzpflanzen an Wert: Eine sich verändernde Umwelt führt dazu, dass die Erträge mit der Zeit sinken. Hier hilft die Erhaltungszüchtung.

Ein Beitrag in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift "Field Crops Research" belegt, dass auch moderne Pflanzensorten über die Jahre an Ertragskraft verlieren. So sind die Erträge von IR8, der ersten modernen Reissorte die aus der Grünen Revolution in Asien hervorging, in den letzten Jahrzehnten um 15 Prozent gesunken. Mit modernen Reissorten lassen sich problemlos höhere Erträge erzielen. Der Anbau von "original" IR8-Saatgut, welches in einer Genbank dauergelagert wurde zeigte, dass die Erträge dieses ursprünglichen IR8 gleich niedrig ausfielen wie die Erträge von IR8 aus aktuellem Saatgut. Das bedeutet, dass die geringeren Erträge von IR8 nicht auf eine langsame genetische Veränderungen des Saatguts über die Jahre hinweg zurückzuführen ist. 

Anpassung der Pflanzen an veränderte Umweltbedingungen 

Die Erklärung der Forscher lautet, dass sich die Umweltbedingungen seit den 1960er Jahren geändert haben und IR8 nicht mehr optimal an die heutigen Bedingungen angepasst ist. So könnte z.B. die Bewässerung der Reisfelder zu Veränderungen der Böden geführt haben. Außerdem haben sich in den letzten Jahrzehnten die Temperaturen erhöht, was die Reiserträge nachgewiesenermaßen beeinflusst. Und durch Industrialisierung und Verstädterung enthält auch die Luft mehr Schadstoffe und höhere Ozonkonzentrationen. Diese Veränderungen beeinflussen zudem die Entwicklung von Pflanzenkrankheiten. Aufgrund seiner Rolle für die Welternährung ist es wichtig die hohen Erträge von Reis zu erhalten. 

Qualitätssicherung durch kontinuierliche Erhaltungszüchtung 

Doch eine sich verändernde Umwelt ist nicht nur ein Problem für Reis in Asien. Da bei Kulturpflanzen die natürliche Selektion im Rahmen der Evolution durch den Menschen bewusst ausgeschaltet wird, muss auch bei den Nutzpflanzen hierzulande Erhaltungszüchtung betrieben werden. Neben der Sicherung der Leistungsfähigkeit des Saatguts dient die Erhaltungszüchtung dabei vor allem dem Sortenschutz, d.h. dem Erhalt der für eine Sorte charakteristischen Eigenschaft. Damit ist sie auch Voraussetzung für die Produktion von Basissaatgut, aus welchem laut Saatgutverkehrsgesetz die Gewinnung von zertifiziertem Saatgut möglich ist. Da nur zertifiziertes Saatgut in Verkehr gebracht werden kann, hat Erhaltungszüchtung somit auch eine konkrete wirtschaftliche Bedeutung für die Saatgutunternehmen. Neben der Sortenreinheit erfüllt zertifiziertes Saatgut weitere Qualitätsanforderungen die Risiken wie Krankheiten, mangelnde Keimfähigkeit oder beigemischte Unkrautsamen minimieren. 

Qualität hat ihren Preis? 

Doch auch wenn Landwirte eine Sorte selbst nachbauen bzw. weitervermehren, und somit die Qualitätsmerkmale der entsprechenden Sorte erhalten, müssen sie hierfür eine Lizenzgebühr an den Sortenschutzinhaber zahlen. Diese Nachbaugebühr beträgt maximal 50 Prozent der Gebühr für zertifiziertes Saatgut. Die Vor- und Nachteile des geprüften und somit sichereren – aber auch teureren – Original-Saatguts bzw. die Nachbaugebühr sind ein Diskussionsthema in der Landwirtschaft. In der Praxis wird sowohl zertifiziertes Saatgut wie auch nachgebautes Saatgut verwendet. 


Quelle: 

Peng et al. (2010): The importance of maintenance breeding: a case study of the first miracle rice variety-IR8. 

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