Welternährung 2050: Strategisch und nachhaltig haushalten mit Wasser und Nährstoffen

07.09.2012 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Durch Verfahren der künstlichen Bewässerung wird gewährleistet, dass alle Pflanzen auf dem Feld mit benötigtem Wasser versorgt werden. (Quelle: © Echino/ pixelio.de)

Durch Verfahren der künstlichen Bewässerung wird gewährleistet, dass alle Pflanzen auf dem Feld mit benötigtem Wasser versorgt werden. (Quelle: © Echino/ pixelio.de)

Doppelt so viele Nahrungsmittel wie heute sollen die Landwirte weltweit im Jahr 2050 produzieren, um die Ernährung der über 9 Milliarden Menschen sicherzustellen. Eine Studie, die auf der Analyse weltweit gewonnener landwirtschaftlicher Daten beruht, schürt Hoffnungen, dass ein strategischer Einsatz von Düngemitteln und Wasser nicht nur die Ernteerträge weltweit steigern, sondern auch die negativen Einflüsse der Landwirtschaft auf die Umwelt verringern könnte.

Die Weltbevölkerung wächst und ihr Lebensstandard nimmt stetig zu. Nicht nur die Kalorienzufuhr der Menschen steigt an, sondern auch ihr Fleischkonsum. Experten schätzen, dass sich aufgrund dieser Gegebenheiten der weltweite Nahrungsbedarf bis zum Jahr 2050 verdoppeln wird. Kann die Erde das überhaupt leisten?

„Bisher nahmen wir an, dass wir entweder die Nahrungsmittelproduktion auf Kosten der Umwelt erhöhen können, oder dass wir die Umwelt auf Kosten der produzierten Nahrungsmittelmenge schonen“, erklärt Nathaniel Mueller, Hauptautor einer kürzlich im Fachmagazin Nature veröffentlichten Studie. Darin konnten die Wissenschaftler zeigen, dass bei wohlüberlegtem Einsatz von Düngemitteln und Wasser genügend Nahrungsmittel produziert werden können, ohne die Umwelt zu schädigen. Nathaniel Mueller und seine Kollegen nutzten Daten zur Kultivierung und Ernte von 17 verschiedenen, weltweit angebauten Feldfruchtarten, um sich ein umfassendes Bild zu machen, wie Landwirte mit Hilfe von Wasser und Nährstoffen ihre Ernterträge nachhaltig erhöhen könnten. Auch Einsparungsmöglichkeiten von Dünger ohne gleichzeitige Ernteverluste untersuchten die Wissenschaftler.

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Um die Umwelt zu schonen, wäre ein Reduktion der eingesetzten Düngemittel hilfreich. Die Forscher untersuchten, ob sich dies auch ohne Erntreverluste bewerkstelligen lässt.

Um die Umwelt zu schonen, wäre ein Reduktion der eingesetzten Düngemittel hilfreich. Die Forscher untersuchten, ob sich dies auch ohne Erntreverluste bewerkstelligen lässt.

Bildquelle: © iStockphoto.com/ Kym McLeod

Potential noch nicht ausgeschöpft

„Wir könnten die Produktion der meisten Feldfrüchte um 45 bis 70 Prozent steigern“, schreiben die Wissenschaftler in ihrer Studie – bei Mais um 64 %, bei Weizen um 71 % und bei Reis um 47 % schätzen die Forscher. Das größte Potential dafür sehen die Wissenschaftler in Ost-Europa, in Afrika südlich der Sahara und in Ost- und Süd-Asien. Dazu verglichen sie die Ernteerträge einer Feldfruchtart in verschiedenen Regionen einer Klimazone, in der die Umweltbedingungen für die Pflanze ähnlich sind. Gebiete mit hohen Ernten setzten die Wissenschaftler als Maßstab für potentiell erzielbare Ernteerträge für eine bestimmte Feldfrucht in dieser Klimazone an.

Klima und Bewirtschaftung

Die Einflussfaktoren, die zu einer höheren Ernte beitragen, variieren zwischen verschiedenen Pflanzen und Regionen. Während beispielsweise der Nährstoffgehalt im Boden in Ost-Europa und Westafrika der limitierende Faktor beim Maisanbau ist, fehlen dem Mais in Ost-Afrika und Westindien und Reis in Südost-Asien Nährstoffe und Wasser. Und nicht alle Feldfruchtarten sprechen gleichermaßen auf veränderte Bewirtschaftungsmethoden an. Während die Ernteerträge von Gerste, Zuckerrüben und Ölpalmen leicht durch veränderte Bewirtschaftungsmethoden beeinflusst werden können, hängen die Erträge von Sorghum-, Millet-Hirsen und Erdnüssen eher von den klimatischen Bedingungen ab.

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Ein wohlüberlegter Einsatz von Wasser und Düngemitteln kann Abhilfe verschaffen.

Ein wohlüberlegter Einsatz von Wasser und Düngemitteln kann Abhilfe verschaffen.

Bildquelle: © iStockphoto.com/ Brian Brown

Düngemittel umverteilen

Was meist in den Entwicklungsländern fehlt, wird in den Industrie-ländern im Überschuss verwendet: Düngemittel. Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass der weltweite Konsum von Stickstoff zur Schonung der Umwelt um 11 Millionen Tonnen (28 %) und von Phosphat um 5 Millionen Tonnen (38 %) beim Mais-, Weizen und Reisanbau gesenkt werden könnte, ohne die Ernteerträge negativ zu beeinflussen. Bei der Reduzierung von Düngemitteln habe vor allem China das größte Potential; aber auch in anderen Gebieten wie den USA, Westeuropa und Indien sehen die Wissenschaftler Einsparmöglichkeiten. „Allein durch eine Umverteilung von Düngemitteln könnten wir weniger fruchtbares Land zu bis zu 75 % seines Produktionspotentials bringen. Dazu müssten wir lediglich den Stickstoffverbrauch weltweit um 9 %, den Kaliumverbrauch um 34 % erhöhen, während wir den Phosphoreinsatz sogar um 2 % senken könnten“, schreiben die Wissenschaftler in ihrer Studie.

Einer von 5 Punkten

Die Forscher geben jedoch zu bedenken, dass es sich bei ihrer Studie lediglich um eine grobe Betrachtung der landwirtschaftlichen Begebenheiten handele. Zahlreiche weitere Faktoren wie spezielle Eigenschaften des Bodens, der Einsatz organischer Düngemittel, ökonomische und geopolitische Aspekte, die Verfügbarkeit von Wasser und der Klimawandel könnten die Produktion von Nahrungsmitteln und die damit einhergehenden Umweltbelastungen beeinflussen. Neben den vier weiteren Aspekten: Rodungsstopp in den Tropen, dem strategischen Einsatz von landwirtschaftlichen Anwendungen, veränderten Ernährungsgewohnheiten und reduzierter Nahrungsmittelverschwendung – sehen die Wissenschaftler im „Schließen der Erntelücke“ großes Potential, die Nahrungsmittelsicherheit in Zukunft nachhaltig voranzutreiben.

„Diese Studie soll all diejenigen ermutigen und motivieren, die daran arbeiten, die geschätzten mehr als 9 Milliarden Menschen auf der Erde im Jahr 2050 zu ernähren und gleichzeitig die lebenswichtigen Ressourcen der Erde zu erhalten“, resümieren die Wissenschaftler.


Quelle:
Mueller N.D. et al. (2012): Closing yield gaps through nutrient and water management. In: Nature, 29. August 2012, doi: 10.1038/nature11420

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Titelbild: Durch Verfahren der künstlichen Bewässerung wird gewährleistet, dass alle Pflanzen auf dem Feld mit benötigtem Wasser versorgt werden. (Quelle: © Echino/ pixelio.de)